Der europäische Fußballverband – Paradebeispiel für Frieden, Verständigung, Fairplay
Liebe Uefa, während ich mein Leben nach so lahmen Sprüchen wie „Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem andern zu" ausrichte, kommst du mit einem Selbstbewusstsein um die Ecke, dass der unglaubliche Hulk daneben ausschaut wie ein grünes Chorknäblein. Eigentlich müsstest du ’ne Taube sein, so sehr wie du auf alles kackst.
Da kollabiert bei der EM Christian Eriksen auf dem Platz – Herzstillstand! – und entgeht mit unfassbarem Glück dem Tod, und du reagierst hochprofessionell. Du lässt der betroffenen Mannschaft Spielraum, den Schock zu verdauen. Ziemlich genau zwei Stunden. Reicht auch. Völlig. Lebt ja schließlich noch, der Dödel. The show must go on! Regeln sind Regeln. Und es geht immerhin um Fußball! (Kleiner Scherz. Wir beide wissen, es geht ausschließlich um Geld und Macht. Bleibt aber unter uns.)
Dass die EM überhaupt 2021 vor Publikum stattfindet, mit weltweit gut elf Millionen gemeldeten aktiven Corona-Fällen, ist ein Wunder. Oder eine Farce, je nach Betrachtungsweise. Ein Grund für Demut? Nicht für dich, liebe Uefa. Du willst mehr. Du drohst England damit, das Finale aus dem Wembley-Stadion abzuziehen, wenn nicht endlich die bescheuerten Hygienemaßnahmen und Beschränkungen gelockert werden. Schließlich gibt es 2.500 VIP-Gäste, die sich zum EM-Finale uneingeschränkt in London bewegen möchten.
Eine Quarantäne bei der Einreise wie für den Rest der Menschheit kommt da nicht in die Tüte! Man gehört schließlich nicht zum Pöbel! Der kann ja gerne weiter Pandemie machen, so mit allem Drum und Dran. Hier jedoch hat man es mit wahren Persönlichkeiten zu tun, die also, naja, offensichtlich irgendwas mit Fußball machen oder entfernt verwandt oder verschwägert sind mit jemandem, der irgendwann mal was mit Fußball am Hut hatte. Fußball – die große Sportart, die die Menschen aller Länder eines Tages einen wird.
Das jedenfalls könnte man meinen, wirft man einen Blick auf deine von hohlem Marketing-Blabla zersetzten Internetseiten. Demnach förderst du Fußball „im Geiste des Friedens, der Verständigung und des Fairplays, ohne Diskriminierung aufgrund der politischen Haltung, des Geschlechts, der Religion, der Rasse oder aus anderen Gründen." Stimmt, ich erinnere mich, wie knallhart du gehandelt hast, als die farbigen Spieler Frankreichs und Belgiens in Budapest von den Ultras der Carpathian Brigade aufs Wüsteste rassistisch beschimpft wurden. Da hast du absolut konsequent gedacht: „So ein geiles Stadion! Wenn London weiter rumzickt, tragen wir hier vielleicht das Finale aus."
Der Orbán hat jedenfalls kein Problem damit, auch den letzten der 67.215 Plätze mit willigem Menschenmaterial auffüllen zu lassen. Corona ist in Ungarn nämlich noch gar nicht erfunden. Glaub ich. Du sagst das Eine, tust das komplette Gegenteil davon und erpresst nebenbei noch deine Erfüllungsgehilfen. Don Corleone klatscht irgendwo im Hintergrund beeindruckt Beifall.
Orbán mag übrigens nicht nur alles Fremde eher ungern, sondern geht auch davon aus, dass nur heterosexuelle Liebe natürlich ist. Daher fandest du es auch nicht so supi, liebe Uefa, dass man beim Spiel Deutschland gegen Ungarn das Münchner Stadion als Zeichen des Respekts gegenüber der LGBTQ-Community in Regenbogenfarben erstrahlen lassen wollte. Also hast du’s verboten. Ist ja auch echt ein krasser Affront. Bunte Farben … Was kommt als nächstes? Gleiche Rechte für alle?!
Uefa, du bist der Verband gewordene Autokrat. Du bist Vorbild für alle Hobbydiktatoren und beweist, dass man lediglich Macht braucht. Denn die bedeutet Narrenfreiheit. Getreu dem Motto: „Wenn du nicht willst, wie ich gern will, dann, tja, muss ich’s eben erzwingen." Aber so lange die Fans dir glauben, es ginge tatsächlich um Fußball, brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Frag mal deine Mama Fifa. Die kümmert sich schließlich bereits jetzt gewissenhaft um Respekt und Friede, Freude, Eierkuchen bei der kommenden WM im ausbeuterischen Katar.