Robin Williams war nicht nur ein begnadeter Stand-up-Comedian, sondern berührte das Kinopublikum in rund 60 Filmproduktionen vor allem durch seine tiefsinnigen Komödien. Was kaum jemand wusste: Sie halfen ihm dabei, ureigene Ängste und Unsicherheiten zu verbergen. Jetzt wäre Williams 70 Jahre alt geworden.
Das für eine fast schon klischeehafte Ironie, dass ausgerechnet der Komödiant par excellence, der mit Gags scheinbar aus dem Stegreif das Publikum in den Kinosälen oder auf den heimischen Fernsehsesseln zu Lachsalven animieren konnte, in seinem seelischen Innenleben alles andere als unbeschwert war. „Ich habe immer gefühlt, dass Robins blendende Geschwindigkeit und sein blitzartiger Witz eher ein Versuch waren, mehr zu verbergen als zu offenbaren." Dieses Statement von Monty-Python-Star Eric Idle, einem langjährigen Freund des Schauspielers Robin Williams, erlaubte erste Einblicke in dessen von Dämonen geplagte Psyche. Williams selbst hatte 2011 in einem Gespräch mit der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" tief sitzende Ängste eingestanden: „Ich fühle mich als Komiker wie als Mensch unsicher. Man ist so, wie man als Kind verdrahtet wurde."
In seiner Kindheit hatte er sich häufig einsam und allein gefühlt, weil seine Familie ständig den Wohnsitz wechselte und er daher keine dauerhaften Freundschaften schließen konnte. Robin McLaurin Williams wurde am 21. Juli 1951 in Chicago geboren und wuchs in wohl situierten Verhältnissen auf. Der Vater war leitender Mitarbeiter bei Ford, die Mutter führte eine Model-Agentur. Nach Abschluss der Highschool begann er im kalifornischen Claremont ein Studium der Politikwissenschaften, das er jedoch schnell zugunsten einer Schauspielausbildung aufgab. Nach einer einjährigen Stippvisite 1969/1970 am Claremont McKenna College wechselte er für drei Jahre an das College of Marin im kalifornischen Kentfielt, um sich schließlich an Amerikas berühmtester Schauspielschule, Juilliard in New York City, von 1973 bis 1976 den letzten Schliff zu holen.
Lange Zeit Drogen- und Alkoholkonsum
Wieder zurück in Kalifornien, begann er seinen Lebensunterhalt als Stand-up-Comedian in Bars wie dem „Comedy-Club" in San Francisco oder dem „Comedy-Store" in Los Angeles zu verdienen. Dort wurde er 1977 vom TV-Produzenten George Schlatter entdeckt, der ihm erste Fernseh-Engagements in der Comedy-Show „Laugh-In" ermöglichte. Sein Gastauftritt in der TV-Sitcom „Happy Days" als Außerirdischer Mork war so überzeugend, dass Paramount eigens für diese Figur die neue Sitcom-Serie „Mork vom Ork" entwickelte. Die Ausstrahlung der 95 Episoden zwischen 1978 und 1982 machten Williams zu einem gefeierten Fernsehstar.Mit der Filmkarriere sollte es aber nicht so schnell bergauf gehen, denn Williams Leinwand-Debüt 1980 „Popeye – Der Seemann mit dem harten Schlag" unter der Regie von Robert Altman wurde ein kapitaler Flop. Der Durchbruch gelang ihm erst 1987 mit der Tragikomödie „Good Morning, Vietnam", in der Williams einen wortgewandt-durchgeknallten Armee-Discjockey verkörperte.
Nach der Scheidung 1988 von seiner ersten Ehefrau Valerie Velardi, der Mutter seines Sohnes Zachary, stieg Williams wenig später mit dem Streifen „Der Club der toten Dichter" von Regisseur Peter Weir zum Hollywood-Star auf. Es folgten 1990 das von Penny Marshall inszenierte Drama „Zeit des Erwachens", in dem Williams einen Arzt mimte, der apathischen Patienten mit ungewöhnlicher Medikation helfen wollte, und „König der Fischer" von Terry Gilliam. In den folgenden Jahren profilierte er sich mit vornehmlich fantasievollen Komödien weiter, etwa mit „Jumanji" 1995 oder „Flubber" 1997. Im gleichen Jahr wurde das Meisterwerk „Good Will Hunting" gedreht und mit dem Oscar prämiert.
Durch seine Rollen überspielte er aber geschickt seine innere Zerrissenheit. Aus der geschilderten Einsamkeit seiner Kindheit resultierte eine emotionale Labilität, die Williams durch seine künstlerische Arbeit als Fluchtpunkt und Refugium oder durch Drogen- und vor allem Alkoholkonsum auszugleichen suchte. Nach dem Tod des befreundeten Komikers John Belushi 1982 infolge einer Überdosis gelang ihm eine fast 20 Jahre lang anhaltende cleane Phase, doch danach wurde er wieder rückfällig. 2006 versuchte er seine Alkoholprobleme durch die Einweisung in eine Entzugsklinik in den Griff zu bekommen. 2010 musste er sich einer Operation am offenen Herzen unterziehen. Danach begann er, in der Öffentlichkeit immer häufiger über seine Drogensucht zu reden.
Als Stand-up-Comedian war Robin Williams einsame Klasse, ein Onlineportal kürte ihn unlängst zum drittbesten Darsteller in der Geschichte dieser Gattung – direkt hinter den absoluten Überfliegern George Carlin und Richard Pryor. Seine Paraderolle des brabbelnden Außerirdischen Mork in der Sitcom „Mork vom Ork" brachte ihm 1979 mit dem Golden Globe die erste große Auszeichnung ein.
Auf der Leinwand glänzte Robin Williams in seinen rund 60 Kinofilmen vor allem in Komödien mit Tiefgang. Für seine schauspielerische Leistung wurde er dreimal für einen Oscar als bester Hauptdarsteller nominiert: 1988 für „Good Morning, Vietnam", 1990 für „Der Club der toten Dichter" und 1992 für „König der Fischer".
Erhalten hat er den eigentlich jeweils hochverdienten Goldjungen aber erst 1998 als bester Nebendarsteller im Streifen „Good Will Hunting". Was die Einspielergebnisse an den Kinokassen anging, waren hingegen künstlerisch weniger anspruchsvolle Arbeiten von Williams deutlich erfolgreicher – „Nachts im Museum" aus dem Jahr 2006 liegt mit rund 575 Millionen Dollar an der Spitze, gefolgt von „Mrs. Doubtfire – Das stachelige Kindermädchen" aus dem Jahr 1993, dann folgen die Fortsetzungen von „Nachts im Museum" aus den Jahren 2009 und 2014.
Aggressive Hirnerkrankung
Williams hatte kein Probleme damit, in Streifen von Klamauk-B-Movie-Qualität mitzuwirken. Schließlich brauchte er zum Unterhalt seines eigenes Weingutes samt Ranch im Napa Valley jede Menge Kohle. Und auch die Scheidung von seiner zweiten Ehefrau Marsha Garces, die ihn 2008 nach fast 20 Jahren Partnerschaft und zwei gemeinsamen Kindern wegen seiner Alkohol-Exzesse verlassen hatte, war für ihn nicht gerade billig. Daher unternahm er neben seinem Arbeiten vor der Kamera auch immer wieder eigene Stand-up-Comedy-Tourneen. Zuletzt hatte er sich 2010 damit auf eine erfolgreiche Reise durch die USA begeben.
Als die Angebote aus Hollywood und deren Niveau in seinen letzten Lebensjahren immer mehr zu wünschen übrig ließen, wandte Robin Williams sich wieder seinen Ursprüngen im Fernsehen zu. Durch das Mitwirken bei der von CBS produzierten TV-Sitcom „The Crazy Ones" versuchte er, sein Image wieder aufzubessern. Das Honorar von 165.000 Dollar pro Episode war für ihn in Ordnung, die Einschaltquote von 15,5 Millionen Zuschauern bei der Erstausstrahlung im September 2013 war ebenfalls ganz respektabel.
Doch schon nach einem Monat hatte sich das Zuschauerinteresse nicht zuletzt wegen lauer Kritiken für den Megastar halbiert, und die Serie wurde schon nach einer Staffel im Mai 2014 eingestellt.
Auch wenn Williams eigentlich durch und durch ein Komiker war oder „ein Clown im klassischen Sinne", wie es der „Spiegel" mal formuliert hatte, so ist es doch nicht gänzlich zutreffend, ihn als Schauspieler nur als Komödianten abzustempeln. Er war absolut dazu in der Lage, auch Charakterrollen überzeugend darzustellen: in „König der Fischer" einen durch den Mord an seiner Frau aus der Bahn geworfenen Obdachlosen, in „Der Club der toten Dichter" einen unkonventionellen Pädagogen oder in „Good Will Hunting" einen Psychiater, der ein überfordertes Mathematikgenie betreut. An der Seite von Robert De Niro brillierte er 1990 zudem im Drama „Zeit des Erwachens".
Ab 1991 wurde er zum Liebling aller Freunde von Familien- und Kinderfilmen, übrigens auch als hochgelobter Synchronsprecher: Das konnte er vor allem in der Rolle des Flaschengeistes Dschinni in Disneys Animationsepos „Aladdin" 1992 unter Beweis stellen. In Steven Spielbergs Streifen „Hook" mimte er 1991 den erwachsen gewordenen Peter Pan, in „Mrs. Doubtfire" eine verkleidete Gouvernante. Und 2002 wagte er sogar kurzzeitig einen kompletten Imagewandel hin zum Bösewicht und psychopathischen Mörder in „One Hour Photo" und „Insomnia – Schlaflos".
Privat schien Williams durch seine neue Liebe zu seiner dritten Ehefrau Susan Schneider, die er im Oktober 2011 geheiratet hatte, wieder regelrecht aufzublühen. Doch auch sie konnte den begeisterten Radsportler und „ernstesten Spaßvogel Hollywoods", wie Williams vom „Deutschlandfunk" tituliert worden war, nicht vor seiner fatalen Entscheidung zum Suizid bewahren. Er litt zunehmend unter Depressionen, und Ende 2013 begann Williams, an einer ganzen Reihe körperlicher Beschwerden zu leiden – von Seh- und Schlafstörungen bis hin zu Magenkrämpfen.
Im Mai 2014 erhielt der Schauspieler und Comedian die für ihn schockierende Diagnose: Parkinson. Womöglich war das der entscheidende Anstoß, am 11. August 2014 in seinem Anwesen im kalifornischen Paradise Cay Selbstmord zu begehen – im Alter von 63 Jahren. Die Autopsie deckte eine sogenannte Lewy-Körper-Demenz auf – eine aggressiv-unheilbare Hirnerkrankung mit hohem Selbstmordrisiko.