Die „Simbach-Mühle" im französischen Alsting, nur wenige Meter von der deutsch-französischen Grenze entfernt, liegt genau im Dreieck zwischen Saarbrücken, Saargemünd und Forbach. Hier steht Marcel Gossert für zeitgemäße Landhausküche.
Wenn man in Saarbrücken-Güdingen am letzten Kreisverkehr vor dem ehemaligen deutschen Zollhaus rechts abbiegt, bleibt man zuerst noch in Deutschland. Wenn man dann aber am Waldesrand weiterfährt, ist man schnell in Frankreich. Selbst viele Einheimische wissen heute nicht genau, wie die Grenze verläuft. Es sind nämlich nur ein paar Meter zum französischen Ort Alsting.
Genau dort liegt die „Simbach-Mühle" – ein Familienbetrieb, der mittlerweile in zweiter Generation von Marcel Gossert betrieben wird. Ich war schon Gast bei seinem Vater in den 70er-Jahren. Damals wurde hier vor allem gegrillt. Seither hat das Haus auch seinen Namen, den der Vater des heutigen Besitzers beim Kauf dieser Mühle 1977 wählte.
Urkundlich erwähnt wurde das Restaurant zum ersten Mal sogar bereits 1697 – in den Unterlagen der Abtei Wadgassen. Darin ging es um einen Erbstreit, und deshalb ist es verbrieft, dass es sich damals um dieses Haus handelte. Allerdings muss man bei solchen Recherchen höllisch aufpassen, denn zahlreiche kleine Bäche und Mühlen hießen damals noch anders als heute. Im sehr informativen Buch von Markus Philipp, erschienen im Geistkirch Verlag, über die Saarbrücker Straßennamen steht auf Seite 375 unter Simbachstraße: „Simbach könnte so viel wie Sandbach bedeuten, weil der Bach erhebliche Mengen Sand in die Saar mitführte. Die ,heutige‘ Simbach-Mühle mit Restaurant etwas weiter westlich in Frankreich ist eigentlich die Siebertsmühle."
Hier in der Gegend gab es einige Mühlen und Bäche, die im Lauf der Jahrhunderte ihre Namen änderten. So auch der Bach, der hier früher am Haus vorbeifloss und das historische Mühlrad antrieb. Aber lassen wir die Namensforschung.
Marcel Gossert betreibt heute ein anderes Restaurant, als sein Vater früher. Es geht ihm um Landhausküche mit all den Viktualien, die zeitgemäß sind. Deshalb sind auch Vegetarier heute herzlich willkommen. Heute gibt es eine leichtere Küche als damals zur Zeit seines Vaters. Heute stehen auch gegrillte Gemüse auf der Karte, und natürlich auch Fisch und Meeresfrüchte.
Platz für bis zu 220 Gäste in insgesamt vier verschiedenen Räumen
Die historische Mühle hat sich im Lauf der Zeit sehr verändert. Dort angekommen, fällt sofort der große Garten auf, der jede Menge Platz bietet. Wirklich wunderschön und alleine deswegen schon einen Besuch wert! „Unser Haus besteht aus vier Teilen", erklärt Marcel Gossert. „Drei davon sind sehr alt. Das Mittelschiff, links der Seitenflügel und der rechte, an dem sich früher das Mühlrad befand. Dieses existiert aber nicht mehr. Der vierte Teil ist ein Anbau, in dem sich der große Speisesaal für Gruppen befindet."
Durch die Verschachtelung sind die einzelnen Räume mit kleinen Treppchen verbunden. Historische Bausubtanz eben. Die Küche ist sehr groß, und in der Mitte steht ein Herd von Molteni. Diese Herde lieben viele Köche, auch bei Alexander Kunz in Bliesen steht so einer in der Küche. Diese Herde würden so viel kosten wie ein Raumschiff, sagte er einmal schmunzelnd. Nicht ganz, aber günstig sind sie keinesfalls. Dafür aber auch richtig gut.
Die schwierigen Monate der CoronaZeit haben Gossert nicht so eingeengt wie manch anderen mit einem kleinen Bistro. Denn drinnen wie draußen gibt es hier jede Menge Platz. Selbst bei reduzierter Belegung war hier daher einiges möglich. Aufgrund des Platzangebots ist die „Simbach-Mühle" bestens geeignet für größere Feste. Drinnen haben sie etwa 80 Plätze in den drei Räumen und weitere 120 im großen Saal. Draußen sind es noch mal mindestens genauso viele. Allerdings gibt Marcel Gossert im Sommer auch draußen nur so viele Plätze frei, wie er bei einem plötzlichen Gewitter auch im Restaurant anbieten könnte.
Seine Ausbildung hat Marcel Gossert im elterlichen Betrieb gemacht. Doch wie viele Köche ging er anschließend ein paar Jahre auf Wanderschaft. In Deutschland auf die „Bühler Höhe" und in die „Hotellerie Hubertus", im elsässischen Fegersheim arbeitete er im „Table Gourmande". 1996 übernahm er dann das Haus von seinem Vater und brachte schnell seinen eigenen Stil in die Küche. Er legt dabei Wert darauf, die Tradition zu bewahren, setzt aber dennoch eigene Akzente. Alles mit Augenmaß, futuristische Spinnereien passen dazu nicht, also lässt er sie weg. Alles ist ein wenig leichter, aber gleichzeitig geschmackvoll.
Sie leben hier direkt auf der Grenze. Ein Teil ihrer Familie stammt ursprünglich aus Berlin, doch heute ist Gossert Franzose. Und begeisterter Europäer, der sich nichts anderes vorstellen kann, als an diesem Platz zu leben. Entsprechend trafen ihn die vorübergehenden Grenzschließungen während der Pandemie hart. „Wir haben hier im Herzen Europas doch eine besondere Identität. Wir sind hier das Bindeglied zwischen zwei Kulturen, und wir leben diese beiden Kulturen hier mit unseren Gästen. Diese stammen ja auch aus beiden Ländern. Das ist unsere Identität, auf die viele Europäer schauen. Wir sind nicht der Montanabfall der Geschichte, sondern die Gegenwart und Zukunft. Einer friedlichen, zukunftsweisenden europäischen Kultur." Damit spricht er mir aus tiefstem Herzen.
Aktuell werden Speisen noch nur auf dem Tableau angepriesen
Derzeit gibt es noch immer keine feste Speisekarte, die reduzierte Karte steht auf einem Tableau. Sollte sich die Lage dauerhaft entspannen, kehrt auch eine feste Karte zurück. Doch auch auf dem Tableau entdecke ich vieles, was mich interessiert. Foie gras etwa oder ein halbes Dutzend Schnecken, Paté de Campagne, Kabeljaufilet mit Ratatouille, Flammkuchen in mehreren Varianten, Spareribs, Spanferkel, Lammkeule, Rinderfilet, Burger vom Black Angus-Rind oder auch zeitgemäß Veggieburger.
Bald bietet die Karte sicher noch mehr. Etwa ein Menü mit Rotbarbenfilet mit Pesto auf Gourmetsalat und Wildkräutern, Ochsenbäckchen 22(!) Stunden in Balsamicojus geschmort mit gegrilltem Gemüse und Rosmarinkartoffeln sowie eine karamellisierte Vanillecreme. Oder Variationen eines Gourmetsalates mit Poulardenbrüstchen, Lammcarré oder Austernpilzen. Ich finde auf der Karte auch Froschschenkel und ein Curryschaumsüppchen mit Steinpilzravioli. Flammkuchen in fünf Variationen. Aber auch Fischgerichte und manche Spezialitäten für Vegetarier. Abgerundet wird das Ganze von sieben Desserts: Espresso mit verschiedenen Leckereien, Käseteller, warmer Schokoladenkuchen mit Vanilleparfait, Crème brûlée, Vanilleparfait mit warmer Schokoladensauce oder heißen Himbeeren oder Zitronensorbet mit Wodka. Herz, was willst Du mehr?
Ich entscheide mich für ein bei Niedertemperatur gegartes Kabeljaufilet mit sautiertem Gemüse und schwarzen Trompetenpilzen sowie Basilikumtomaten-Sugo. Danach gibt es das Rinderfilet vom Grill mit Rosmarinkartoffeln und Wildkräutersalat. Dazu eine selbst gemachte Kräuterbutter. Was soll ich da kritisieren? Man merkt, diese Teller hat ein Koch zubereitet, der sein Handwerk wirklich versteht. Alles ist perfekt aufeinander abgestimmt, nicht unterwürzt oder überwürzt. Tadellos! Es war mir ein Pläsier, hier zu essen.
Auch die Weinkarte bietet so manch guten Tropfen. Ich freue mich immer, wenn ich Weine aus den Regionen finde, die ich schon lange schätzen gelernt habe. Ich wohnte mal in Lyon in einem Weinhotel. Und der Weinfreak, der dieses Hotel betrieb, präsentierte mir damals die Weine aus dem Anbaugebiet Saint-Joseph. Dieses liegt an der Rhône, und von der ersten Sekunde an schmeckten mir diese Weine. Weiß wie rot. Schön, diese auch hier zu finden. Ebenso ein Roter von der Loire: Chinon. Die Roten von der Loire sind in Deutschland nicht so bekannt wie in Frankreich. Hier findet man diese Weine eher selten auf den Weinkarten der Bistros und Restaurants. Doch wenn ich mittags in ein Bistro in Paris gehe und mich umschaue, was die Nachbartische trinken, steht er öfter auf dem Tisch. So gefällt mir das Leben auf der Grenze wirklich richtig gut.