Ursprünglich haben sie als Erwachsene die Fridays for Future-Bewegung von Kindern und Jugendlichen nur unterstützt. Inzwischen arbeiten sie eigenständig als Parents for Future.
Es ist Montagabend. Das Sandmännchen hat gerade die kleinen Kinder ins Bett verabschiedet. In vielen Familien ist Abendbrotzeit, die Hausaufgaben werden kontrolliert oder die Waschmaschinen gefüllt. Und einige Eltern sitzen vor dem Computer. Bei den „Parents for Future" Berlin ist Orgatreffen.
An diesem Abend ist die Gruppe klein – Urlaubszeit. Trotzdem gibt es eine Menge zu besprechen. Kristian von der AG Energiewende berichtet über die Ökostrom-Kampagne „Wirklich grün". Die ist jetzt eine gGmbH, ihre Erlöse fließen an Projekte der Klimabewegung. Unter www.wirklich-gruen.de gibt es Hilfe beim Anbieterwechsel, Tarifvergleiche und Infos zu den Klimabewegungen. Bis zu den Wahlen sollen möglichst viele Menschen angesprochen werden und danach natürlich auch, denn die Kampagne geht weiter.
Bundesweite Aktion: „Wir zeigen die Rote Klimakarte"
Luzie erinnert an die Idee eines Fotowettbewerbs, Bilder aus Berlin und Brandenburg sollen die sichtbaren Zeichen der Klimakrise dokumentieren. Dann weist sie auf die Aktualisierung der Webseite von www.for-future-buendnis.de hin. Dort finden sich Initiativen von Erwachsenen, die die Fridays for Future-Bewegung unterstützen. Carl war ein paar Tage zuvor in Bitterfeld bei einem Klimacamp und gibt für alle eine Zusammenfassung der Aktion.
Aglaia verabschiedet sich, sie will noch zu einer Veranstaltung. Die anderen tauschen sich über die nächsten Termine aus. Am Freitag werden sie sich an der bundesweiten Aktion „Wir zeigen die Rote Klimakarte" beteiligen. Die bekommen alle, die beim Klimaschutz bremsen. In Berlin werden das unter anderem die Bundesministerien für Wirtschaft und Verkehr sein, Exxon Mobil, die Initiative neue soziale Marktwirtschaft und der Bundestag. Ihre Botschaft ist eindeutig: Bundestagswahl ist Klimawahl! Wer bremst, verliert … unsere Stimme!
In der nächsten halben Stunde geht es um Termine, Uhrzeiten, Orte, Anliegen. Am 23. Juli gibt es in Hamburg den NordStreik: Klimafolgen in Hamburg, am 30. Juli wird zum globalen Aktionstag gegen fossilen Gasausbau und Fracking aufgerufen und am 24. September gehen weltweit Menschen für Klimagerechtigkeit auf die Straßen. Andere Aktionen sind noch in der Planung, da wird überlegt, wen man dazu noch ins Boot holen kann. Diskutiert wird, wie die P4F – mit diesem Kürzel tauchen die Parents for Future in den sozialen Medien auf – die Aktionen unterstützen können, ob mit einer Teilnahme oder Informationen darüber.
Inzwischen ist es fast 9 Uhr abends. Was treibt Frauen und Männer an, sich zu engagieren, auf die Straße zu gehen, viel Freizeit zu opfern, die sie eigentlich mit ihren Familien und Kindern verbringen könnten? Und das bundesweit, denn inzwischen gibt es Ortsgruppen von P4F in 296 Städten und Landkreisen. „Ganz einfach, wir machen uns Sorgen um die Zukunft unserer Kinder", erklärt Luzie, „deshalb gehörten wir zu den ersten Unterstützergruppen von Fridays for Future. Nahezu 90 Prozent von uns sind Eltern, mitmachen können aber auch Leute ohne Kinder." Es gäbe Paare, die Kinder wollen und sich überlegten, bei uns mitzumachen, fügt Yvonne hinzu. Sie selbst hat zwei Jungs im Grundschulalter und war in der Friedensbewegung aktiv. Eine Doku über die FFF-Bewegung brachte dann für sie die „Erweckung". Auch Petra hat sich vorher engagiert, war lange in der Anti-Atom-Bewegung. „Meine Töchter sind jetzt zweieinhalb und vier Jahre. Durch die FFF wurde mir die Dramatik der Situation so richtig bewusst. Ich habe selbst gemerkt: Angst und Wut von Eltern sind eine starke Kraft." Sie hofft, dass sie und die anderen der Gruppe noch mehr Menschen mobilisieren können.
Sofia ist in Peru aufgewachsen. Seit sie selbst Mutter ist, lässt sie das Thema Klimakrise nicht mehr los. „Es ist doch das Natürlichste auf der Welt, dass wir unsere Kinder schützen wollen." Ihr vierjähriger Sohn ist auch für Luzie der Antrieb, sich für eine lebenswerte Zukunft einzusetzen, auch wenn es oft anstrengend ist. „FFF war ein Weckruf, deren Botschaft hat mich bewegt. Da wusste ich, die Zeit des Sympathisierens war vorbei, ich muss aktiv werden." Sie hat ihren Job gekündigt und war zeitweise „Vollzeitaktivistin". Nun arbeitet sie für „Together for Future e. V.", der die verschiedenen „For Future"-Gruppen vernetzt.
So ähnlich erging es auch Corinna. Schon länger politisch aktiv, interessierte sie sich für die FFF-Bewegung und was die jungen Leute da so machen. „Als ich von den Parents for Future hörte, habe ich mich noch am selben Tag angemeldet." Sie macht auch bei der Klimaliste Berlin mit, die für das Berliner Abgeordnetenhaus kandidiert. Sie weiß: Wir müssen noch viel mehr Leute werden.
„Wir müssen noch viel mehr Leute werden"
Carl, der einzige Mann in der Runde, stimmt ihr zu. „Die FFF-Themen gehören in die Öffentlichkeit, damit die Menschen merken, sie können etwas bewegen." Er möchte „ein Gefühl der Machbarkeit" rüberbringen und deutlich machen, dass die Politik nicht länger die Augen verschließen kann vor den drängenden Problemen. Er wünscht sich, dass alle Eltern mitmachen, um ihren Kindern eine bessere Welt zu hinterlassen.
Die Parents for Future arbeiten eng mit anderen Initiativen zusammen, wie Berlin4Future. Die sind jeden ersten Montag im Monat ab 18 Uhr auf dem Alexanderplatz und fordern ein entschlosseneres Handeln der Politik: gegen die Erderwärmung, für die Einhaltung internationaler Klimaschutzvereinbarungen und die Verschärfung der Klimaziele. Sie wollen nichts Geringeres, als Deutschland zu einem internationalen Spitzenreiter im Klimaschutz zu machen. Der nächste Klimamontag ist am 2. August 2021. Die Parents for Future sind auch dabei und wer möchte, kann da gern mit ihnen ins Gespräch kommen. Eine andere Möglichkeit ist das Onboarding zum Kennenlernen der Gruppe, zum Austauschen und Fragen stellen. Oder man folgt den P4F in den sozialen Medien auf Facebook, Twitter und Instagram.
Das „Onboarding" und die Orga-Treffen finden coronabedingt derzeit online statt, per Zoom. Teilnahmemöglichkeiten und Termine gibt es auf der Webseite https://parentsforfutureberlin.de.
Dort kann man auch ein weiteres Projekt der P4F unterstützen – die internationale Kunstausstellung „What Did You Do Once You Knew?" in Berlin. Sie soll die Klimakrise mit allen Sinnen erlebbar machen, damit die „Menschen eine Vorstellung davon bekommen, was eine Zukunft unter den Folgen der Klimakrise bedeutet". Drastischer als die jüngsten Überschwemmungen können sie es gar nicht zeigen.