Hinter der weißen Holzfassade gibt’s Schokolade, Pralinen & Co. auf kleinstem Raum. Im Süßwarenladen „Gutes von Busch" hält Geschäftsführerin Daniela Münter auf dem Marktplatz seit sechs Jahren Feines und Genüssliches für „ihre" Schlachtenseer bereit.
Im Dörfchen Schlachtensee geht’s gemächlich zu, und auf dem Marktplatz mittendrin steht das „Dorflädchen". Linkerhand schlendern die Kunden auf „Gutes von Busch" mit seinen ausgewählten Süßigkeiten zu, rechter Hand auf den „Artigiani"-Eisladen für ein paar Kugeln aufs Hörnchen. „Ah, da sitzt der Professor wieder", bemerkt Daniela Münter, Geschäftsführerin von „Gutes von Busch" beim Blick durchs Schaufenster auf die Bänke und Tische vor dem Laden. „Nina, fragst du ihn bitte, ob’s ein Milchkaffee oder Kakao sein soll wie immer?", bittet sie ihre junge Mitarbeiterin, die während unseres Gesprächs den Tresendienst und die Kaffeemaschine übernommen hat.
Nach sechs Jahren kennt Daniela Münter ihre Kunden so gut wie eine Wirtin ihre Gäste. Und so ähnlich verhält es sich oft in dem gerade einmal 25 Quadratmeter kleinen Süßwarenladen. Münter weiß, was ihre Kunden mögen und kaufen. Obwohl eines klar ist: „Wir sind kein Café", betont sie. „Das könnten wir nicht bewältigen."
Doch es passt auch genau so wie es ist: Mit der kleinen silbernen Siebträgermaschine für den Espresso und der orangefarbenen „Mokkamaster" für den Filterkaffee, die nur am Markttag Freitag zugeschaltet wird. Das Holzbord im Schaufenster reicht als Kaffee- und Süßigkeiten-Abstellfläche bei einem Gespräch im Laden, der schokobedingt angenehm heruntertemperiert ist. Stetig schauen die Kunden herein, drehen eine Runde um den großen Holztisch mit den Auslagen, suchen zielstrebig Regale oder den Tresen auf, um Süßigkeiten, Kaffee, Tee oder Spirituosen zu ordern und zu bezahlen.
Bei den Süßigkeiten kann das im Sommer eine den Gaumen kitzelnde zartgrüne Limonen-Knallbrause-Tafel aus weißer Schokolade von Gmeiner Confiserie sein oder ein kleiner Nougat-Würfel von Venchi. Wie es sich für italienische Stückware gehört, laden Gläser mit eingewickelten Pralinenwürfeln zur Einzel-Verführung ein. Ich stelle eine direkte Verbindung von den Süßwaren zu meinem Konto her und kaufe neben einer 40-prozentigen Schokolade mit Tonka-Bohne noch eine 70-prozentige mit Fleur de Sel zum Verschenken. Und noch eine blonde 33-prozentige Caramel Beurre Salé für mich, damit mein innerer Süßschnabel sich freut. Für 5,90 Euro pro 100-Gramm-Tafel ist das bezahlbarer Luxus.
Eine „Can you feel the magic?"-Porzellantasse mit einem melancholischen Einhorn-Meerschwein von der Hamburger Künstlerin Harriet Grundmann darf, nein, muss ebenfalls mit. Da geht es mir so wie vielen Schlachtenseern bei „Gutes von Busch": Einmal drin, schon fällt einem etwas ein, das unbedingt für diese Freundin, jenen Freund und ach ja, für mich selbst, geeignet ist. Ob die „Edition Gute Geister", in der das Meerschwein entstand und aus der weitere Motiv-Tassen und Postkarten einen Hingucker-Platz an der Stirnwand einnehmen, eine Empfehlung einer Kundin war? Gut möglich. Denn was den Stammkunden gefällt, landet gar nicht mal so selten im Regal. Schließlich findet es immer wieder treue Abnehmer.
Sirup von „Inge Ingwer" ist eines dieser Produkte, die Daniela Münter nicht selbst im Blick hatte. „Das geht im Sommer total gut." Auch die mit Schokolade in unerwarteten Geschmacksnoten umhüllten dänischen „Lakrids" von Bülow fanden so ihren Weg in den Laden. Die Kugeln mit „normaler" Vollmilchschokolade kenne ich und finde sie super. Ich bekomme gleich Probiertütchen angereicht: „Die mit Sanddorn sind gut. Und die mit wilden Blaubeeren", sagt Daniela Münter. Wird probiert und beim nächsten Besuch vermutlich gleich gekauft.
„Du kannst die Kunden auf jeden Fall auch zu Neuem entführen", beobachtete sie. Vielleicht zu einer Himbeer-Knallbrause von Gmeiner oder zu einem Bio-Schoko-Quadrat von Berger Confiserie mit karamellisiertem Bio-Mohn. Letztere ist eine gute Empfehlung für mich Vollmilchschokoladen-Fan: Die Schokolade cruncht ganz fein und mit dem typischen Mohn-Aromen in meinem Mund. I like.
Das Ingwer-Segment mit harten Shots und weniger knalligem Sirup, mit Ingwerstäbchen und Pralinen überlasse ich gern anderen Kunden. Nicht meine Baustelle. „Die Stäbchen gehen zum Beispiel viel besser als die Ingwerblättchen, obwohl es das Gleiche ist", beobachtete Daniela Münter. Mit ihr lässt sich prima fachsimpeln, über Schokoanteile und Texturen, Zutaten und Produktionsprozesse. Ich erzähle, dass ich die Brause-Trüffel von „Sawade" sehr mag, die dunklen Ingwer-Pralinés in Marzipan aus einem Probierpäckchen dagegen gleich an eine Freundin weitergereicht habe. „Sawade ist unser wichtigster regionaler Hersteller." Die Pralinenschachteln mit den Berlin-Motiven aus der Reinickendorfer Manufaktur zählen zu den beliebtesten Souvenirs, die Schlachtenseer und solche, die es einmal waren, bei „Gutes von Busch" kaufen.
Auch Whiskey, Gin, Likör und Brände im Sortiment
„Man lebt hier international." Reist, geht in die Welt hinaus oder wohnt temporär eine Weile vor Ort. Schokolade etwa wird den Kindern ins Auslandsjahr als Gruß für die Gasteltern mitgegeben oder den fortgezogenen Freunden zur Erinnerung nachgeschickt. Deshalb ließ Daniela Münter eigens Lebkuchenherzen mit Berlin-, Zehlendorf- und Schlachtensee-Schriftzügen bedrucken. Eine Sorte Kaffee aus der Schmargendorfer Rösterei JoCaffè, die „Gutes von Busch" beliefert, ist ebenfalls lokal gelabelt: Die „Schlachtenseer Mischung" für den Filter erfreut sich einiger Beliebtheit.
Der Schlachtenseer hat ein beständiges und ausgeprägtes Verhältnis zu „seinem" Schokoladenlädchen: Noch bevor Daniela Münter übernahm, schloss in der Breisgauer Straße nach 100 Jahren eine alteingesessene Confiserie. „Sie sind ja wie Frau Engelbrecher." Das Kompliment mit dem Namen der Confiserie-Besitzerin bekam Daniela Münter mehr als einmal. Wie sie hört Daniela Münter präzise hin und stellt sich auf die Wünsche ihrer Kunden ein. Die wiederum schätzen, dass sie für hochwertige Süßigkeiten, Geschenke & Co. nicht „in die Stadt" fahren oder online bestellen müssen.
Daniela Münter ist über Schlachtenseer Gepflogenheiten bestens informiert: „Im Sommer ist Hochsaison für Feste und damit auch für Mitbringsel von uns." Freitags fänden sich durchaus vier Kunden nacheinander ein, die sich am Wochenende auf demselben Grillfest wiederbegegneten, sagt Münter: „Wir behalten im Blick, was gekauft wurde und wissen oft, was die Gastgeber gern mögen. Darauf können wir dann hinweisen."
Das Non-Food-Sortiment bei „Gutes von Busch" verkleinerte sich seit der Eröffnung deutlich. Um Platz zu schaffen, beispielsweise für „Mammoth"-Whiskey, Gin, Likör und Brände aus der Grumsiner Brennerei in der Uckermark. Auch Karibik-Rum von Cuate und Kräuterlikör von „KR" aus Berlin oder Blutorangen-Bitterlikör von Amara stehen im Alkoholregal. „Paper & Tea" aus Berlin liefert die Tees. Es gibt neben den „Master Blends" mit „Pure Prana" auch eine koffeinfreie Besonderheit zu kaufen. Eine wichtige Kundengruppe, die besonders gern in den Laden stürmt und „ihre" Ecke erobert, sind natürlich die Kinder. „Sie wollen immer die Schaumzuckermäuse von Aseli haben." Verstehe ich. Auch ich habe weiche Waldmeister-Krokodile mit glühend roten Augen gekauft, die die 1921 gegründete Berliner Manufaktur ebenfalls herstellt.
Verkauft wird, was persönlich gefällt
In Schlachtensee schließt sich gewissermaßen ein Kreis für Daniela Münter. Die studierte Sozialpädagogin, die erst im therapeutischen Bereich und anschließend lange als Inhaberin eines Kindermodeladens und Bereichsleiterin eines Outdoor-Händlers arbeitete, kehrt zu ihren Wurzeln zurück. „Ich wollte ursprünglich entweder Köchin werden oder Lebensmitteltechnologie studieren. Jetzt habe ich die Chance, mich auf eine andere Art damit zu befassen." Nicht zuletzt aus ihrem ersten Beruf brachte Münter die für den Einzelhandel nötige Menschenkenntnis mit: „Letztlich geht es immer darum, wie du auf Menschen zugehst und dass du sie da abholst, wo sie gerade stehen."
Ihre erste professionelle Begegnung mit Schokolade & Co. hatte die Berlinerin früh: „Mit 18 habe ich bei ‚Susi Süßwaren‘ Pralinen eingetütet." Und was ihr persönlich gefällt, wird gern ins Sortiment aufgenommen. Etwa „JoCaffè" mit seinen italienischen Espressi und Filterkaffees. Röster und Inhaber Jochen Hintze, den sie bei einem seiner Barista-Workshops kennenlernte, folgte kurz darauf – er wurde Daniela Münters Partner.