Wie sich das Bundeskabinett im Kampf gegen Corona bisher geschlagen hat
Das Krisenmanagement der Corona-Politik schönzureden mag ein geschickter Zug sein, um von den eigenen Fehlern und Versäumnissen abzulenken. Pünktlich zur Fußball-Europameisterschaft in diesem Sommer schaltete das Bundesgesundheitsministerium in den Fußball-Modus um und sieht den Kampf gegen Corona sportlich – das Ganze verpackt es in schöne Worte. „Unsere Aufstellung gegen Corona: In der Abwehr stehen wir solide und diszipliniert mit der AHA-Formel. Im Mittelfeld erlaubt uns die nationale Teststrategie wieder mehr Räume zu besetzen. In der Offensive setzen wir mit der Corona-Schutzimpfung immer mehr Nadelstiche, um das Virus so aus dem Stadion zu schießen." Nur – und das verschweigt es – dauert das „Spiel" bislang geschlagene 17 Monate.
Wenn sich das Bundesgesundheitsministerium in dieser Angelegenheit mit höchster Priorität so siegessicher wähnt, muss es sich ein sportliches Gedanken(fußball)spiel gefallen lassen. Warum also nicht die 17 Kabinettsmitglieder der Regierung gegen das Virus und seine Varianten antreten lassen? Natürlich dürfen nur elf Minister auf dem Platz stehen, sechs müssen die Partie vom Spielfeld aus verfolgen. Auf der Bank müssen vorerst Gerd Müller –
nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen „Bomber der Nation" –, Andreas Scheuer, Julia Klöckner, Christine Lambrecht, Svenja Schulze und Annegret Kramp-Karrenbauer sitzen. Klar ist: Das Virus und seine Varianten sind rein fußballerisch gesehen Nichtskönner, stecken aber auch über alle Parteigrenzen hinweg Fußballer an.
Während Stürmer Jens Spahn an die Fußballfans je drei FFP2-Masken verteilt, wird das Spiel angepfiffen. Derweil haben sich die anderen Regierungsspieler in Stellung gebracht – im Tor steht mit norddeutscher Gelassenheit Olaf Scholz, der in trauriger Erinnerung an die schwarze Null einen Trauerflor als Armbinde trägt. Kapitänin Angela Merkel ist und bleibt ein Phänomen: Mal agiert sie im Sturm, dann taucht sie im Mittelfeld auf, aber eher selten in der Defensive. Manchmal sieht man sie einfach in stoischer Gelassenheit dastehen –
Daumen und Zeigefinger beider Hände formen die typische Merkel-Raute. Nur ihr Verhältnis zu Zahlen ist ein seltsames: Erst wollte sie eine 50 auf ihrem Trikot draufhaben, letztlich entschied sie sich für die 35.
Im Sturm verzettelt sich unterdessen Ankündigungsspieler Spahn. Immer wieder bekommt er Chancen, will das Virus mit vielen Tricks vom Feld schießen, aber im Abschluss hapert es. Immerhin weiß er um seine Fehler. Halb entschuldigend, halb flehend presst er die Hände zusammen und murmelt in weiser Voraussicht Richtung Zuschauerränge: „Wir werden viel verzeihen müssen". Zur Halbzeit steht es: 1.719.737 Infizierte (33.071 Tote) zu 1.328.200 Genesene.
Als zu Beginn der zweiten Halbzeit die Spieler Spahn, Merkel, Seehofer, Altmaier, Heil, Karliczek, Braun, Kramp-Karrenbauer, Maas und Klöckner ein Transparent mit dem Spruch „Zeigt Solidarität mit den Alten – wir wollen euch nicht wegsperren" hochhalten, erfährt Außenspieler Heiko Maas, dass er das Spielfeld verlassen muss – einer seiner Personenschützer hat sich infiziert. Da er nicht will, dass ihm möglicherweise fortan der Ruf eines Superspreaders anhaftet, begibt er sich freiwillig in die eigenen virusfreien vier Wände.
Für Maas wird der entscheidungsschnelle Andreas „Andi" Scheuer eingewechselt, der am liebsten abermals den Bußgeldkatalog novellieren und allen Corona-Mutanten eine saftige Geldstrafe für zu schnelles Fliegen aufbrummen würde. Seine Teamkollegin Anja Karliczek kommt hingegegen nicht so richtig in Tritt, hat kaum Ballkontakte, denn sie hat ihr Päckchen zu tragen – den Digitalpakt Schule.
In Abwehr und Tor glänzen zwei Super-Schwergewichte der staatstragenden Mannschaft: Peter Altmaier – auch Meister der Verschleppung genannt – und der König des Kurzarbeitergeldes Hubert Heil. Respekt, die beiden hängen sich richtig rein. Ersterer ist richtig gut darin, anderen mehr oder weniger viel Geld zu versprechen – und diese am Ende doch immer wieder zu vertrösten. Und Letzterer denen, die schon seit Monaten weniger Geld bekommen, zu versprechen, dass es so noch bis März nächsten Jahres weitergehen wird. Schlussmann Scholz hat seinen Kasten bis zur 90. Minute sauber gehalten – da stören ihn auch nicht die Milliarden neuer Schulden, die sein Verein aufnehmen musste.