Dieses Buch beschreibt eine Welt, die wir momentan so nicht selbst erleben können, zumindest nicht ohne langwierige, zwischenzuschaltende Quarantäneaufenthalte. Die Autorin beschreibt ihre Erfahrungen als Lehrerin und Reisende in Lateinamerika. Sie reiste durch Südamerika und lebte und arbeitete dabei drei Jahre in Argentinien. Sie kann so ganz intim aus einem Land berichten, das unsereins meist nur aus dem Fernsehen und auch dann nur aus der Sicht eines Touristen kennen dürfte. Dabei trifft sie nicht nur auf Lügen, Korruption und Kriminalität, die man als Europäer in Argentinien vielleicht erwarten mag, sondern auch auf viel Unerwartetes wie regelmäßige Läuseplagen und heftige Umweltprobleme in einem vermeintlich so großen und wenig bewohnten Land.
Statt eines Reiseführers, der nur die bekannten Sehenswürdigkeiten abklappert und erzählt, wo man gut essen gehen kann, zeigt Karin Maria Wieser in ihrem Südamerika-Bericht auch viel aus dem ganz normalen Alltag, von der gegenüber Deutschland noch weit heftigeren Handwerker-Problematik und den Problemen, die Miete zu zahlen bis zu einer auch sonst noch viel bürokratischeren und komplizierteren Situation als hierzulande schon bei solch Dingen wie Arztbesuch, Führerscheinerwerb, Autokauf oder der Ein- und Ausreise.
So bekommt man nicht nur einen ganz anderen, echten Blick aufs Land, der dessen schöne Seiten dabei keineswegs vergisst, sondern auch eine interessante Weltsicht, allerdings nicht in europäischen Denkmustern, sondern südamerikanischen. Und kann der pandemischen Eingeschlossenheit entfliehen und in ein fremdes Land reisen, ohne sich deshalb entweder auf eine akademisch trockene Studienreise oder einen „Traumschiff"-Ausflug zu begeben, der nur unterhaltend, aber kaum informativ ist. Zudem ist das Buch eine Pflichtlektüre für jeden, der an einen längeren Aufenthalt im Land denkt und dort leben und arbeiten will.
72 Bilder ergänzen den Text und runden den Eindruck von Land und Leuten ab.