Das „Jouliard“ in Saarbrücken ist längst kein Geheimtipp mehr. Was Karl Fluhr und sein Team hier Abend für Abend zaubern, ist traumhaft. Hier kommt jeder voll auf seine Kosten, ob Fisch- oder Fleischliebhaber, Vegetarier oder Veganer. Und das in bester Qualität.
Wir mögen Menschen, die mit Lust und Freude genießen und die Kunst des Kochens schätzen. Wir lieben nur Gemüse, Fleisch und Fisch von bester Qualität und – wo immer möglich – aus unserer Region. Wir überraschen mit einer Speisekarte, die das kulinarische Saarbrücken bereichert und den Gaumen verwöhnt. Wir teilen die Lebensfreude, die daraus erwächst, gerne mit unseren Gästen und sind erst glücklich, wenn jeder mit einem Lächeln unser Haus verlässt. Für Sie sind wir da!“ Mit diesem Vorwort auf der Speisekarte begrüßte mich das Restaurant „Jouliard“ in der Saarbrücker Scheidter Straße. Der Küchenchef hier heißt Karl Fluhr – einen Namen, den ich mir definitiv merken muss und werde. Was Fluhr und sein engagiertes Team hier präsentieren, muss man in Sachen Qualitätsanspruch, Regionalität und Kreativität ansonsten wirklich lange suchen.
Bewusster Verzicht auf Meeresfische
Es ist ein sonniger früher Samstagabend und das Restaurant komplett ausgebucht. Bei diesem Wetter ist kein Platz mehr auf der Terrasse zu kriegen, und auch im Restaurant selber sind alle Tische reserviert. Das „Jouliard“ ist angesagt in Saarbrücken. Kein Wunder, bietet doch die Speisekarte wirklich für jeden etwas sehr Geschmackvolles und Besonderes: für Veganer, für Vegetarier und für alle, die alles essen.
Karl Fluhr startete 2007 in der Saarbrücker Metzgerei Schröder als Auszubildender im Metzgerhandwerk. 2010 war er fertig, und bereits ein Jahr später hatte er den Meisterbrief in diesem Handwerk. Schnell merkte Fluhr, dass ihm das nicht reichte, er wollte lieber Koch werden. Also ging er nach Berlin zu Kolja Kleeberg und begann dort eine Kochlehre. In der Haupstadt wollte er neue Eindrücke gewinnen, Großstadtluft schnuppern. Der Liebe wegen zog es ihn nach nur einem Jahr aber wieder zurück ins Saarland. Bei Sternekoch Cliff Hämmerle in Blieskastel beendete er seine Ausbildung. Ein ambitionierter Koch muss allerdings etwas sehen von der Welt, viele Eindrücke auf dem Weg zu seiner eigenen Handschrift kennenlernen. Karl Fluhr zog es nach München, und dort hatte er dann in mehreren Restaurants seine ersten Begegnungen mit der japanischen Küche. Er arbeitete zuerst in einem japanischen Restaurant am Viktualienmarkt. Einige Zeit später wurde in einem französischen Bistro, „Buffet Kull“, eine Küchenchefstelle frei und Fluhr übernahm.
18 Monate blieb er dort, bis seine Frau schwanger wurde und das Paar Zwillinge bekam. 2018 zog es die kleine Familie wieder zurück ins beschauliche Saarland.Fluhr hatte damals noch keine genauen Vorstellungen, wo er im Saarland arbeiten könnte. Per Zufall kam der Kontakt zum Restaurant „Jouliard“, das einen Pächter suchte. Ihm gefiel das Restaurant sehr gut, also unterschrieb er hier. „Ursprünglich hat das Ladenlokal mal einem gewissen Carl Jouliard gehört. Dieser war Metzger, und der Laden war eine Metzgerei. Das hat mir gefallen, und deshalb habe ich auch den Namen übernommen.“ Kein Wunder angesichts seines eigenen Werdegangs.
Vom ersten Tag an war Fluhr voll motiviert. Sein Anspruch an sich selbst: immer das Beste geben, kreativ arbeiten und Erfolg haben. Zudem wollte er von Anfang an so viele regionale Produkte verwenden wie möglich. Deshalb gibt es heute hier auch keine Meeresfische mehr und dies aus zwei Gründen. Zum einen wegen des Umweltaspekts und zweitens weil die Qualität immer besser ist, wenn man die Fische direkt aus dem Fang bekommt. Entsprechend arbeitet das „Jouliard“ heute vor allem mit Marc Rosengarten aus Trassem bei Saarburg zusammen. Dessen Arbeit habe ich an dieser Stelle bereits beschrieben. Rosengarten steht für Qualität, und wenn Sie das „Jouliard“ besuchen, sollten Sie unbedingt einmal den Saibling auf der Karte probieren. Karl Fluhr jedenfalls ist begeistert: „Die Fische kommen hier an, sie haben noch Totenstarre, so frisch sind sie. Du zerlegst sie und weißt, etwas Besseres kannst Du nicht kriegen“
Nur regionale Produkte beziehen zu wollen ist allerdings gar nicht so einfach. Das haben mir andere regional ausgerichtete Häuser auch schon mehrfach berichtet. Ein Restaurant bestellt ganz andere Mengen als etwa ein privater Haushalt. Und diese Mengen sind bei einigen regionalen Produzenten schlicht nicht immer lieferbar. Ein Problem für die Restaurants, denn die Gäste verstehen nicht immer, wenn diese Produkte nicht vorrätig sind. Da ist viel Überzeugungsarbeit gefragt.
Seine Zeit in japanischen Restaurants hat auf der Karte des „Jouliard“ deutliche Spuren hinterlassen. Diese Art der Küche und die Kochphilosophie dahinter haben den Küchenchef begeistert. Und diese Begeisterung versucht er mit entsprechenden Positionen auf der Speisekarte mit seinen Gästen teilen. Augenscheinlich eine gute Idee, wie das volle Lokal zeigt.
Starke Einflüsse der japanischen Küche Spürbar
Schon seit langer Zeit bin ich davon überzeugt, dass die Gesundheit aus der Küche und weniger aus der Apotheke kommt. Die Apotheke ist für Notfälle. Allerdings muss die Küche, die ich sehr liebe, abwechslungsreich sein. Zweimal die Woche etwas aus dem Wasser, zweimal vegetarisch oder vegan, ein Suppentag und ein-, zweimal Fleisch. Einseitige Ernährung ist nicht mein Ding. Genau diese Vielfalt, die ich so mag, finde ich hier auch im Menu-Angebot. Ich beginne meine Auswahl mit „Miso-Aubergine mit gegrillter Wassermelone und Cashewcreme“. Eine vegane Vorspeise und sehr geschmackvoll. Hier entsteht im Mund ein echtes Umami-Gefühl. Dieser Geschmack ist relativ schwierig zu erzeugen. Die Fermentation der Misopaste spielt hierbei sicherlich eine Rolle. Dabei wird die Miso-Aubergine in einem Misosud gegart und leicht karamellisiert. Die Überraschung aber ist die gegrillte Wassermelone. Diese wird zuvor Vakuum gezogen, das Resultat ist eine enorme Intensität im Geschmack. Eine tolle Vorspeise. Dazu gibt’s einen Sauvignon Blanc von der Loire. Sehr trocken, aber eine sehr schöne Frucht. Passionsfrucht und Limette. Passt sehr gut!
Die Weinkarte hat so viele interessante Weine, ich könnte problemlos zehn verschiedene bestellen. Deshalb überlasse ich Restaurantleiter und Sommelier Pascal Welker die Auswahl.
Weiter geht es mit „Tataki vom Rind mit gerösteten Haselnüssen und Kräuterschaum“. Tataki ist für einen Europäer ja immer noch leicht exotisch. Im Grunde ist es ein angebratenes Rindercarpaccio. Das Rinderfilet wird von allen Seiten angebraten und dann heruntergeschnitten. Dann wird es mariniert mit einem Sud aus Reiswein und Sojasauce. Darunter Sellerie und frischer Apfel, um mehr Textur ins Gericht zu bringen. Die Cremigkeit – wirklich sehr gelungen – kommt von einem Kräuterschaum. Dafür werden ausschließlich heimische Kräuter verwendet, etwa Petersilie und Schnittlauch. Der Senf wird in Apfelsaft eingelegt, um einen außergewöhnlichen Geschmack zu erzeugen. Die Haselnuss gibt dem Ganzen noch den gewissen Kick. Welker wählt dazu einen meiner Lieblingsweine: die Gärtnerin vom Weingut Cantzheim an der Saar. Wegen der Restsüße passe das zu diesem Gericht perfekt. Wie recht er doch hat.
„Ich bin wirklich stolz auf jeden in meinem Team“
Viele Köche machen aus Hecht Hechtklößchen, denn dieser Fisch hat einfach unverschämt viele Gräten. Bei Karl Fluhr gibt es ihn dagegen als „Gebratener Hecht mit Bohnen-Cassoulet, Knödel-Soufflé und Eigelbcreme“. Als ich meine Bedenken äußere, betont er, er habe noch nie eine Beschwerde bekommen, dass jemand im Fisch eine Gräte gefunden habe. Ich muss sagen, ein wirklich seltenes und ganz besonders wohlschmeckendes Gericht! Die Hechtfilets schmeckten herrlich intensiv, und das Bohnen-Cassoulet ist zum Reinlegen. Das Knödel-Soufflé dazu wird auf einem zweiten Teller gereicht. Die Eigelbcreme machen sie mit einer Kalbsjus, für Vegetarier mit einer Gemüsejus. Ich entscheide mich für die Kalbsjus. Ähnlich wie eine Vanillesauce, in der ja auch Eigelb ist, bringen sie das Eigelb hier leicht zum Stocken. Ein Traum! Dazu gibt es es einen Pinot blanc, Haus Klosterberg, von Markus Molitor. Zu Molitor habe ich schon lange keine Fragen mehr. Dieses Gericht und dieser Wein passen perfekt zusammen.
„Pavlova mit Passionsfrucht“ heißt das Dessert. Die Pavlova ist in Australien und Neuseeland Nationalgericht. Sie besteht aus einer Mascarponecreme, einem Baiser und einem Sorbet. Ein Klassiker. Dazu noch einen Espresso, und ich bin wunschlos glücklich.
Seine Weine bezieht das „Jouliard“ übrigens von „Spieß und Co.“ aus Losheim. Sicherlich einer der renommiertesten Weinhändler im Land. Das Hauptaugenmerk von Karl Fluhr liegt dabei –
wie könnte es anders sein – vor allem auf den regionalen Kreszenzen, die mittlerweile einen weltweiten Siegeszug angetreten haben. Aber es gibt natürlich nicht nur diese. Weitere Weine beziehen sie aus einem kleinen Weinlädchen in der Alt-Saarbrücker Talstraße: der „Vinerie“. Von hier kommen Weine aus Italien und Frankreich, vor allem Raritäten. Auf Weine aus Übersee verzichten Fluhr und sein Team ganz bewusst. Fluhr spricht ganz bewusst von Team: „Alleine führst Du so ein Restaurant nie. Ich bin stolz auf jeden in meinem Team. Jeder steht hier zu 100 Prozent hinter dem Laden und gibt alles. Dafür bin ich sehr dankbar.“ Dankbar bin ich auch – für einen besonderen Abend. Und wie im Vorwort als Anspruch postuliert, habe ich das Haus mit einem Lächeln verlassen.