Schneller mehr bauen: Mit einem neuen Gesetz will die Bundesregierung den Wohnungsbau beschleunigen. Einige Städte machen bereits davon Gebrauch.
Schneller mehr Land für den Wohnungsbau freizumachen, das ist die Aufgabe eines neuen Gesetzes, das Ende Juli in Kraft getreten ist: das Baulandmobilisierungsgesetz. „Wer neue Wohnungen bauen will, braucht Bauland. Das Baulandmobilisierungsgesetz setzt genau hier an: Die Kommunen können nun zum Beispiel Baulücken und brachliegende Flächen schneller und flexibler nutzen", so Horst Seehofer (CSU) in seiner Funktion als Bundesbauminister.
Das Gesetz erleichtert es den Genehmigungsbehörden, Land für den Wohnungsbau umzuwidmen und leichter Dachgeschossausbauten oder Anbauten zu genehmigen. Es soll die kommunalen Vorkaufsrechte für Brachland untermauern, um Baulücken zu schließen und die Bauleitplanung der Gemeinden für den Wohnungsbau stärken. So reicht es künftig nicht mehr aus, auf ansonsten unbebautem Land nur einen Schuppen zu errichten, um das kommunale Vorkaufsrecht zu umgehen. In Märkten, in denen Wohnungen knapp sind, soll das Umwandeln von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen zudem per Verordnung künftig genehmigungspflichtig werden, sobald es sich um mehr als fünf Wohnungen handelt.
Der Deutsche Mieterbund (DMB) zeigt sich erfreut über das neue Gesetz, mahnt aber zur Eile. „Der Schutz der Mieterinnen und Mieter vor Verdrängung wird jetzt benötigt, nicht erst irgendwann nach der Bundestagswahl", so Lukas Siebenkotten, Präsident des DMB. Das Umwandeln von Miet- in Eigentumswohnungen führe in aller Regel zu einer Verdrängung von Mietern beziehungsweise zu enormen Preissteigerungen. Umwandlungen müssten daher aus Sicht des Mieterbundes nicht nur Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt, sondern flächendeckend unter einen kommunalen Genehmigungsvorbehalt gestellt werden. Eine Genehmigung für eine Umwandlung dürfe es nur noch in engen Ausnahmefällen geben.
Mieterbund erfreut, Eigentümer dagegen
Auch der Deutsche Städtetag begrüßte die Novelle. Ein Manko aber sei, dass Städte erst auf die Genehmigung des Landes warten müssten, um einen angespannten Wohnungsmarkt feststellen zu dürfen. Dadurch könnte es noch dauern, bis Flächenländer die Verordnung in ihren Städten umsetzen.
Der Verband Haus und Grund dagegen sieht den deutschen Wohnungsmarkt nun in Gefahr. Schon in einer Stellungnahme zum Gesetz im Februar 2021 kritisierte der Verband die „Gängelung" der Wohnungseigentümer und forderte dazu auf, diese zu aktivieren statt zu regulieren und dafür zu sorgen, dass auch geringe Einkommen Grund und Boden erwerben können.
In einigen, hart umkämpften und damit teuren deutschen Wohnungsmärkten machen die Verwaltungen schon heute rasch Gebrauch von jener Verordnung –
vor allem in den dicht bevölkerten Stadtstaaten Deutschlands: Hamburg hat sich bereits 2016 im „Bündnis für Wohnen" verpflichtet, pro Jahr 10.000 neue Wohnungen zu schaffen – in einem Stadtgebiet, das Wertsteigerungen bei Immobilien von bis zu acht Prozent pro Jahr verzeichnet. Wohnen ist in Hamburg unerschwinglich geworden, weshalb die Stadtverwaltung als erste bundesdeutsche Kommune jene Verordnung in Kraft gesetzt hat.
Auch der Senat von Berlin hat beschlossen, das gesamte Stadtgebiet als umkämpften Wohnungsmarkt zu deklarieren. Laut dem Wohnungsmarktbericht 2020 der Investitionsbank Berlin ist vor allem geförderter Wohnraum in den vergangenen zehn Jahren weniger geworden: die Zahl sank seit 2010 um rund 57.000 Wohnungen auf heute 95.723 Wohnungen. Gleichzeitig stieg der Quadratmeterpreis für Eigentumswohnungen auf 5.083 Euro, 307 Euro mehr als noch 2019. Auf dem Markt der Mietwohnungen hat in den Zahlen der umstrittene Mietendeckel seine Spuren hinterlassen, erstmals seit Jahren seien die Mieten wieder ein wenig gesunken, so der Bericht. Das könnte sich im Bericht 2021 wieder ändern, nachdem das Bundesverfassungsgericht den Mietendeckel für nichtig erklärt hat.