Und es geht doch: Wer in Berlin eine Wohnung sucht, muss nicht unbedingt das dickste Portemonnaie oder Nerven wie Drahtseile mitbringen. Wer seine Ansprüche an die Gegebenheiten anpasst, hat aber durchaus Chancen, seine Traumwohnung zu bekommen – oder wenigstens eine, die bezahlbar ist.
Berlin wächst, wenn auch nicht mehr so rasant wie in früheren Jahren. Ende 2020 meldete das Statistische Landesamt Berlin-Brandenburg 3.769.962 Menschen mit Hauptwohnsitz in der Spreemetropole. Für 2030 werden rund 3,925 Millionen Personen prognostiziert. Das erhöhte den Druck auf den ohnehin schon angespannten Wohnungsmarkt. Der IBB Wohnungsmarktbericht 2020 stellte fest, dass den rund 3,7 Millionen Berlinern ein Bestand von 1.968.315 Wohnungen gegenüber steht, darunter 1.658.300 Mietwohnungen. Der Anteil an mietpreis- und belegungsgebundenen Wohnungen betrug 2019 in Berlin 11,3 Prozent des Mietwohnungsbestandes. Bei Eigentumswohnungen hingegen gibt es immer noch ein dynamisches Wachstum, und das trotz eines Quadratmeterpreises bei Neubauten von durchschnittlich 5.930 Euro.
Ausgehend von der Bevölkerungsprognose beschloss der Berliner Senat 2019 den Stadtentwicklungsplan Wohnen 2030. Benötigt werden in diesem Zeitraum 194.000 neue Wohnungen, davon mindestens die Hälfte als gemeinwohlorientierter Wohnraum für breite Bevölkerungsschichten. Der soll von städtischen Wohnungsbaugesellschaften, Baugenossenschaften, sozialen und karitativen Einrichtungen sowie privaten Bauträgern geschaffen werden.
Marzahn-Hellersdorf ist Berlins zweitgrünster Bezirk
Darüber hinaus hat der Senat 14 neue Stadtquartiere festgelegt. Dazu gehören die Europacity, die Wasserstadt Oberhavel, Buch, die Neue Mitte Tempelhof, die Schöneberger Linse und der ehemalige Güterbahnhof Köpenick. Aber auch bestehende Siedlungen wie die Stralauer Allee, Oberschöneweide, der Plänterwald, Friedrichshain-West, das Märkische Viertel und das Heinrich-Heine-Viertel sollen weiterentwickelt werden.
Wer nicht auf den Cent schauen muss, kann unter ausreichend Eigentums- und teuren Mietwohnungen auswählen. Es wäre auch eine Überlegung wert, selbst zu bauen, in einer Baugruppe. Das hat zudem den Vorteil, sich sein ganz individuell zugeschnittenes Zuhause schaffen zu können. Im Auftrag der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen berät und unterstützt die Stattbau Stadtentwicklungsgesellschaft mbH in der Netzwerkagentur Generationen Wohnen Menschen, die sich für generationenübergreifende, eigentumsorientierte oder Wohnprojekte zur Miete interessieren. Die Agentur versteht sich dabei nicht nur als Ideengeber für Projekte, sondern vermittelt auch Kontakte zur Wohnungswirtschaft, zu Wohnungsgenossenschaften und privaten Haus- und Grundstückseigentümern. In den Freitagscafés können sich Interessierte austauschen, die Wohntische sind ebenfalls Treffpunkte für alle, die gemeinsame Aktivitäten starten wollen. Dazu gibt es Exkursionen zu bestehenden oder im Aufbau befindlichen Wohnprojekten. Auch das Wohnprojekte-Portal der Stiftung Trias informiert über gemeinschaftliches Wohnen, vermittelt Wohnungen in Projekten und hilft bei der Grundstückssuche.
Wer lieber mieten möchte, sollte als Erstes genau überlegen: Was muss und was kann? Ein Fenster im Bad ist praktisch, sollte aber kein Ausschlusskriterium sein. Natürlich wäre ein kurzer Weg zur Arbeit bequem, aber gerade in Berlin mit einem gut ausgebauten Nahverkehrsnetz dürfte auch eine längere Fahrzeit kein Problem darstellen. Zumal in Richtung Stadtrand die Mieten günstiger werden. Und wer jetzt denkt, „um Himmels willen, nicht Marzahn" sollte sich ruhig mal auf den Weg machen. Die Großsiedlungen sind vielleicht auf den ersten Blick nicht jedermanns Sache, verdienen auf jeden Fall aber eine Chance. Immerhin ist Marzahn-Hellersdorf flächenmäßig der zweitgrünste Bezirk Berlins, und Lichtenberg liegt immerhin auf Platz sechs.
Wenn Lage und Ausstattung klar sind, geht es an die aktive Suche. Sich im Familien- und Bekanntenkreis umhören und verlauten lassen, dass man auf Wohnungssuche ist, kann nicht schaden. Ein selbst gemalter Zettel an umliegenden Laternen oder ein Aushang im Supermarkt wären auch möglich, sind aber eher was für Leute, die nicht digital unterwegs sind. Wesentlich effektiver zeigen sich da die sozialen Medien, sie haben auch eine höhere Reichweite. Eine große Auswahl bieten Portale wie Immobilienscout24, Immowelt, Immonet oder Meinestadt. Die gibt es auch als App aufs Handy. Mit den entsprechenden Einstellungen wird man über neue Angebote informiert und kann schnell reagieren. Bei den Portalen Housy und Immomio laden die Wohnungssuchenden ihr Suchprofil und ihre Selbstauskünfte hoch und werden dann von Vermietern kontaktiert, die einen Besichtigungstermin vereinbaren.
Wer in einer der sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften oder den rund 80 Wohnungsbaugenossenschaften lebt, sollte auch mal über einen Tausch nachdenken. Das kann durchaus Vorteile bringen. „Seit 2018 haben wir das Tauschportal inberlinwohnen für die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften eingerichtet", erklärt Dr. David Eberhart vom BBU Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen e. V. „Wenn es keine erheblichen Reparaturen gibt oder beispielsweise die Elektrik erneuert werden muss, bieten wir die Wohnungen zu den Mietkonditionen des Vormieters an."
Ähnliches gibt es in Baugenossenschaften. „Wir haben verschiedene Angebote", sagt Michael Krebs von der Charlottenburger Baugenossenschaft eG. „Ältere und mobilitätseingeschränkte Mitglieder unterstützen wir gezielt bei der Suche und beim Umzug in barrierearme Wohnungen. Beim Umzug aus größeren Wohnungen in kleinere werden notwendige Schönheitsreparaturen und Umzugskosten gefördert und zudem die alte Nettokaltmiete ‚mitgenommen‘. Weitere Angebote gibt es, wenn vielleicht die Lebenssituation eine Pflege erfordert. Bei uns sind das jährlich rund zehn Fälle dieser Art." Die Charlottenburger Baugenossenschaft eG nimmt auch noch Mitglieder auf, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.