Das einminütige sperrig-zahme Intro „HC" kann getrost weggezappt werden. Mit „Mi Genética" zieht danach eine infizierende Reggae/Cumbia-Melange den Hörer unwiderstehlich auf die Tanzfläche, wo man zum Balkan Brass Pop von „El Día Que No" sofort weiter tanzen will. Diese Bläser sind ein Orkan.
„Yo Te Doy" offenbart im Anschluss die explizite Stärke dieser spanischen Combo: Es ist der messerscharfe Drive der Cumbia, der uns bei Amparanoia schon immer am meisten fasziniert hat. Textlich geht es darum, die Balance im Leben zu finden – mit allen Emotionen, denen wir ausgesetzt sind, die uns regelmäßig durchschütteln und trotzdem nie verzagen lassen…
Einen bewährten Tipp diesbezüglich erhalten wir im enorm poppigen „De Principio A Fin": Verzeihen und Vergeben ermöglichen uns täglich eine Chance auf neues Glück. Nun denn, vielleicht war genau diese Erinnerung ja mal wieder nötig…
Nicht zufällig heißt der Album-Titel übersetzt in etwa „kollektive hymnische Hypnose" – womit er explizit auf die magische Kraft von Musik verweist. Auf diesem Gute-Laune-Werk ist sie allgegenwärtig. Weitere Pop-Tugenden transportieren „La Despedida" und „Centímetros" gen Hörer-Herz, vielleicht sogar ins Radio. Gleichwohl bleibt dieses Song-Trio unter dem Niveau der restlichen Tracks.
Wesentlich mehr Feuer entfacht das seinem Namen fulminant gerecht werdende „Cumbia Perfecta". Welch‘ würdevolle, klare, ausdrucksstarke Stimme Amparo Sánchez besitzt! Zuletzt wusste das die Spanierin auch mit mehreren Solo-Alben zu bezeugen. „Himnopsis Colectiva" ist also das erste Studio-Album von Amparanoia nach einer langen Band-Pause. Immerhin ein Live-Dokument (2008) und ein Best Of (2018) hatten die Ewigkeit seit 2006 versüßt. Zwei zwar leidenschaftliche, aber auch ein bisschen diffus folkloristische Stücke beschließen ein Werk, dessen größere Hälfte als reuelose Sommer-Tanzschaffe taugt. Auf Grund seiner exotisch anmutenden Vielfalt wird es wohl in der Weltmusik-Schublade landen. Niemanden sollte das stören.