Cheerleader gehören zum American Football untrennbar dazu. Im Saarland unterstützen die Saarland Hurriflames ihre Mannschaft während der Spiele und feuern das Publikum mit kämpferischen Rufen und akrobatischen Choreografien an.
Die Saarland Hurriflames sind in der Saarbrücker Grundschule Ost leicht zu finden – immer nur der Musik nach. Flotte Tanzrhythmen schallen durchs Gebäude. „Das gehört dazu", sagt Annika Krämer und lacht. Die Hurriflames sind die Cheerleader-Formation der Saarland Hurricanes, des Football-Bundesligisten aus Saarbrücken. Annika Krämer ist Teammitglied und zugleich Trainerin. Zweimal in der Woche wird geübt. Bei gutem Wetter auf dem Football-Platz am Matzenberg. Ansonsten in der Schulturnhalle. Regen macht den Sportlerinnen eigentlich wenig aus. Auch während der Heimspiele im Ludwigsparkstadion feuern sie ihre Mannschaft bei Wind und Wetter an. Aber mit nassen Schuhen und auf glitschigem Rasen lassen sich die Hebefiguren schlecht einstudieren – zu groß ist die Verletzungsgefahr. Neben Athletik ist Kondition gefragt. Ein Football-Match dauert bis zu vier Stunden. Und trainiert wird jeweils zweieinhalb Stunden. „Ich würde gern noch länger machen", sagt Krämer. Ihr Programm ist immer voll gepackt. Schließlich sollen die etwa 30 Tänze, die ihre Schützlinge im Repertoire haben, perfekt sitzen. Los geht’s! Schnell nimmt der Hurriflames-Express Fahrt auf. Armbewegungen, Schrittfolgen, Drehungen – alles im Takt, immer synchron. Und zwischendurch wird kräftig in die Hände geklatscht. Neben den Tänzen beherrschen die Cheerleader 15 bis 20 Anfeuerungsrufe. Auch die müssen geübt werden. „Fight, Hurricanes, fight!", schallt es durch die Halle. Nach einer halben Stunde gibt es die erste kurze Trinkpause. Danach steht Turnen auf dem Trainingsplan. Einige Cheerleader üben Handstände und Radwenden. Andere lassen sich mit gestreckten Armen nach hinten fallen, mal auf die Matte, mal in die Arme der Kolleginnen. „Das ist eine Vorübung zum Flicflac", erläutert ein Teammitglied.
15 bis 20 Anfeuerungsrufe
Der Begriff Cheerleading stammt aus dem Englischen und setzt sich zusammen aus „cheer" (Beifall) und „to lead" (führen). Cheerleader animieren das Publikum, die Footballer anzufeuern. Wenn der Funke überspringt, sind die Einheizerinnen glücklich. Immer wieder entwickelt Annika Krämer neue Tanzchoreografien. Die Schritte und Bewegungen erklärt sie in Instagram-Videos. Ganz langsam, Schritt für Schritt, die Kamera zeigt sie von hinten und von vorne. Die Choreografie üben die Cheerleader daheim ein. Beim gemeinsamen Training folgt der Feinschliff. „Dann trennt sich die Spreu vom Weizen", weiß die Trainerin. Nur wer seine Hausaufgaben macht und Leistung zeigt, darf während der Heimspiele an der Seitenlinie tanzen. Auch bei den Hebefiguren machen die Hurriflames eine gute Figur. Für jeden gibt es die passende Position. „Egal ob klein, zierlich und schmal oder ob groß und mit ein paar Kilo mehr auf den Rippen", erklärt die Team-Managerin. Bei den menschlichen Pyramiden sind die Aufgaben klar verteilt. Am Boden sorgen die Kräftigsten für den Auf- und Abbau und die Stabilität. Die tragende Rolle erfordert Körperspannung und Timing. Ganz oben stehen die Leichtgewichte, die sogenannten Flyer. Aus drei Metern Höhe fallen sie in die Arme ihrer Kolleginnen. Das klappt nur, wenn sich alle blind verstehen. Die Hurriflames wissen, dass sie sich aufeinander verlassen können. „Wir haben nie Streit", versichert Krämer. Zickereien würde sie nicht dulden. Streng aber herzlich sei ihr Führungsstil, erklärt die 26-Jährige. Die Mischung kommt gut an. Während der Corona-Pandemie sind ihr alle treu geblieben. Auf das Leistungsniveau hat sich die Zwangspause nicht negativ ausgewirkt. „Cheerleading ist wie Fahrradfahren, das verlernt man nicht", sagt die Trainerin. Die 30 Plätze im Senior-Team der Hurriflames sind begehrt, es gibt eine lange Warteliste. Schon Fünfjährige dürfen bei den Shiny Flames mitmachen, ab zwölf Jahren kann man bei den Sparkling Flames anheuern. In den drei Altersklassen betreuen sieben Trainerinnen fast 80 Cheerleader.
„Koordination, Balance, Spannung"
Und was sagen die Football-Männer zu der Unterstützung? „Sie sind froh, dass sie uns haben", versichert Annika Krämer. Manchmal fährt sie mit zu den Auswärtsspielen. Dann feuert sie nicht nur ihre Mannschaft an, sondern nimmt auch die Cheerleader-Konkurrenz unter die Lupe. Die Flames, so ihr Eindruck, müssen sich vor niemandem verstecken: „Wir sind vorne mit dabei". Nach der Football-Saison werden die Tanzwedel nicht eingepackt. Bei den Cheerleader-Meisterschaften messen sich die Hurriflames mit anderen Gruppen. Und zwischendurch wird das Team immer wieder engagiert, um bei Veranstaltungen wie etwa Straßenläufen für Stimmung zu sorgen.
Die Manöverkritik darf natürlich nicht fehlen, gemeinsam analysieren die Damen ihre Auftritte. Turnerisch sei noch etwas Luft nach oben, erläutert Krämer. Die tänzerischen Elemente und die Ausstrahlung zählt sie zu den Stärken ihrer Truppe. „Wir sind auf einem sehr guten Weg", betont die Trainerin. Sie begann 2009 mit dem Cheerleading. Damals hatten die Hurricanes einen Info-Stand beim Schülerferienfest des Saarländischen Rundfunks. Krämer schaute im Probetraining vorbei und blieb am Ball. Auch Julie Kaas macht schon lange mit. Zunächst war sie Flyer, jetzt steht sie unten. „Beides macht Spaß", versichert die 22-Jährige. Katharina Niedner hat früher voltigiert; seit gut einem Jahr gehört sie zum Team. Der 32-Jährigen gefällt die Vielfalt des Sports, sie mag den Mix aus Tanzen, Turnen und Akrobatik. Flyer Kathrin Kany musste schon so manchen blauen Fleck einstecken. „Man braucht Balance, Koordination und Spannung", sagt die 24-Jährige mit Blick auf ihre schwierige Aufgabe. „Und vielleicht auch ein bisschen Mut".
Was damit gemeint ist, zeigt sich im Training: Hebefiguren stehen auf dem Programm. Jeweils vier Sportlerinnen hieven einen Flyer in die Höhe. Zwei Cheerleader stemmen die Hauptlast, die beiden anderen stabilisieren die Fußgelenke. Dann wird der Flieger in die Luft katapultiert. Kaum hat er abgehoben, da landet er auch schon wieder in den Armen der Kolleginnen. Mehrmals wird die Übung wiederholt. „Okay, sehr gut!", ruft Annika Krämer nach einigen Minuten. Kurze Trinkpause – und weiter geht’s.