Mehr als zehn Jahre war es ruhig geworden um Liz Phair. Außer ihren Memoiren und Wiederveröffentlichungen gab es keinerlei Lebenzeichen von ihr. Doch jetzt hat sich die US-amerikanische Indie-Ikone mit ihrem siebten Album zurückgemeldet, abermals hat sie mit ihrem langjährigen Produzenten Brad Wood zusammengearbeitet. Liz Phair, Gitarristin und Songschreiberin, etablierte sich in den frühen 90er-Jahren als Role Model für selbstbestimmte und erfolgreiche Musikerinnen. Nicht umsonst wählte der „Rolling Stone" 2020 ihr Erstlingswerk „Exile In Guyville" auf Platz 56 der besten Alben aller Zeiten. Das Debütalbum läutete eine fabelhafte Karriere ein, Liz Phair wurde in den 90ern mit zwei Songs für die Grammy Awards nominiert, ihre Alben verkauften sich millionenfach.
Mit den zwölf Songs auf „Soberish" zeigt sich die charismatische Künstlerin von ihrer experimentierfreudigen Seite, aber sie lässt auch keinen Zweifel daran aufkommen, dass sie eingängigere Popsongs schreiben kann. Vor allem kann sie auf schnörkellose und unverfälschte Art Geschichten erzählen.
Da ist beispielsweise das akkustisch groovige „Hey Lou", das als eine Hommage an Laurie Anderson und Lou Reed zu verstehen ist. Der Refrain „Hey Lou, are you feeling alright? Watcha gonna do? Are we staying alright" weist durchaus angenehme Ohrwurmqualität auf. Das dazugehörige Video zeigt die zwei Handpuppen Laurie und Lou – nebst einem Gastauftritt von Andy Warhol –, in dem das illustre Musikerpaar die Höhen und Tiefen ihrer Liaison durchlebt.
In der sympathisch zurückgelehnten Mid-Tempo-Nummer „Good Side" appelliert sie an ihre verflossenen Lover, dass sie ohne negative Gefühle an sie zurückdenken sollen. Auch das titelgebende „Soberish" überzeugt, obwohl es nur von Schlagzeug, Bass und Gitarre getragen wird. Einmal mehr erzählt darin Liz Phair vom Hadern mit den eigenen Gefühlen, vom Warten auf die große Liebe und Fehlern, die sie begangen hat.
Die glatter produzierten „In There" oder „Sheridan Rd." fallen zwar im Vergleich zu den Sternstunden von Liz Phairs Songwriter-Kunst deutlich zurück, aber unterm Strich verzeiht man ihr diese Schwächen.