Bei der Geburtstags-Ausgabe des Internationalen Stadionfestes haben sich zahlreiche nationale und auch einige internationale Stars angemeldet. Für die meisten ist es der Ausklang der Olympiasaison. Auch bis zu 25.000 Fans dürfen dabei sein.
Wer bei der ISTAF-Premiere am 3. Juli 1921 als Zuschauer dabei war, hatte keine Probleme, anschließend einen Laden mit Kaffee und Kuchen zu finden. Gleich fünf Konditoren hatten im offiziellen Programmheft Anzeigen für Cafés geschaltet. Die Premiere fand im „Deutschen Stadion" statt, auch Grunewald-Stadion genannt. An der Stelle, an der heute das Olympiastadion steht. Organisiert hatten das Internationale Stadionfest die drei Berliner Vereine Berliner SC, SC Charlottenburg und Schwimm-Club Poseidon, und keiner der damaligen Besucher oder Athleten konnte erahnen, dass das ISTAF sich zu einer Leichtathletik-Institution entwickeln und auch 100 Jahre später noch ausgerichtet wird.
„Das ISTAF hat den Fans in den vergangenen Jahren viele unvergessliche Erlebnisse mit herausragenden Sportlerinnen und Sportlern geboten", sagte Meeting-Direktor Martin Seeber. Insgesamt wurden 15 Weltrekorde aufgestellt, zahlreiche Geschichten geschrieben. Das Geburtstags-Event am 12. September soll daher etwas Besonderes sein, man wolle „mit vielen Aktionen und mit tollen Athletinnen und Athleten feiern", so Seeber. Immerhin 25.000 Zuschauer dürfen dabei sein, trotz der deutlich steigenden Inzidenzzahlen in der Hauptstadt.
„Wir wollen mit dem ISTAF zeigen, dass im Berliner Olympiastadion auch in diesem besonderen Jahr eine ausgelassene Leichtathletik-Party möglich ist – mit Zuschauern, Regeln, Abständen und Rücksichtnahme", erklärte Seeber. Die Fans dürften sich „auf spektakuläre Wettbewerbe und zahlreiche nationale und internationale Stars freuen". Manchen von ihnen haben vor fünf Wochen bei den Olympischen Spielen in Tokio auf sich aufmerksam gemacht. Das FORUM-Magazin stellt sie vor.
MALAIKA MIHAMBO
Die Weiterspringerin sorgte neben Tennis-Ass Alexander Zverev und Schwimmer Florian Wellbrock für das Highlight der Spiele aus deutscher Sicht. Ihr Gold in der Grube mit einer gehörigen Portion Drama hat die Heidelbergerin endgültig zum deutschen Sportstar aufsteigen lassen. Das ISTAF ist für sie der letzte Wettkampf vor dem wohlverdienten Urlaub. Von ihr ist bekannt, dass sie gern mit dem Rucksack fremde Orte bereist und sich treiben lässt – auch, um den Kopf freizubekommen für wichtige Entscheidungen.
Einen Entschluss hat sie aber schon jetzt getroffen – notgedrungen. Die Weltmeisterin wird im Herbst nicht wie angedacht in die USA reisen, um dort mit Leichtathletik-Ikone Carl Lewis zu trainieren. „Die Lage ist immer noch schwierig, eine Einreise momentan gar nicht möglich", sagte Mihambo. Ihr Plan B ist deswegen kein schlechterer, mit Bundestrainer Uli Knapp hatte sie sich bereits auf Tokio vorbereitet. Und das bekanntlich mit großem Erfolg. Sie sei „sehr froh" über die weitere Zusammenarbeit, weil es auch „zwischenmenschlich gut" funktioniere. Trotzdem will Mihambo die Zeit nach Olympia nutzen, um „auch andere Trainingszentren kennenzulernen" – und Houston, wo der neunmalige Olympiasieger Lewis trainiert, sei irgendwann „auf jeden Fall ein Baustein in diesem Konstrukt".
Zunächst aber das ISTAF, wo sich die Macher schon auf die zweimalige „Sportlerin des Jahres" freuen. „Malaika ist eine Ausnahme-Athletin und ein absoluter Publikumsliebling in Berlin", sagte Meetingdirektor Seeber. Es sei „sensationell, dass sie jetzt auch noch mit einer Gold-Medaille zum großen ISTAF-Geburtstag kommt." Danach ist Zeit für Reisen und ihre vielen Hobbys wie das Klavierspielen und die Meditation. Diese Vielfalt neben dem Sport brauche sie, um „weiter zu wachsen und zu reifen, um glücklich zu sein". Denn: „Ich bin der festen Überzeugung, dass ich nur, wenn ich glücklich bin, eine gute Athletin sein kann."
KRISTIN PUDENZ
Sie war DIE positive Überraschung aus Sicht der deutschen Leichtathleten in Tokio. Mit ihrer Silbermedaille im Diskus hatte eigentlich niemand gerechnet – am wenigsten wohl sie selbst. Ohne das Regenchaos, das eine lange Pause nach sich zog, hätte die 28-Jährige bei der Siegerehrung wohl auch nicht auf dem Podest gestanden. „Das hat mir in die Karten gespielt", gibt sie zu. Doch 66,86 Meter muss man auch erst mal werfen, geschenkt bekam Pudenz das Edelmetall keineswegs. Und das will sie auch beim ISTAF beweisen. Hier ist sie eine der Stars, nachdem sie „jahrelang nur aus der zweiten Reihe zugeschaut" hat, wie sie selbst sagt.
Die Potsdamerin hat ihre Bestleistung in den vergangenen vier Jahren kontinuierlich um vier Meter gesteigert – und sie sieht noch Luft nach oben. Dafür arbeitet sie mit einem Ernährungsberater zusammen, um durch die Trennung von Fetten und Kohlenhydraten etwas Gewicht zu verlieren, ohne sich dabei ständig hungrig zu fühlen. Außerdem investiert sie Zeit in die Neuroathletik, um ihre Gehirn-Fuß-Koordination zu verbessern.
Und nicht zuletzt versucht Pudenz mithilfe eines Mentaltrainers die letzten Prozent rauszukitzeln. Mit Erfolg: „Wenn es im Training früher nicht so lief, die ersten zehn Würfe schlecht waren, habe ich es dann meist ganz gelassen, war bockig", sagte sie: „Jetzt bleibe ich dran, kämpfe mich durch." So wie bei Olympia, als sie im Regenchaos die Nerven behielt und deutlich stärker eingeschätzte Konkurrentinnen hinter sich ließ. Die Erwartungshaltung ist dadurch gestiegen, ein siebter Platz wie beim Diamond-League-Meeting in Paris wird in der Öffentlichkeit als kleine Enttäuschung gewertet. „Ich krieg jetzt häufiger mal gesagt: bei den Spielen in drei Jahren dann Gold? Das scheint der nächste logische Schritt zu sein." Aber eben nur auf dem Papier. Auch der Sieg beim ISTAF ist alles andere als sicher, da Olympiasiegerin Valarie Allman aus den USA gemeldet ist.
JOHANNES VETTER
Das Wichtigste für den Speerwerfer beim ISTAF ist: Im Berliner Olympiastadion ist kein Bodenbelag der Firma „Mondo" verlegt. Mit der Rutschpartie in Tokio, bei der er nach 19 Siegen in Folge das fest eingeplante Olympiagold meilenweit verfehlte, hat Vetter noch immer nicht seinen Frieden geschlossen. Die Wut im Bauch hilft dem Kraftpaket aber zumindest, sich im Endspurt der Saison wieder seiner Topform anzunähern. Beim Diamond-League-Meeting in Paris belegte der Weltmeister von 2017 den zweiten Platz hinter Anderson Peters (Grenada). Seine Weite von 87,20 Meter war nur unwesentlich kürzer als ein paar Tage zuvor in Lausanne (88,65). Ob Vetter beim ISTAF in Berlin die 90-Meter-Marke knackt, die er in dieser Saison schon mehrfach übertroffen hat, bleibt abzuwarten. Aber auf jeden Fall will er sich mit einem Sieg in die Pause verabschieden, die er nach dem bitteren Rückschlag von Tokio dringend braucht.
„Ich freue mich sehr auf Berlin – auf ein tolles Saisonfinale, das gleichzeitig den Urlaub einleitet und noch einmal ungeahnte Kräfte freisetzen kann", sagte der 28-Jährige. An einem Start beim traditionellen Meeting habe es für ihn trotz der anstrengenden und emotional schwierigen letzten Monate überhaupt keine Zweifel gehabt: „100 Jahre! Um das ISTAF beneidet man uns in der ganzen Welt." Außerdem hat Vetter beim ISTAF eine Serie zu verteidigen: Hier ist er noch ungeschlagen, hier hat er die Konkurrenz stets auf Distanz gehalten. „Das Jubiläum schreit nach dem fünften ISTAF-Sieg in Folge."
Der würde auch dafür sorgen, dass Zweifel an seiner Wurftechnik erst gar nicht aufkommen. „Biomechanikern aus Leipzig" hätten seine Versuche in Tokio untersucht und bestätigt: „Die sahen gut aus." Man hätte die Würfe „nur richtig hinstemmen müssen – und dann geht die Post ab". Doch das ging auf dem luftgepolsterten Belag nicht, schwerkräftige Athleten wie er waren benachteiligt. Vetter fühlt sich daher noch heute „betrogen", noch immer müsse er mit einem „einem leeren Gefühl von Machtlosigkeit" kämpfen. Ein ISTAF-Sieg wäre zumindest ein kleines Pflaster auf der Wunde.
GESA KRAUSE
Gesa Krause und das Olympiastadion – das ist eine ganz besondere Beziehung. Hier kürte sie sich 2018 zur Europameisterin, hier lief sie vor zwei Jahren über 2.000 Meter Hindernis zum umjubelten Weltrekord. „Berlin ist ein ganz besonderes Pflaster für mich", sagt die 29-Jährige daher. Sie freue sich „riesig, endlich mal wieder vor heimischem Publikum zu laufen." Das sei für sie „schon so lange her" und daher deshalb „etwas ganz Besonderes".
Zuletzt startete Krause bei Diamond-League-Meetings im europäischen Ausland – und natürlich bei Olympia in Tokio. Dort belegte die Hindernisläuferin über 3000 Meter den fünften Platz. „Definitiv eine gute Leistung", sagt sie selbst. Und doch sei sie „auch mit einem weinenden Auge" von den Spielen abgereist. Der Traum von einer Medaille blieb wie schon 2012 in London (Siebte) und vier Jahre später in Rio de Janeiro (Sechste) unerfüllt. Dass sie das nicht komplett aus der Bahn geworfen hat, bewies Krause beim Meeting in Eugene, als sie auf ihrer Paradestrecke die drittbeste Zeit ihrer Karriere lief.
Auch dem Berliner Publikum will sie etwas anbieten, selbst wenn der Körper sich nach der langen und strapaziösen Saison langsam mit Wehwehchen meldet. „Ich merke meinen Körper und meinen Fuß leider noch ein bisschen", sagt sie. Doch der Applaus von den Rängen und die Erinnerungen im Kopf dürften Gesa Krause beim ISTAF beflügeln. Und im kommenden Jahr nimmt sie einen neuen Anlauf auf eine Medaille: „Ich freue mich schon auf die Weltmeisterschaften im kommenden Jahr."