In der 3. Liga liefert der 1. FC Saarbrücken gegen den SV Wehen Wiesbaden ein kurioses Spiel ab. Die Ursache für die Ereignisse liegen dabei nicht nur auf dem Platz.
Was wäre wohl passiert, wäre der Anschlusstreffer von Justin Steinkötter ein paar Minuten früher gefallen? Fünf Minuten vor dem Ende erzielte der Angreifer das 3:4, und trotz stürmischer Attacken gelang dem FCS der Ausgleich gegen den SV Wehen Wiesbaden nicht mehr. 6.400 Zuschauer verwandelten den Ludwigspark am vergangenen Freitag in einen wahren Hexenkessel. Sage und schreibe 0:4 lag Uwe Koschinats Team zur Halbzeit zurück. Es war eigentlich kein Fußballspielen, es war ein Albtraum, eine regelrechte Demütigung. Kaum gelungene Aktionen und absolute Probleme bei hohen Bällen. Die Frage nach dem Fehlen von Dennis Erdmann drängt sich unweigerlich auf. Der zweite Akt der Sportgerichtsverhandlung wurde jedenfalls auf Montag gelegt, damit wird Erdmann auf jeden Fall auch in Köln pausieren müssen. Die Magdeburger Rassismusvorwürfe wiegen schwer. „Die Situation ist jetzt so wie sie ist, aber Dennis ist natürlich ein Teil von uns. Für uns ist es eine schwierige Sache, weil wir ja auch nicht genau wissen, was genau vorgefallen ist", sagte Koschinat und wollte das Fehlen des Abwehrspielers dennoch nicht als Alibi nutzen.
Welche Rolle spielt Erdmanns Fehlen?
Boné Uaferro ist langfristig verletzt, Steven Zellners Reha läuft zwar nach Plan, aber mit einem Einsatz noch in diesem Jahr ist nicht unbedingt zu rechnen. Ohne Vertrag absolviert auch Bjarne Thölke seine Reha in Saarbrücken. Doch ob er noch mal ein Thema wird, ist offen: „Ich kenne den Spieler so noch gar nicht, und wir müssen auch erst mal abwarten, wie seine Reha verläuft. Wir haben ihm angeboten, dass er hier wieder richtig fit werden kann, aber es ist jetzt sicherlich nicht so, dass er kurzfristig in unserer Planung eine Rolle spielt", sagte Koschinat. Bleibt mit dem jungen Rasim Bulic eigentlich nur noch einer, der die Innenverteidiger-Position auch schon gespielt hat. Doch in den Überlegungen des Trainers hat der 21-Jährige bisher nur eine untergeordnete Rolle gespielt. „Wenn man irgendwo startet, ist es ein Stück weit normal, dass man erst einmal auf Erfahrung setzt, aber Rasim arbeitet hart an sich und irgendwann wird er seine Chance bekommen", erklärte der Trainer. Möglicherweise schlägt Bulics Stunde bereits am Wochenende. Neuzugang Pius Krätschmer hat eine überragende Veranlagung, aber die fehlende Spielpraxis ist ihm deutlich anzumerken. Erdmann fehlt an allen Ecken und Enden, auch weil Kapitän Manuel Zeitz derzeit nicht fehlerfrei agiert. Zu allem Überfluss waren am vergangenen Freitag zumindest in der ersten Halbzeit beide defensive Außenbahnen riesige Baustellen. Dominik Ernst durfte sich wenigstens in der zweiten Halbzeit rehabilitieren, für Nick Galle war die Partie dagegen schon nach einer guten halben Stunde beendet.
Defensive Alternativen gehen aus
Der Linksverteidiger musste ebenso wie der schwache Dave Gnaase und der verletzte Robin Scheu vom Feld. Die Eingewechselten Tobias Jänicke, Mario Müller und Alex Groiss konnten Pluspunkte sammeln. Jänicke traf nach der Pause selbst, Müller leitete das 2:4 durch Adriano Grimaldi ein. Da lag der Ausgleich plötzlich noch mal im Bereich des Möglichen. Doch Steinkötters Treffer kam am Ende zu spät. „Es scheint, als habe der spektakuläre Sieg gegen Magdeburg Spuren hinterlassen. Vor allem in den Köpfen der Akteure. Schon die Vorbereitung für das Auswärtsspiel in Würzburg wurde von der Causa Erdmann überschattet. Zwei Tage vor einem wichtigen Spiel fand nun die erste mündliche Verhandlung statt, die am Donnerstag dieser Woche fortgesetzt wurde. Für Trainer Koschinat ist es schwer, den Fokus auf den Trainingsalltag zu legen. Fast die gesamte mediale Berichterstattung konzentriert sich auf die bislang völlig unbewiesenen Rassismusvorwürfe gegen Erdmann. Für den 1. FCS ist das jammerschade, denn die zwei Auftritte in Würzburg und gegen Wiesbaden mit nur einem Zähler trüben die bis dato ordentliche Startbilanz. Die personelle Situation wird nicht unbedingt besser, zumal nun auch Rechtsaußen Robin Scheu nach überstandener Verletzung schon wieder auszufallen droht. Doch es gibt auch positive Aspekte. Zuallererst ist das Publikum zu nennen, ausgehungert nach einem Jahr Corona-Abstinenz peitschen die Anhänger das Team immer wieder nach vorne. Auch in Köln werden mehrere hundert FCS-Fans vor Ort sein. Zum anderen überzeugt das Team durch Moral. Und auch sportlich ist nicht alles negativ. Die Routiniers Tobias Jänicke und Mario Müller zeigten gegen Wiesbaden aufsteigende Form. Sturm-Tank Adriano Grimaldi ist in Saarbrücken angekommen. Bleibt die Hoffnung, dass der Fall Erdmann mit dem Spiel in Köln abgeschlossen sein wird. So oder so. Denn am Ende ist Fußball auch immer eine Frage der Psyche.