Er war eine von den schillernden Figuren in der an speziellen Persönlichkeiten durchaus nicht armen Habsburger-Dynastie: Erzherzog Wilhelm Franz von Habsburg-Lothringen, der kurz vor der Wende zum 20. Jahrhundert geboren wurde. Er wuchs im väterlichen Schloss von Saybusch im damaligen Westgalizien auf, das heute zu Polen gehört. Ostgalizien ist die heutige Westukraine rund um Lemberg, von wo die ukrainische Autorin Natalka Sniadanko stammt.
Sniadanko hat sich des kaum bekannten Habsburgers angenommen und um seine Lebensgeschichte einen Roman gestrickt: „Der Erzherzog, der den Schwarzmarkt regierte, Matrosen liebte und mein Großvater wurde". Schon früh entdeckt Wilhelm, der nicht nur dem weiblichen Geschlecht zugetan war, seine Liebe zu Galizien. Bereits während des Ersten Weltkriegs schmiedet er Pläne und Allianzen für ein eigenes Kronland Ukraine in der K.-u.-k.-Monarchie mit ihm als König.
Der Roman ist eindeutig weniger schräg als es der etwas eigentümliche deutsche Titel vermuten ließe. Angeblich soll Erzherzog Wilhelm 1948 in einem Gefängniskrankenhaus von Kiew an Tuberkulose gestorben sein, doch die Autorin macht sich zunutze, dass auch andere Versionen von seinem Tod im Umlauf sind und lässt ihn noch einige Jahre in Lemberg weiterleben, sie stellt ihm sogar in diesen letzten Jahren eine Frau zur Seite: Großmutter Sofia, die eigentliche Hauptperson des Romans. Sie ist der wichtige Bezugspunkt im Leben ihrer Enkelin Halyna, die in den Wendejahren eine eigene Familie gründet. Halyna steht für ein weiteres Thema des Romans: die Rolle der Frau, insbesondere in der postkommunistischen Ukraine.
So springt Sniadanko im Roman ständig assoziativ, aber sehr unterhaltsam zwischen den einzelnen Handlungssträngen: vom maroden Schulsystem der Ukraine um die Jahrtausendwende ins bombardierte Wien des Zweiten Weltkriegs, dann in die Sommerfrische der Monarchie an der Adria.