„Infinite" erzählt von Menschen, die sich an alle ihre früheren Leben erinnern können. Der Film präsentiert vor allem spektakuläre Action, stellt aber auch wichtige Fragen nach der Verbindung von Vergangenem und Zukunft.
Science-Fiction-Filme sind immer etwas absurd und rätselhaft. Denn wie auch immer die Geschichte unsere Zukunft aussehen lässt – sie bleibt Fantasie, entstanden in den PCs und auf den Papieren von Drehbuchautoren, Set-Designern und Regisseuren. Was aber, wenn ein in der Gegenwart spielender Film mit der Vergangenheit spielt? Das müsste doch greifbarer sein, denn was gewesen ist, steht bekanntlich in Geschichtsbüchern. Der Action-Film „Infinite" ist so eine Story:
Infinites sammeln Wissen aus Jahrtausenden
Das Leben von Evan (Mark Wahlberg, „Ted 1+2" 2012/2015) ist schon immer ein großes Rätsel. Denn Evan hat stets geglaubt, schizophren zu sein. Durch die Einnahme zahlreicher Medikamente versuchte er Tag für Tag, sein Leben in geregelten Bahnen zu halten. Etwas Geld verdient er sich, indem er Samurai-Schwerter nach alter japanischer Tradition schmiedet, ohne diese Fähigkeit je gelernt zu haben. Als er eine dieser Waffen an Gangster verkauft, wird Evan von der Polizei erwischt und im Gefängnis von einem mysteriösen Mann namens Bathurst (Chiwetel Ejiofor, „12 Years a Slave", 2013) verhört. Bathurst behauptet, Evan seit Jahrhunderten zu kennen und erklärt ihm, dass seine vermeintlichen Halluzinationen echte Erinnerungen an zuvor gelebte Leben sind. Evan ist ein „Infinite" und gehört zu einer Gruppe von etwa 500 Menschen, die auf jedes Wissen zugreifen können, das ihre Seelen jemals in früheren Epochen gesammelt haben. Bathurst hält die Infinites für eine Gefahr, denn sie bringen aus ihren vergangenen Leben auch längst vergessene Fähigkeiten mit – und möglicherweise auch Informationen, die Bathurst lieber weiterhin verborgen wissen möchte. Daher wollen er und seine Anhänger den Kreislauf der Reinkarnation durchbrechen. Glücklicherweise wird Evan von der Infinite Nora Brightman (Sophie Cookson, „Kingsman 1+2" 2014/2017) und ihrem Team befreit. Gemeinsam wollen sie Bathurst aufhalten.
„Infinite"-Regisseur Antoine Fuqua hat mit Filmen wie „Training Day" (2001), „Olympus has fallen" (2013) und „The Equalizer 1 + 2" (2014 und 2018) zahlreiche Actionfans begeistert. Ein gehöriges Maß an Verfolgungsjagden, Schießereien und Stunts ist zu Fuquas Markenzeichen geworden. Auch für „Infinite" hat er diese Filmkunst in den Vordergrund gerückt – was optisch durchaus beeindruckt. So ist zum Beispiel die Eingangsszene mit Bathurst und Evan im Verhörraum besonders stark: Für ein vernünftiges Auto stellen Gefängnismauern kein Hindernis dar, bei der Flucht werden anschließend ganze Straßenzüge in Schutt und Asche gelegt. Die Verhörszene legt jedoch auch die philosophische Grundlage des Filmes. Denn das Tête-à-Tête zwischen Bathurst und Evan offenbart die Diskrepanz zwischen dem, was Bathurst weiß und allem, was Evan noch über sich selbst und die Menschheit herausfinden muss. Bevor diese Frage geklärt ist, lässt es Antoine Fugua noch häufiger mächtig knallen. Der Regisseur hat sich offenbar vorgenommen, die Actionszenen aus der Erfolgsreihe „Fast and Furious" noch zu toppen – und ist damit recht gut gelaufen. Die Kamera ist ständig in Bewegung, stets fahren Autos mit atemberaubender Geschwindigkeit vor irgendjemandem davon, und mit dem Flugzeug geht die Reise von einem Kontinent zum nächsten.
Actionreiche Szenen und Sinnfragen
Bei all der Action kommt der Zuschauer erst einmal kaum zum Überlegen, warum eigentlich der finstere Bathurst so versessen ist, den unschuldigen (und muskulös aufgepumpten) Evan zu töten und zudem mit einer chemischen Waffe die Fähigkeiten der Infinites auszulöschen. Dass die Balance zwischen Action und Inhalt nicht ausgewogen ist, ist etwas schade, denn die Sinnfragen bei „Infinite" sind interessant. Wie wichtig ist die Vergangenheit für die gesellschaftlichen Herausforderungen der Gegenwart? Nutzt die Menschheit ihre Kenntnisse ausreichend und nachhaltig, um die Erde zu einem lebenswerten Ort zu machen? Welches Potenzial hat das Gehirn, sich weiter zu etwas Größerem zu entwickeln? „Infinite" gibt ebenso wenig eindeutige Antworten wie andere Science-Fiction-Filme – ob sie nun die Zukunft prognostizieren oder in die Vergangenheit blicken. Sie bleiben absurd und rätselhaft.