Lange war es ruhig um das Sterne-Restaurant in Wallerfangen. Im Winter hörte unser Kolumnist, es solle verkauft werden. Eine Weile blieb es geschlossen. Doch nun ist das „Landwerk" wieder geöffnet. Gründe genug für einen Besuch.
Ich betrete das „Landwerk" und sehe sofort, dass hier die Zeit genutzt wurde, um das Sternehaus noch schöner zu machen. Küchenchef Marc Pink führt uns herum und erzählt uns im künftigen Bistrobereich, was sich in den vergangenen Monaten so alles ereignet hat.
„Das Haus wurde verkauft. Im Januar erfuhren wir dies vom alten Besitzer", erzählt Marc Pink. „Alles ging relativ zügig über die Bühne. Im März meldete sich der neue Besitzer, Ingo Stotzem, bei mir." Stotzem stammt selbst aus der Gastronomie, hatte und hat auch noch andere Läden. Er ist gelernter Koch und Konditor. „Er war gleich anfangs hier, und wir machten einen Nachmittag lang gemeinsam Pralinen", erzählt Pink weiter.
Die bisherige Lounge ist einem Bistro gewichen
Gemeinsam nutzen sie das Frühjahr für Verschönerungsarbeiten, nahmen einige kleine Veränderungen vor, ehe am 12. Juli wiedereröffnet wurde. Die ursprüngliche Lounge gibt es so nicht mehr, sie wurde zu einem Bistro umfunktioniert. Die Karte steht bereits, es werden drei, vier Vorspeisen notiert sein, natürlich vegetarische Angebote, ein Fischgang und eine Beef-Karte. Dort findet der Gast dann Entrecôte und Rinderfilet. Vielleicht auch etwas vom Schwein. Beilagen, etwa Süßkartoffel-Pommes, kann sich jeder selber aussuchen.
So zumindest der Plan, denn wann es tatsächlich los geht mit dem Bistro hängt davon ab, wann sie weiteres Personal finden. Ein grundsätzliches Problem in der Gastronomie, und durch die Corona-Pandemie hat sich die Personalsituation in der Branche generell nochmals verschärft.
Auch im eigentlichen Restaurant hat sich ein bisschen was verändert. Wenn man die Karte aufschlägt, findet man nun linker Hand das „Vegi Menü", auf der rechten Seite der Karte steht „Menü". Mehr nicht. Marc Pink erklärt: „Wir wollen künftig ein solides vegetarisches Menü anbieten. Ich finde es für Vegetarier schwierig bei einem Besuch in einem Sternerestaurant, wenn nur die Beilagen des normalen Menüs gekocht werden. Das ist einfach nicht richtig. Unser Konzept sieht jetzt so aus, dass wir immer ein vegetarisches Menü auf der Karte haben. Und das läuft auch erstaunlich gut."
Festes vegetarisches Menü seit der Wiedereröffnung
Ich habe selbst die Beobachtung gemacht, dass Menschen, die sehr flexibel essen, auch solch ein Angebot gerne annehmen. Für Restaurant und Kunde bedeutet dies, dass es ein Argument mehr gibt, dieses oder jenes Restaurant zu besuchen, da sich die Geschmacksvielfalt sehr vergrößert hat. Ein wahrer Gourmet steht ja eher auf die Sinfonie als auf den einzelnen Ton, um es musikalisch zu beschreiben.
Marc Pink ist auf dem Weg, neue Türen aufzumachen. Er hat den langen Atem, will noch viel mehr erreichen als bislang schon.
Seit drei Jahren bereits leuchtet der Michelin-Stern an der Eingangspforte. Und das soll es noch nicht gewesen sein. Marc Pink ist ein Koch, der seinen eigenen Stil entwickelt hat. Man merkt sehr schnell: So kocht nur er. Natürlich hat er von all seinen Lehrmeistern etwas mitgenommen, doch sein Konzept ist sein eigenes. Ganz viel hat er Klaus Erfort zu verdanken bei seiner beruflichen Entwicklung, doch auch Sven Elversfeld, Christian Jürgens und Jan Hartwig prägten ihn. Wer diese Namen nicht kennt: Sie gehören zu den Besten in Deutschland!
Ich schaue mir die beiden Menüs einmal genauer an. Das „Vegi Menü" bietet Rettich, Gurke, Buttermilch und rosa Ingwer; Artischocken, Aubergine, Trüffel und Brot; grüner Spargel, Yuzu-Hollandaise, Schwarzer Sesam; Dim Sum vom Champignon, Zwiebel, geschmorte Karotte mit Pflaume und Curry, Couscous, Kefir; Millefeuille von der Himbeere. Das zweite Menü Langustinen-Tatar, Ingwer-Vinaigrette und Papaya; Edelfisch, Artischocke, Aubergine, Tomate; Hummer Blumenkohl, Vanille; Dim Sum von der Ente, Lauch, Topinambur; Miral Taube, Chicorée orange; Onglet Sellerie, Pilze, Spitzkohl; Cassis, Joghurt und Melone.
Ich schaffe natürlich nicht beide Menüs. Ich probiere aber hier, goutiere da. Es sind zwei außergewöhnlich gute Menüs. Nichts ist abgekupfert, es ist die Handschrift von Marc Pink, einem der besten Köche weit und breit. Er macht übrigens gerade in Saarbrücken seinen Meisterbrief. Da es keine Karte mehr gibt, sondern nur noch diese beiden Menüs, liegt es auch am Gast selbst, einzelne Gänge zusammenzustellen. Der Gast kann bei den Menüs zwischen drei bis sieben Gängen wählen.
Die Weinkarte gibt es hier übrigens nun elektronisch. Das ist in anderen Häusern mittlerweile auch schon so, doch diese Karte hat so einiges, was ich bisher noch nicht gesehen habe. Zu jedem Wein gibt es eine ausführliche Weinbeschreibung. Dies ist bei der Auswahl sehr hilfreich. Insbesondere wenn es sich um Weine handelt, die man persönlich vielleicht noch gar nicht kennt.
Digitale Weinkarte bietet viele Infos zu jedem Tropfen
Sucht der Gast etwa nach Chardonnay oder Riesling, zeigt die digitale Karte alle Weine an, auch aus unterschiedlichen Ländern. Zwei kleine Beispiele. Ich entscheide mich für einen Garnier & Fils, Petit Chablis blanc von 2019 und das spuckt die digitale Karte an Informationen dazu aus: „Das Petit Chablis dürfte zu den meistunterschätzten Appellationen Frankreichs gehören, zumindest was die ernsthaften Erzeuger betrifft, zu denen Garnier & Fils zweifelsohne gehört. Das Petit Chablis heißt so, weil es tatsächlich die kleineren Weine rund um den Kern des Chablis mit all seinen „Premiers Crus" und „Grands Crus" bildet. Bei Garnier & Fils bekommt man aus diesen Randlagen Weine mit einem überragenden Preis-Genuss-Verhältnis. Wenn man so will, dann ist das der Gutswein des Weinguts, in seiner Beschaffenheit unverwechselbar. Das ist 100 Prozent „Chablis": hell mit grünen Reflexen, zitrisch gelb mit reifen grünen Aromen. Im Prinzip ein Wein, der die Tugenden eines klassischen Chardonnay mit dem Charakter eines jungen „Sancerre" verbindet."
Geradezu schwärmerisch liest sich die Beschreibung des López de Heredia, „Viña Tondonia" Reserva DOCa Rioja, tinto, aus dem Jahr 2009. Ein Auszug: „Dieser Wein ist nicht nur einer der großen Klassiker der iberischen Halbinsel, nein, der ganzen Weinwelt. Er ist der berühmteste Wein des Weinguts R. López de Heredia, und er ist einer der wunderbarsten Rotweine, die Sie überhaupt kaufen können (oder sogar kaufen müssen). Das sagen wir ganz selbstbewusst, und wir wissen, dass uns viele Weinliebhaber, die den Weinen dieses Guts schon lange verfallen sind, unumwunden zustimmen werden. Es gibt einfach Weine, und dazu gehört diese Reserva, die so einzigartig in ihrem Charakter, so spannungsvoll und so balanciert sind, dass man sie nie mehr vergisst. (…) Uns bedeutet es viel, Ihnen einen der wunderbarsten Weine Spaniens vorstellen zu können."
Eine prima Idee, diese elektronische Weinkarte. Mich hat sie begeistert.