In Luxemburg ist Tommy Wirtz ein Handball-Star. Beim deutschen Drittligisten HG Saarlouis soll er – wie auch in der luxemburgischen Nationalmannschaft – mehr Verantwortung übernehmen. „Das gefällt mir", sagt der 29-jährige Grundschullehrer.
Als er nach Saarlouis kam, kannte ihn niemand. Dabei war er schon damals einer der besten – vielleicht sogar der beste – Handballer in seinem Heimatland Luxemburg: Tommy Wirtz. Der heute 29-jährige luxemburgische Nationalspieler kam 2019 zum ersten Mal zum Handball-Drittligisten HG Saarlouis und mauserte sich schnell zum Publikumsliebling. Vorher spielte er ausschließlich für seinen Heimatverein HB Dudelange (deutsch: Düdelingen). Nach einem Gastspiel beim Zweitligisten DJK Rimpar (2020/2021) kehrte der Linksaußen zur laufenden Saison zurück und führt die Mannschaft seither als Leistungsträger an.
Ein kurzes Gastspiel in Rimpar
„Sportlich hat es mir in Rimpar sehr gut gefallen. Es ist nicht so, dass ich deshalb wieder wegwollte", sagt er über den bewussten Rückschritt von der Zweit- in die Drittklassigkeit. Vielmehr machte ihm die Corona-Situation mehr zu schaffen als allen anderen Spielern: „Meine Freundin und mein Job waren nun einmal in Luxemburg. Dort ist alles für meine Zukunft bereitet", erklärt er, „Um die Erfahrung des Profilebens in der 2. Bundesliga machen zu können, habe ich all das quasi auf Eis gelegt." Durch die Corona-Situation entwickelten sich die Umstände allerdings nicht so, wie er es sich vorgestellt hatte: Zu den Spielen waren keine Zuschauer zugelassen, aufgrund der Einschränkungen im Alltag war es nicht möglich, Land und Leute kennenzulernen und einiges mehr machte es ihm in Würzburg „mental sehr schwer. Ich habe festgestellt, dass es mir das nicht wert ist, nur um eine halbe Erfahrung zu erleben." Sein Ziel, als erster Luxemburger den Sprung in die 2. Bundesliga in Deutschland zu schaffen und sportlich mithalten zu können, hatte er da ja schon erreicht. „Darüber bin ich sehr froh und hätte gerne auch noch mehr versucht", sagt er, „Aber es ist halt blöd gelaufen, und deshalb war für mich klar: Ich gehe zurück in die Heimat."
Nach seiner Entscheidung, das Abenteuer 2. Bundesliga wieder zu beenden, war schon die nächste Entscheidung fällig: Entweder wechselt er zu einem Spitzenclub nach Luxemburg oder zurück zur HG Saarlouis. Die Wahl fiel erneut auf die HG Saarlouis, „weil mir hier die Möglichkeit gegeben wurde, auf einem höheren Niveau zu spielen und alles miteinander kombinieren zu können. Ich bin froh, wieder hier zu sein und ein neues Kapitel aufzuschlagen", sagt Wirtz, der in Saarlouis vor allem die familiäre Atmosphäre neben dem Feld und den Zusammenhalt in der Mannschaft schätzt. Auch die Professionalität hat es ihm angetan: „Wir trainieren hier deutlich häufiger und intensiver als in der 1. Liga in Luxemburg. Dort sind alle berufstätig, und Handball steht nicht an erster Stelle, sondern ist eher ein Hobby", erklärt er.
All das hat er bereits nach seinem ersten Wechsel ins Saarland kennengelernt. Dass ihn nach seiner Ankunft weder Zuschauer noch Mitspieler kannten, fand er „ehrlich gesagt geil. In Luxemburg ist das anders, dort kennt jeder jeden", verrät er lachend. Allerdings kannte ihn auch hier schon mindestens einer: Für HG-Trainer Philipp Kessler war Tommy Wirtz schon lange ein Wunschspieler. „Ich bin sehr froh, dass wir ihn in unseren Reihen haben werden. Tommy ist ein sicherer Schütze von der Außenposition und im Gegenstoßspiel, hat auch schon auf Rückraummitte bewiesen, dass er über viel Spielwitz und Spielfreude verfügt", schwärmte Kessler damals anlässlich seiner Verpflichtung. „Ich wurde hier sehr offen aufgenommen und habe mich von Anfang an sehr wohlgefühlt. Das braucht man als Spieler, um seine Leistung zu bringen", erinnert sich Wirtz, den auch die einzigartige Stimmung in der Stadtgartenhalle schnell überzeugte: „Es ist richtig geil, dort auflaufen zu dürfen. Die Fans stehen immer hinter einem", hat er festgestellt. Auch nach seinem Wechsel nach Rimpar hielten die HG-Verantwortlichen immer den Kontakt und haben immer mal wieder nachgefragt, wie es ihm geht. „Solche Dinge sind mir als Sportler auch wichtig. Auch deshalb war meine Entscheidung zur Rückkehr schnell getroffen", blickt Wirtz zurück.
Wirtz übernimmt Verantwortung
Die von seinem Trainer schon damals geschätzten Eigenschaften bringt der Linksaußen auch in der laufenden Saison auf die Platte. Mehr noch: Inzwischen trägt er auf dem Feld mehr Verantwortung und hat eine Führungsrolle übernommen. „In Rimpar war das anders, aber ich mag es, Verantwortung zu übernehmen", sagt der 29-jährige Grundschullehrer. Seine pädagogische Ausbildung hilft ihm dabei, die neuen Aufgaben zu meistern. Zum Beispiel als Mentor des gerade einmal 17 Jahre alten Elias Noh, seinem Backup auf Linksaußen. „Ich freue mich sehr, ihm mit meiner Erfahrung und ein paar Tipps helfen zu können. So etwas gefällt mir schon sehr gut, aber in eine solche Rolle muss man sich erst einleben", weiß Wirtz und gesteht: „Es wurde ja nicht vorher so festgelegt, dass ich das sein soll. Ich mache halt das, wofür mich der Trainer braucht."
Was Trainer brauchen, weiß Tommy Wirtz aus eigener Erfahrung. In seinem Heimatverein HB Dudelange hat er nicht nur die gesamte Jugendabteilung als Spieler durchlebt und sammelte mit der 1. Mannschaft auch international Erfahrung. Zeitweise war er als Trainer für die U19-Jungs und die U17-Mädchen zuständig. Selbst kam Wirtz, der aus einer überaus sportlichen Familie stammt, schon als kleiner Junge zum Handball. Sein Vater war selbst Spieler und Trainer, seine Mutter ist Fitnesstrainerin und war früher in der Leichtathletik aktiv, sein Bruder ist Basketballer. Die Tatsache, dass sich Wirtz zum wohl besten Handballer seines Landes entwickelt hat, scheint die Entscheidung pro Handball zu bestätigen. Mit 18 Jahren bestritt er sein erstes Länderspiel. Inzwischen ist er der Führungsspieler der im Umbruch befindlichen Nationalmannschaft und hat auch hier die klare Aufgabe, junge Talente mitzuziehen und besser zu machen. „Das ist auch hier neu für mich, vorher musste ich nur meine Leistung bringen und das war es dann", betont Wirtz.
Was in der laufenden Saison auf die HG Saarlouis zukommt, weiß er nicht. „Es gibt wieder einen neuen Modus und wir sind wieder in eine neue Staffel gekommen. Ich kenne nicht alle Mannschaften", gibt er zu, haut aber dennoch eine Ansage raus: „Ich weiß nur, wie wir aufgestellt sind und dass wir jedes Team in der Liga schlagen können."