Was passiert, wenn eine Band ihren Stil plötzlich radikal ändert? Einerseits wird man den Aufschrei der Enttäuschten hören. Vornehmlich von jenen Fans, die den Weg der Band von Anfang an verfolgt haben, sie quasi zu dem gemacht haben, was sie heute ist. Und nun ändert die Gruppe einfach ihren Stil, ohne gefragt zu haben. Das grenzt an Verrat und Frevel. Auf der anderen Seite eröffnet sich mit der neuen musikalischen Ausrichtung auch ein Tor, und es ergibt sich die Möglichkeit, die Band ganz neu kennen und lieben zu lernen. So gesehen haben die Amerikaner Deafheaven mit ihrem neuen Album „Infinite Granite" alles richtig gemacht. Im Jahr 2010 einst als energiegeladene Post-Metal-Band mit Black-Metal-Anleihen gestartet, klingen die US-Boys auf ihrem fünften Album deutlich eingängiger und relaxter als auf früheren Platten. Das liegt an den griffigeren Songstrukturen, aber in erster Linie am Gesang von George Clarke, der mit seiner melancholischen Klarstimme den neun Songs auf „Infinite Granite" seinen Stempel aufdrückt. In Verbindung mit den ätherischen Gitarrenmelodien entsteht ein Sound, den man am besten als Mischung aus Shoegaze und Post-Rock bezeichnen kann. Irgendwie, als hätten sich Slowdive, Dredg und Aereogramme zusammengetan, um die Welt zu erobern. Nur noch sporadisch kehren Deafheaven zu ihren Wurzeln zurück. Auf „Mombasa", dem letzten Song des Albums, toben sich die Amerikaner noch einmal richtig aus und zeigen, dass sie auch noch anders können. Hier türmen sich verzerrte Gitarren, Schreie und wildes Drumming bis zum Himmel.
Highlights auf diesem atmosphärisch dichten und hervorragend produzierten Album sind der Opener „Shellstar", der sich wie eine ruhigere Dredg-Nummer präsentiert, der treibende Indie-Shoegaze-Hit „Great Mass Of Colour" oder das fantastische „The Gnashing".
Deafheaven haben sich entschieden, neue musikalische Wege zu gehen – und dieses neue Gewand steht ihnen verdammt gut. Ein Album, das man sehr oft hören kann, ohne dass es sich abnutzt. Im Gegenteil, mit jedem Hördurchgang wird es besser. Und das ist letztlich das größte Kompliment, das man einer Band machen kann.