Christoph Maria Herbst und Nilam Farooq spielen die Hauptrollen in Sönke Wortmanns neuem Film. „Contra" läuft seit dem 28. Oktober im Kino.
Richard Pohl (Christoph Maria Herbst) ist ein Zyniker. Wortgewandt fesselt der Juraprofessor in seinen Vorlesungen die Studierenden. Doch als die Studienanfängerin Naima (Nilam Farooq) zu spät kommt, geht er zu weit. Ein Video, in dem er die Studentin rassistisch beleidigt, macht im Internet die Runde. Und Pohl steht ein Disziplinarverfahren bevor. Der Präsident der Uni, der der Sache nachgehen muss, aber eigentlich ein Freund Pohls ist, rät ihm, Naima, die an einem Debattierwettbewerb teilnehmen will, zu coachen. Das würde sich sicherlich positiv auf das Disziplinarverfahren auswirken.
Zwei ungleiche Charaktere treffen aufeinander: Das ist schon oft die Grundlage für eine gute Komödie gewesen. Und es funktioniert in Sönke Wortmanns neuem Film „Contra". Was sicherlich auch daran liegt, dass die beiden Hauptfiguren aus völlig unterschiedlichen Welten kommen.
Richtig debattieren will gelernt sein
Zunächst widerwillig geht Pohl, der ein Meister des Debattierens ist, auf Naima zu. Und genauso widerwillig stimmt sie zu, sich von ihm helfen zu lassen. Doch mit der Zeit lernen die beiden einander schätzen, sie geben persönliche Details preis und werden so etwas wie Freunde. Gleichzeitig kommt Naima bei dem Wettbewerb Runde um Runde weiter.
„Contra" ist ein Film, der vor allem von der Leistung seiner beiden Hauptdarsteller lebt. Hier ist Christoph Maria Herbst ganz in seinem Element. Wer etwa die Serie „Stromberg" oder den Spielfilm „Der Vorname" von 2018 (bei dem ebenfalls Sönke Wortmann Regie geführt hat) gesehen hat, weiß, wie gut Herbst es beherrscht, mitunter freundlich klingende, aber oft hundsgemein böse, doppelbödige Botschaften zu präsentieren. Nilam Farooq, die zum Zeitpunkt der Dreharbeiten im Sommer 2019 29 Jahre alt war, nimmt man die Rolle der deutlich jüngeren Studentin ohne weiteres ab. Auch sie hat eine Menge Erfahrung vor der Kamera: Für ihre Rolle in dem Horrorfilm „Heilstätten" (2018) etwa wurde sie mit dem Jupiter Award ausgezeichnet.
Die Kulisse für einen Großteil der Handlung ist das I.G.-Farben-Haus in Frankfurt, das heute zur Johann Wolfgang Goethe-Universität gehört. Es ist entscheidend für die Atmosphäre des Films. Das Gebäude ist ein herausragendes Beispiel für die Architektur der Neuen Sachlichkeit; wesentliche Bestandteile wie die Eingangshalle und die Cafeteria sind im Film zu sehen, ebenso Außenaufnahmen auf dem weitläufigen Campus-Gelände. Ein Leckerbissen für Technikfans sind die leider im Film nicht zu sehenden sechs Paternoster-Aufzüge, die jeweils sieben Stockwerke des Hauptgebäudes miteinander verbinden. Auf die Geschichte des Geländes geht der Film zwar nicht ein, sie ist aber hochinteressant: Das von 1928 bis 1931 nach Entwürfen von Hans Poelzig gebaute Haus war die Zentralverwaltung der I.G. Farben, eines Zusammenschlusses von acht großen deutschen Chemie-Unternehmen. Noch heute strahlt das Gebäude die Macht aus, die der Konzern damals besaß. Aufgrund ihrer massiven Unterstützung für das NS-Regime wurde die I.G. Farben – die unter anderem das Konzentrationslager Auschwitz III Monowitz bauen ließ – nach dem Zweiten Weltkrieg zerschlagen. Von 1945 bis 1995 nutzte das US-Militär das Gelände, ab 2001 zog dann – verbunden mit einer umfassenden Sanierung – nach und nach die Universität ein.
Remake des französischen Films „Le Brio"
Ein Stück weit werden beim Anschauen von „Contra" Erinnerungen an einen alten Film von Sönke Wortmann wach, an „Kleine Haie" aus dem Jahr 1992. Darin machte er die Auswahlverfahren der deutschen Schauspielschulen zum Thema – eine Erfahrung, die all diejenigen, die dort studieren wollten, real gemacht haben. Auch Debattierwettbewerbe für Schüler und Studenten gibt es im echten Leben in üppiger Zahl und das nicht nur in Deutschland.
Eigentlich ist es ja eher eine Angewohnheit in der amerikanischen Filmindustrie, von erfolgreichen Filmen aus anderen Ländern Remakes zu produzieren. Trotzdem hat Wortmann dies nun schon zum zweiten Mal getan. „Contra" ist ein Remake des Films „Die brillante Mademoiselle Neïla" – im Original „Le brio" – des französischen Regisseurs Yvan Attal aus dem Jahr 2017, der ein großer Erfolg war.