Nur weil der Winter naht, muss das kein Grund sein, das Fahrrad stehen zu lassen. Auch bei klirrender Kälte, Schnee und Glatteis kann man sich mit spezieller Kleidung und passendem Zubehör sicher von A nach B bewegen.
Wenn draußen Minusgrade herrschen und die Tage kürzer werden, sinkt bei den meisten die Motivation, um aufs Rad zu steigen. Doch keiner, der gerne Ganzjahresradler wäre, muss vor dem inneren Faulpelz kapitulieren. Mit entsprechender Outdoor-Kleidung und winterfester Ausrüstung macht das Radfahren selbst in den kühleren und tageslichtärmeren Monaten richtig viel Spaß. Und auch wenn sich die meisten Fahrradunfälle im Sommerhalbjahr ereignen, sollte das kein Freibrief für sorgloses Radeln in den Herbst- und Wintermonaten sein.
Das Statistische Bundesamt weist zu Recht darauf hin, dass die Fahrradsaison in den vergangenen Jahren länger geworden ist. Laut den Statistikern nutzen immer mehr Menschen das Rad für den Weg zum Arbeitsplatz oder zur Ausbildungsstätte. Daher kommt es an Werktagen mehr zu Fahrradunfällen als am Wochenende. Im vorigen Jahr kamen der Bundesbehörde zufolge 426 Menschen mit dem Fahrrad auf den Straßen hierzulande ums Leben. Immerhin waren das gegenüber 2019 4,3 Prozent weniger getötete Radler. Auffallend ist, dass 2020 innerhalb von Ortschaften 810 Menschen starben, unter ihnen 254 Radfahrer. Innerhalb von Ortschaften spielt sich der größte Teil des Rad- und Fußgängerverkehrs ab.
Natürlich sollten sich Velo-Enthusiasten, ehe sie sich auf den Sattel setzen, der Witterung angepasst kleiden – am besten von Kopf bis Fuß. Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) gibt auf seiner Webseite einige Tipps für das zur Jahreszeit passende Zubehör. Für Hals und Kopf sind vor allem bei kühler Witterung sogenannte Schlauchtücher – auch Buffs genannt – hilfreich. Die aus Funktionsfasern hergestellten Tücher sind vielseitig einsetzbar: Sie halten den Hals warm, können über die Nase gezogen das Gesicht vor kaltem Fahrtwind schützen oder wahlweise als Mütze oder Stirnband getragen werden.
ADFC empfiehlt dicke Handschuhe
Geradezu überlebenswichtig für alle Fahrradfahrer, die im Winterhalbjahr unterwegs sind: Fahrradhandschuhe nicht vergessen. Denn laut ADFC sind kalte Hände der Feind von Radfahrern. Werden die Finger von der Kälte steif, können sie nicht mehr richtig die Schalt- und Bremshebel bedienen – folglich schwindet das Sicherheitsgefühl beim Fahren. Daher empfiehlt der Fahrradclub den Kauf winddichter Handschuhe. Zum Beispiel eignen sich für die Übergangszeit atmungsaktive Modelle aus Neopren gut, die eine eng anliegende Stulpe haben und so die Zugluft fernhalten. Ohne Weiteres können diese auch einen Schauer überstehen, ohne dass dabei die Hände nass werden. Bei klirrend-kaltem Wetter sollte man gar „extra dicke Handschuhe" anziehen. Mit Fäustlingen lassen sich allerdings Gangschaltung und Bremsen schlecht bedienen, räumt der ADFC ein.
„Die Sichtbarkeit der Kleidung ist in der dunklen Jahreszeit das A und O. Außerdem sollte eine vernünftige, moderne Funktionskleidung selbstverständlich sein", sagt Tobias Hempelmann, Inhaber des Fahrradgeschäftes „Hempelmann Lippe-Bikes" im nordrhein-westfälischen Lage. Damit man besser geschützt ist, sollte man unbedingt ganzjährig einen Helm tragen. „Was wir momentan sehr viel verkaufen, sind beispielsweise Helme mit eingebauter Beleuchtung", so Hempelmann. Mitunter seien in einige Helm-Modelle auch Fahrtrichtungsanzeiger integriert. Problemlos lassen sich jedoch jene Fahrradhelme ohne integrierte Beleuchtung aufrüsten – entweder mit passender Leuchte des Herstellers oder einer Universal-Lösung. Alternativ rate er zu blinkenden LEDs, die sich an Rucksäcken oder Fahrrad-Packtaschen festklemmen lassen. „Jeder muss einschätzen können, wie gut man selbst sichtbar ist", meint Hempelmann.
Ein heller Helm hilft ebenfalls
Eine funktionstüchtige Beleuchtung am Rad ist zwar ohnehin Pflicht, damit man sich als Radfahrender im Straßenverkehr sicher bewegen kann, aber in der Dunkelheit und bei trüben Sichtverhältnissen ist sie unentbehrlicher denn je. Seit der Abschaffung der Dynamopflicht sind auch batterie- oder akkubetriebene Scheinwerfer und Rückleuchten zulässig, schreibt der ADFC. Daher sein Tipp: Wer sich regelmäßig aufs Rad schwingt, sollte sich für eine fest installierte, von einem Dynamo betriebene Leuchte entscheiden.
Fahrradhändler Hempelmann empfiehlt allen Radfahrern in der Übergangs- und Winterzeit eine „gute Beleuchtung". Für Frontscheinwerfer liegt die Preisspanne ungefähr zwischen 15 und 150 Euro – allerdings unterscheiden sich das günstigere und das teurere Modell deutlich in puncto Ausleuchtung. Ganzjahresfahrer sollten in eine „bessere Beleuchtung investieren", sprich ein Augenmerk auf ein „Mehr an Lichtstärke und eine optimale Ausleuchtung der Fahrbahn" legen. Der Fahrrad-Experte gibt zu bedenken, dass man das Frontlicht abhängig von der täglich zurückgelegten Fahrstrecke wählen sollte. Wer beispielsweise regelmäßig durch Wald oder auf verkehrsärmeren Landstraßen fährt, sollte einen leistungsstärkeren Scheinwerfer wählen als derjenige, dessen Wegstrecke an einer beleuchteten Bundesstraße entlangführt. Daher sei es schwierig eine generelle Empfehlung abzugeben, sagt das Vorstandsmitglied im Verband des Deutschen Zweiradhandels.
Wer oft mit dem Rad im Alltag unterwegs ist, sollte zudem auf eine „gute Bereifung" achten, das heißt auf „breitere Reifen mit ausreichender Profilstärke". „Fährt man bei regnerischem Wetter, und es liegt Laub auf den Straßen, sind qualitativ gute Reifen mit passendem Luftdruck und guter Gummimischung wichtig", hebt der Einzelhändler hervor. Zusätzlich zu den Reifen-Reflektoren verwenden Alltagsradfahrer sogenannte Stickies, also stäbchenförmige Reflektoren zum Festklippen an den Speichen. „So werden Radfahrer im Querverkehr besser gesehen", erklärt Hempelmann.
Auch wenn in unseren Breiten wegen des Klimawandels die Winter eher mild denn frostig-kalt werden: Vereiste Fahrbahnen oder festgefahrene Schneedecken sind dennoch keine Seltenheit. Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) hält daher eine Reihe von Tipps für das Radfahren in den Wintermonaten bereit.
Auf schneebedeckten Straßen greifen die Bremsen nicht wie auf trockener Fahrbahn. Daher verlängert sich dementsprechend der Bremsweg für Radfahrende. Der DVR rät zu langsamem und umsichtigem Fahren. Besonders vor Kurven sollte man „frühzeitig und maßvoll bremsen" – und zwar gleichzeitig mit Vorder- und Rücktrittbremse. Damit die Reifen nicht die Haftung verlieren, sollte man in der Kurve keinesfalls die Bremsen betätigen und in die Pedale treten. Für einen besseren Halt auf der Fahrbahn empfiehlt es sich, den Luftdruck zu senken. Der Haken dabei: Man kommt langsamer ans Ziel.
Für ein sicheres Fahrgefühl empfiehlt der Verkehrssicherheitsrat verschiedene Hilfsmittel, zum Beispiel spezielle Winterbereifung. Der spezielle Aufbau etwa von Spikes verbessert den Grip bei Schnee. Dadurch haften die Reifen besonders gut auf der Fahrbahn. Reflektierende Bänder an den Beinen können dabei helfen, dass Autofahrer einen schneller und besser sehen. „Autofahrende sehen durch die Frontscheibe zuerst die untere Körperhälfte von erwachsenen Radfahrenden", heißt es dazu auf der Webseite des DVR. Zudem hilft ein heller Helm, der idealerweise mit Reflektoren ausgestattet sein sollte, besser im Straßenverkehr gesehen zu werden. Ein Helm kann vor schweren Kopfverletzungen schützen, argumentiert die Organisation, der rund 200 Mitglieder angeschlossen sind. Darunter sind Ministerien, Verbände und Unfallkassen. Gerade wenn Radfahrer mit dem Kopf auf vereisten Untergrund aufprallen, kann das verheerende Folgen haben.
Wenn man in die – zugegeben eher seltene – Situation gerät, dass man mit dem Rad über Glatteis fährt, sollte man ausrollen lassen und vom Fahrrad absteigen, rät der DVR. Denn hier ist die Situation für Radelnde noch unberechenbarer als auf Schnee und Matsch. Außerdem weist der Verkehrssicherheitsrat darauf hin, dass nicht geräumte, benutzungspflichtige Radwege nicht befahren werden müssen. Falls es dazu kommt, können Radfahrer bedenkenlos auf die Fahrbahn ausweichen.