Was könnte die zurückgewonnene Lebensfreude nach Lockerungen der Corona-Einschränkungen besser verdeutlichen, als die Rückkehr der glamourösen Partyklamotten und Abendroben? Inspiriert vom Flapperstyle der Goldenen Zwanziger und vom funkelnden Disco-Look.
Lange genug ungeduldig mit den Hufen gescharrt. Also raus aus Jogginghose und Hoodie, weg mit den Birkenstocks oder anderen Bequemlatschen. Und rein in glamouröse Fummel. Denn diesen Winter ist wieder Party Time angesagt. Zumindest haben das die internationalen Designer so beschlossen und daher in ihren aktuellen Kollektionen eine frappierend hohe Zahl an schillernd-funkelnden Klamotten präsentiert. Fashion in Gestalt von verführerischen Partydresses oder eleganten Abendroben gewissermaßen als Dopamin für neue Lebensfreude oder Glücksgefühle nach dem erhofften Abflauen der Corona-Pandemie.
Mit dem Ende der Pandemie zu neuen Glücksgefühlen
Etwas voreilig optimistische Brands wie Valentino, Isabel Marant, Carolina Herrera oder Miu Miu hatten schon in ihren Sommerkollektionen 2021 auf Glamour und Extravaganz gesetzt und dafür vor allem Pailletten in ihrem Mode-Feldzug mitgeführt. Valentino hatte eine funkelnde Robe mit Fransen im Stil der Roaring Twenties gezeigt, Isabel Marant ein kurzes, asymmetrisch geschnittenes 80er-Paillettenkleid mit einem Puffärmel. Miu Miu und Carolina Herrera ließen Babydoll-Kleider im Paillettenglanz erstrahlen. Vermutlich waren die Kreationen in den ersten Monaten des Jahres 2021 Ladenhüter. Nicht nur weil viele Geschäfte geschlossen bleiben mussten, sondern auch weil feine Ausgehklamotten bei Fashionistas angesichts des Infektionsgeschehens und des daraus resultierenden Verbots von Treffen in Clubs, Bars oder Restaurants einfach nicht gefragt waren.
Doch mit Fortschreiten der weltweiten Impfkampagne sollte sich das bald ändern. Und die Designer hatten glücklicherweise ihre am Jahresanfang vorgestellten Winterkollektionen noch rechtzeitig mit Blick auf die Schutz versprechenden Vakzine umstellen können. Das Modeportal Lyst.com hatte schon Anfang April einen bemerkenswerten Anstieg der Suchanfragen nach Partykleidern registrieren können, wobei vor allem sexy Varianten mit weiten Ausschnitten und kurzer Saumlänge bevorzugt wurden. Was den Schluss nahegelegte, dass frau es möglichst schnell mal wieder so richtig krachen lassen und die Wochenenden endlich nicht mehr nur auf der Couch bei Netflix und in Tracksuits verbringen wollte, sondern draußen im prallen Partyleben.
Wie das perfekte Outfit dafür aussehen könnte, war der Show von Michael Kors zu entnehmen, die der Designer zum 40-jährigen Bestehen seiner Marke etwas später als die Konkurrenz erst im April über die Bühne brachte. Denn sämtliche anwesende Supermodels mit Naomi Campbell und Helena Christensen an der Spitze waren von Kopf bis Fuß in einen aus Metallic, Pailletten oder Kristallen komponierten Glitzer-Look gekleidet und hatten sich zum Abschluss zu einem funkelnden Gruppenbild versammelt. Womit Kors das Vorbild seiner Kollegen Riccardo Tisci bei Burberry oder Maria Grazia Chiuri bei Dior aufgegriffen hatte, deren Entwürfe für Kleider oder Röcke sogar fast schon an funkelnde mittelalterliche Kettenhemden erinnert hatten. Die genau richtige Sparkle-Dosis zu finden, dürfte diesen Winter daher das einzige Problem für trendbewusste Ladys werden.
Wer nicht über das nötige Selbstvertrauen verfügt, um sich gewissermaßen in eine lebende Discokugel der 70er- oder 80er-Jahre verwandeln zu lassen, für den hat eine ganze Reihe von Designern wie Fendi, Chloé, Jil Sander, Dries Van Noten oder Khaite die etwas dezentere Variante des typischen Flapperstyles aus den Goldenen Zwanzigern im aktuellen Repertoire. Meist in Gestalt von langen Seidenkleidern in Lingerie-Optik mit Spitzenbesatz, Fransen- oder Federschmuck. Wozu, wie beispielsweise bei Prada zu bestaunen war, eine Stola aus Faux Fur ein idealer Kombipartner sein kann und die wie bei Miu Miu oder Paco Rabanne vorgemacht, toll auch unter einem langen Mantel getragen werden können. Beim Label Dundas gab es das Flapperkleid fransengeschmückt in der Minirock-Version. Auch figurbetonte Schlauchkleider aus glänzenden Materialien und ungewöhnlichen Farbtönen, beispielsweise Flieder, wie bei Givenchy können diesen Winter ein Party-Eyecatcher sein. Pfiffige Wickelkleider, wie sie beispielsweise das Label Ottolinger wieder als Signature Look in seinem Sortiment hat, könnten diese Saison als zu brav eingestuft werden. Da greift frau besser zum Animal Print, am besten zu Slipdresses mit Schlangenmuster von Celine, weil Hedi Slimane den Print zusätzlich auch noch mit Pailletten aufgehübscht hat.
Doch zurück zur Glitzer-Mode, auf die laut „Zeit"-Stilkolumnisten Tillmann Prüfer bislang hauptsächlich Popstars abonniert waren. „Wer glitzert", so Prüfer, „will Gott sein – oder zumindest Königin oder König." Da passt es doch optimal, dass die „Vogue" die künftigen Glitzer-Ladys zu „Pop-Prinzessinnen" gekürt und beispielhaft die knielangen, schlicht mit breiten Trägern geschnittenen Paillettenkleider von Chanel angeführt hatte. Das florale Paillettenoberteil von Conner Ives oder den silbermetallic-farbenen Mikro-Mini von Saint Laurent nicht zu vergessen.
In Sachen Metallic-Shining hat Silber diesen Winter die Nase vorn vor Gold. Obwohl Chanel und Michael Kors beispielsweise sogar güldene Trenchcoats in ihrer Kollektion hatten. Für Saint Laurent hat Anthony Vaccarello ein Kaschmir-Brokat-Top zusätzlich mit Faux-Fur-Elementen verziert. Dior sorgte mit einem von Kettenhemden inspirierten Gold-Dress für Furore. Ricardo Tisci hat ein Kleid in güldenen Pailletten-Glanz getaucht. Bei Alberta Ferretti gibt es einen bodenlangen Roben-Traum in Gold mit Pailletten im Brustbereich und einer Mixtur von Sequins und Fransen hüftabwärts. Gucci überrascht mit einem bodenlangen, weit ausgestellten Gold-Plissee-Kleid. Wer es gülden super-mini mag, wird bei Versace fündig. Und auch bei Valentino gefiel ein goldenes Mini-Kleid mit einem darüber drapierten farblich identischen Jacket.
Doch vor allem in Silber geht die Metallic-Party diesen Winter so richtig ab. Bei Off-White mit einem Dreiteiler-Hosenanzug. Bei Balmain mit High-Waisted-Glitzerhosen, die sogar tagsüber getragen werden können, und zusätzlich mit Pailletten besetztem Kleid. Bei Dior mit einem silberfarbenen Funkel-Overall. Bei Alberta Ferretti mit einer eng geschnittenen Hose, die Pailletten und Fransen als weitere Schmuck-Details aufweist. Bei Dolce & Gabbana mit einer Abendrobe aus Silber-Hose und silberfarbenem Kettenhemd-Jäckchen. Aber vor allem die Kleider und Röcke haben die Designer in Silber-Glanz getaucht, beispielsweise Balmain (knielanger Rock mit passendem Cropped-Oberteil samt überlangen Ärmeln), Dolce & Gabbana (Metallic-Leder-Kleid mit betonten Schultern und einem Korsett-Motiv), Moschino (bodenlange Robe mit weitem Dekolleté) und Louis Vuitton (Trägerkleid).
Suchanfragen nach Partykleidern steigen wieder an
In Sachen Pailletten haben wir die schönsten Party-Roben bei Burberry (asymmetrisches Kleid in Goldfarben), Alexandre Vauthier (viel Bein zeigender Mini mit zusätzlich flatternden Langfransen), Valentino (streng, fast schon monastisch-kuttenhaft wirkendes Kleid), Lanvin (Black Dress mit Rückenausschnitt) und Prada (Gold-Regen) gesichtet. Stella McCartney hat sogar einen Bodysuit mit blau-weißem Pailletten-Streifenmuster in ihrem Programm. Bei Giorgio Armani ist es ein Jäckchen in verschiedenen Blauabstufungen. Bei Anna Sui ein schwarzer Abendanzug Richtung Smoking mit akzentuierenden Paillettentupfern. Und beim Pailletten-Spezialisten Michael Halpern gibt’s garantiert für jeden etwas, sogar mit Pailletten verzierte Jogginghosen, falls die Party diesen Winter coronabedingt doch mal wieder nur in den eigenen vier Wänden stattfinden können sollte.