Mit dem lange vermissten Tolcay Cigerci kehrt bei Viktoria Berlin auch die Durchschlagskraft im Angriff zurück. Trotz wenig Training war er sofort wieder der Unterschiedsspieler.
Manchmal muss auch Benedetto Muzzicato zu seinem Glück gezwungen werden. Der Trainer von Viktoria Berlin hatte sich eigentlich den Plan zurechtgelegt, auf seinen so lange vermissten Topscorer Tolcay Cigerci noch eine weitere Woche zu verzichten. Doch dann drehte der Offensivspieler an den ersten zwei Trainingstagen nach einer siebenwöchigen Zwangspause derart stark auf, „dass ich gesagt habe: Den nehmen wir trotzdem mit", verriet Muzzicato.
Diese Entscheidung rettete dem Drittliga-Aufsteiger im Heimspiel gegen die Würzburger Kickers immerhin einen Punkt. Cigerci kam in der 72. Minute ins Spiel – und war sofort auf Betriebstemperatur. Nur vier Minuten später verwandelte der frühere Bundesliga- und Zweitligaprofi einen Foulelfmeter zum hoch verdienten 1:1-Ausgleich, und kurz vor dem Schlusspfiff hatte er sogar noch den Siegtreffer auf dem Fuß. Nach einem langen Pass nahm er den Ball technisch perfekt mit der Brust an, lupfte ihn dann gefühlvoll über das Bein seines Gegenspielers und scheiterte nur knapp mit einem satten Linksschuss an Gäste-Torhüter Hendrik Bonmann.
Auch wegen dieser Szene ärgerte sich der Rückkehrer hinterher mehr über zwei verlorene Punkte, als dass er sich über einen gewonnenen Zähler freute. „Es ist gefühlt eine Niederlage", sagte Cigerci. Es bereitete ihm trotzdem Freude, endlich wieder Rasen unter den Füßen zu spüren und sofort wieder geknipst zu haben: „Man liebt den Fußball. Ich freue mich auch riesig, dass ich wieder zurück bin. Wenn wir drei Punkte mitgenommen hätten, wäre es noch schöner für mich."
Cigerci soll Offensive weiter ankurbeln
Ähnlich dachte auch sein Trainer, doch auch ohne Sieg war Muzzicato heilfroh, endlich wieder auf seinen besten Offensivmann bauen zu können. Auch im Auswärtsspiel am Samstag (27. November, 14 Uhr) beim 1. FC Saarbrücken soll Cigerci die zuletzt ins Stocken geratene Offensive der Himmelblauen weiter ankurbeln. „Wir machen es richtig gut, aber du erkennst einfach, wenn Toli im Spiel ist", gab Muzzicato zu, „dass da dann noch mehr Qualität im Offensivspiel ist."
Seinen anderen Angreifern wie Lucas Falcao, der erneut Kaltschnäuzigkeit vor dem Tor vermissen ließ, oder dem erst 19 Jahre alten Startelf-Debütanten Shalva Ogbaidze wollte der Trainer damit keinen Vorwurf machen, denn: „Das ist etwas, das man nicht lernen kann, das liegt bei Tolcay in der DNA." Es sei kein Zufall, dass Cigercis Ausfall wegen einer Entzündung am Fuß zeitgleich zur Talfahrt des so stark in die Premierensaison gestarteten Neulings verlief. „Du kannst über Systeme, Positionsspiel und andere Sachen reden, aber wenn am Ende die individuelle Qualität nicht da ist, wird es schwer", sagte Muzzicato. Das sei aber nicht nur bei Viktoria so, sondern auch bei internationalen Topclubs: „Deswegen verdienen diese Jungs am meisten Geld, weil sie Spiele entscheiden."
Angeführt von Cigerci will Viktoria die gegnerischen Abwehrreihen wieder in Angst und Schrecken versetzen. Muzzicato lobte nach dem Unentschieden gegen Würzburg auch den ebenfalls eingewechselten Pasqual Verkamp, der den Strafstoß zum Ausgleich herausgeholt hatte. „Es freut mich für ihn sehr, weil er lange verletzt war und einen schweren Stand hatte", sagte der Deutsch-Italiener über den Neuzugang von Carl-Zeiss Jena. Nachdem der 24-Jährige seine konditionellen Defizite ausgebessert habe, sei er ein Gewinn für das Team, so Muzzicato und fügte hinzu: „Es kommt auch wieder die Zeit, in der wir die Spiele ziehen werden", sagte der Trainer optimistisch, „darauf müssen wir hinarbeiten."