Das Saarland ist bislang finanziell besser durch die Krise gekommen, als zunächst befürchtet. Die jüngste Steuerschätzung stimmt den Finanzminister zuversichtlich. Es bleiben etliche Risiken – und die bekannten großen Herausforderungen.
Die Pandemie hat ziemlich viel an alten Gewissheiten über den Haufen geworfen. Über den Umgang mit Corona wird auch weiter viel und heftig gestritten. Ein Punkt dabei dürfte allerdings ziemlich unstrittig sein. Alle staatlichen Ebenen, Bund und Länder, auch die EU, haben ihre Kassen ganz weit geöffnet und enorme Finanzmittel zur Bekämpfung der Pandemie und deren Folgen bereitgestellt und tun es weiter, wenn nötig.
Dabei geht es um Beträge, deren Dimensionen zuvor ziemlich unvorstellbar waren und vielen bis heute noch sind. Bei aller Kritik an Details der Umsetzung gab es im Grundsatz dafür große Zustimmung. Gleichzeitig schwante den Bürgern aber schon früh, dass irgendwer das alles am Ende bezahlen muss. Dieser Realismus war eindrucksvoll und für viele überraschend in der Langzeitstudie zu Ängsten der Deutschen (R+V Versicherung) zu sehen. 2021 rangierte die Sorge vor „Steuererhöhungen/Leistungskürzungen durch Corona" mit 53 Prozent ganz oben bei den Ängsten der Deutschen (repräsentative Befragung von Ende Mai bis Anfang Juni 2021).
Olaf Scholz hatte als Finanzminister gleich eine „Bazooka" ausgepackt. Der saarländische Finanzminister Peter Strobel (CDU) verzichtete auf derart martialische Begrifflichkeiten, als er seinen Etat zur Bewältigung der Coronakrise vorlegte. Rund zwei Milliarden Euro wurden vom Land bereitgestellt. Die Dimension wird deutlich im Vergleich zum üblichen jährlichen Etat des Landes, der bei gut fünf Milliarden liegt.
Und im Vergleich zum Ausgangspunkt vor der Schuldenbremse, als das Land ein jahresbezogenes Defizit von 1,25 Milliarden hatte. Mit den Steuerschätzungen zu Lockdownzeiten schwante schon manchem, dass das gerade erst begonnene „Jahrzehnt der Investitionen" schon zu Ende sein könnte, bevor es überhaupt richtig begonnen hat.
Finanziell bleiben dem Land noch Spielräume
Ganz ähnlich schien es sich in den Kommunen zu entwickeln. Die hatten gerade mit dem Saarlandpakt der Landesregierung, der ihnen die Hälfte ihrer Altschulden abnahm, mehr als nur das berühmte Licht am Ende des Tunnels der Finanznot im Blick, da drohten die Einbrüche alles an Plänen zunichtezumachen, bevor die Umsetzung überhaupt in Gang kommen konnte.
Die jüngste Steuerschätzung im November hat das triste Bild deutlich aufgehellt. Zumindest zum Teil.
Die Einnahmeerwartungen des Landes sind gegenüber der Schätzung vor einem halben Jahr überdeutlich angestiegen. Für die Kommunen sieht es dagegen noch nach einer Durststrecke aus – wobei das Land hier bereits weitere Unterstützung in Aussicht gestellt hat.
Alles am Ende also halb so schlimm?
Schwer abzuschätzen, erst recht in einer Zeit, in der die vierte Welle der Pandemie das Land mit einer Wucht erfasst hat, deren Folgen kaum abschätzbar sind. Schwer abzuschätzen auch, wenn man übergeordnete Entwicklungen wie Konjunktur, Inflation, Zinsen et cetera mit einbezieht.
Umgekehrt sind aus den bereitgestellten Mitteln eben nicht nur direkte Corona-Folgen in Form von unmittelbaren Hilfen bis hin zum Kurzarbeitergeld aufgefangen worden, es wurden zugleich auch Maßnahmen angepackt, die ohnehin längst überfällig waren. Investitionen in Schulen, Krankenhäusern und die Digitalisierung insgesamt. Und sicher hat die Krisenbewältigung auch in vielen Bereichen der Kommunen Potenziale zutage gefördert, die zuvor in langen Diskussionen eher mit spitzen Fingern oder gar nicht angepackt oder erst gar nicht gesehen wurden, vom Homeoffice bis zur interkommunalen Zusammenarbeit.
Es sind – und werden – enorme Gelder eingesetzt, um Krisenfolgen abzumildern, gleichzeitig fließt viel Geld in ohnehin längst überfällige Investitionen. Strukturen verändern sich mit allen Folgen für die öffentlichen Haushalte. Gegen Ende des zweiten Corona-Jahres lässt sich damit die Frage, was uns diese Krise gekostet hat, nicht abschließend beantworten. Die letzte Steuerschätzung dürfte nicht nur den Finanzminister etwas erleichtert haben. Aber so, wie es sich von Mai bis November deutlich aufgehellt hat, kann es bis zum nächsten Mai und der nächsten Steuerschätzung auch wieder eine andere Richtung nehmen. Maßnahmen gegen die vierte Welle gehen wieder ins Geld. Und dabei hängt vieles davon ab, wie schnell und effektiv die neuerlichen Einschränkungen die Infektion eindämmen.
Handlungsspielräume stehen dem Land trotz Pandemie weiter offen, sagt der Finanzminister. Die braucht das Land auch angesichts der bekannten großen Baustellen. Das avisierte „Jahrzehnt der Investitionen" muss sichtbar Fahrt aufnehmen, damit sich das Land im Wettbewerb behaupten kann.