Kapitän Frank Hördler ist mal wieder als Vorbild vorangegangen, als die Eisbären personalbedingt in Bedrängnis gerieten. Was der Rekordspieler von seinen Teamkollegen einfordert, lebt er zu 100 Prozent vor.
Frank Hördler hat alle acht Meistertitel der Eisbären Berlin miterlebt, die meisten von ihnen sogar entscheidend mitgeprägt. Er war ein wichtiger Teil des deutschen Sensations-teams, das sich 2018 in Südkorea zur Silbermedaille und in die Herzen der Sportfans kämpfte. Der Verteidiger nahm an acht Weltmeisterschaften teil. In seiner 18. Saison bei den Eisbären schwang sich Hördler zum Rekordspieler des Clubs auf. Doch eine Sache würde all diese Erfolge in den Schatten stellen: Einmal gemeinsam mit seinem Sohn Eric für den Herzensclub auflaufen. „Das wäre natürlich das Highlight in meiner Eishockey-Karriere", sagt Hördler senior dem RBB.
Dieser Traum ist sogar realistisch. Er selbst spürt auch mit 36 Jahren kaum Verschleißerscheinungen und denkt überhaupt nicht an ein baldiges Karriereende: „Ich habe immer noch Spaß am Eishockey." Und sein 17 Jahre alter Sohn ist nur noch einen Schritt vom Profiteam entfernt: Er läuft aktuell in der Deutschen Nachwuchs Liga (DNL) für die Eisbären auf und eifert seinem Vater nach – wenn auch als Stürmer und damit auf einer anderen Position. „Das Gefühl, mit meinem Papa auflaufen zu können, wäre großartig und das Größte auf der Welt für mich", sagte der Junior. Für Frank Hördler würde sich in dem Fall ein Kreis schließen. Als er seine ersten Schritte im Männer-Eishockey beim ERC Selb ging, standen ebenfalls im Kader des Oberligisten: Vater Jochen und Bruder David.
Waschechter Rekordspieler
Noch aber muss es Frank Hördler ohne seinen Nachwuchs richten – und das tat er zuletzt mit Erfolg. Drei Siege in Folge feierten die Eisbären, ehe es durch das 1:3 gegen die effektiveren Nürnberg Ice Tigers wieder eine Niederlage setzte. Dem Titelverteidiger fehlten einige Leistungsträger wegen Verletzungen oder Erkrankungen, „aber das darf keine Ausrede sein", betonte Mark Zengerle, Torschütze zum zwischenzeitlichen 1:2: „Es war ein frustrierendes Spiel." Gegen die Franken um den neuen DEL-Rekordscorer Patrick Reimer konnte die Ausfälle der Angreifer Blaine Byron, Kevin Clark, Zach Boychuk und Marco Baßler nicht kompensiert werden. „Ich bin enttäuscht", sagte auch Trainer Serge Aubin, der Kanadier meinte damit vor allem die Special Teams: „Sie braucht man in solchen Partien, um wieder ins Spiel zu kommen." An jenem Abend sei vor allem das Überzahlspiel „nicht gut genug" gewesen.
Insgesamt zeigte die Formkurve der Eisbären trotz personeller Probleme zuletzt aber nach oben. „Ich glaube, wir sind auf dem richtigen Weg", sagte Hördler, der auch eine Erklärung für die wiedergewonnene Konstanz hatte: „Wir investieren unheimlich viel und werden dafür mit Toren belohnt." Das trifft vor allem auf die verbliebenen Stürmer zu, die aufgrund der zahlreichen Ausfälle Extra-Schichten auf dem Eis fahren müssen. „Sicher war es hart für die Stürmer", sagte Hördler, aber in der Regel hätten sie sich durchgebissen: „Für die Mentalität der Mannschaft ist das gut."
In der Tat hat das Team von Trainer Aubin die Länderspielpause des Deutschland-Cups genutzt, um intensiv am System und der Spielweise zu arbeiten. „Wir kommen jetzt nicht mehr den halben Schritt zu spät, sondern sind eher einen halben Schritt früher dran", erklärte Hördler: „Jeder opfert sehr viel, um da vorne reinzukommen." Dazu gehört auch, die Checks hart und konsequent auszufahren, denn so „machen die Gegner viele Fehler", wie Hördler betonte. Er selbst ist in Sachen Einsatz stets ein Vorbild.
Im Spiel gegen die Schwenninger Wild Wings Mitte Oktober hatte der Kapitän seinen 925. Einsatz für die Eisbären absolviert und damit den Clubrekord von Vereins-Ikone Sven Felski gebrochen. Einer der ersten Gratulanten war Felski selbst. „Du kannst stolz sein auf deine Karriere", sagte der frühere Stürmer in einer Video-Botschaft bei der Übertragung von Magenta-TV. Felski glaubt, dass Hördler einen Rekord für die Ewigkeit aufstellen könnte: „Du bist ja noch jung und kannst ein paar Jahre spielen."
Das hat Hördler zumindest vor. „Ich fühle mich wohl, ich bin fit, Spaß habe ich auch noch", sagte er. Der Mann mit der Nummer 7 muss sich immer noch nicht aufs Eis oder in der Kabine quälen, was auch an der guten Team-Chemie im Club liegt. „Wir haben eine gute Truppe", bestätigte Hördler. Nach dem kleinen Umbruch im vergangenen Sommer habe es etwas Zeit gebraucht, bis sich ein richtig guter Zusammenhalt entwickelt habe. Der sei mittlerweile aber einer der Erfolgsfaktoren. Sohn Eric, der teamintern schon jetzt ganz genau hinschaut und hinhört, meinte ebenfalls: „Die Eisbären sind eine richtig gute Truppe. Und ich glaube, die werden allen zeigen, dass sie auch dieses Jahr wieder gewinnen können."
„Er ist Teil der Familie"
Eric ist nicht der einzige Sohn, den Frank Hördler mit dem Eishockey-Virus angesteckt hat. Auch der 13-jährige Jonas schnürt die Schlittschuhe und jagt den Puck übers Eis. Doch mit seinem Zweitältesten wird der DEL-Profi wohl nicht mehr gemeinsam auflaufen. „Ob ich mit 42 noch bei den Eisbären spielen darf, bezweifle ich", meinte er. Langfristige Verträge unterschreibt Hördler ohnehin nicht mehr, sein aktuelles Arbeitspapier läuft bis zum Ende der aktuellen Saison. Ist Hördler gesund, fit und motiviert, macht er ohne Zweifel weiter. „Frank kann bei uns so lange spielen, wie er will", sagte Manager Peter John Lee: „Er ist Teil der Familie."
Im Team und im gesamten Club ist man von seinen sportlichen und menschlichen Qualitäten voll überzeugt. „Er ist ein Leader und vermutlich einer der besten Spieler, die für die Eisbären aufgelaufen sind", schwärmte Cheftrainer Aubin. Hördler führt das Team nicht als Lautsprecher, sondern durch eine natürliche Autorität und spielerische Klasse. „Frank ist nicht die extrovertierteste Person", sagte Teamkollege Yannick Veilleux, „aber sobald es zum Spiel geht, ist er voll da. Seine Art zu spielen und sein Hockey-IQ sind beeindruckend." Auch Angreifer Parker Tuomie schwärmte von Hördler als „super Kapitän" und „ultimativen Führungsspieler". Der Clubrekord sei „von genau dem richtigen Spieler aufgestellt" worden, meinte Tuomie: „Wenn es eine Person verdient hat, ist es Frank Hördler."
Der Verteidiger ist der letzte verbliebene Spieler aus dem goldenen Jahrgang 1985, der die Eisbären Berlin zum DEL-Rekordchampion gemacht hatte. Einstige Teamkollegen wie Florian Busch, Jens Baxmann oder André Rankel sind zwar unvergessen, aber nicht mehr da. Hördler steht dagegen weiter auf dem Eis, er erinnert die Fans an die große Vergangenheit und ist zugleich Hoffnungsträger für neue Heldentaten. Er ist bei den Anhängern hoch angesehen, auch wenn sein Spiel ohne die ganz großen Emotionen auskommt.
Sein Spielstil sei „mannschaftsdienlich, aufopfernd und mit Freude am Eishockey", beschrieb es Hördler einmal. Sein Spiel ist heutzutage sogar druckvoller als zu Beginn seiner Karriere, und die Erfahrung hat ihn auch andere Dinge gelehrt. Das „C" auf der Brust für den Captain der Eisbären trägt er zum Beispiel mit Stolz – aber ohne Eitelkeit. „Deswegen steht keiner unter mir", betonte er.
Seine Leidenschaft für seinen Sport überträgt er auch zu Hause am Ostrand von Berlin, wo der Eisbären-Nachwuchs heranwächst. Vielleicht gibt es bald den doppelten Hördler zu sehen.