Der FSV Zwickau ist ein klassischer Drittligist. Lange Bälle in die Spitze und eine robuste und hochgewachsene Defensive zeichnen die Mannschaft von Joe Enochs aus. Mit ein wenig Fortune könnte der FSV auch weiter oben stehen.
Am Freitag steht für den 1. FC Saarbrücken das erste Geisterspiel dieser Saison an. Denn aufgrund der aktuellen Corona-Verordnung in Sachsen dürfen keine Zuschauer ins Stadion. Für die heimstarken Zwickauer sicherlich ein Nachteil.
Die sportliche Lage
Einmal mehr überraschte der FSV Zwickau mit Tabellenplatz zehn in der vergangenen Saison viele, denn für gewöhnlich gelten die Sachsen mit einem klar im unteren Drittel der Liga angesiedelten Etat und wenigen nominellen Hochkarätern im Kader als Abstiegskandidat. Doch schon seit einigen Jahren halten sich die unbequemen Sachsen mit ihrer robusten Art in der Liga. Auch in diesem Jahr ging der FSV mit viel Demut in die Saison. Bisher können die Sachsen zufrieden sein: Nach einem schwachen Saisonstart hat sich die Enochs-Truppe trotz einiger Corona-Fälle stabilisiert. Warum der Blick dennoch nach unten und nicht nach oben geht, wird dann bei den Unentschieden und Siegen klar.
Die Sachsen gewinnen nicht sehr oft, spielen umso häufiger unentschieden. Dadurch entstand eine Serie von sieben ungeschlagenen Spielen. Ein paar Nadelstiche wurden auch gesetzt. Unter anderem wurde auch gegen den VfL Osnabrück und die Münchner Löwen gewonnen. Solch eine Ungeschlagen-Serie gab es schon einmal. Von Februar bis April 2017 blieben die Westsachsen als damaliger Drittliga-Neuling neunmal ohne Niederlage. Die furiose Serie hielt vom 24. bis zum 33. Spieltag an und führte vom 18. auf den fünften Platz, auf dem die Schwäne in der Endabrechnung auch landeten. Es war die bisher beste Saison.
Patrick Göbel führte, jüngst auf den vergangenen Erfolg angesprochen, aus, dass „wir als Team wussten, was uns stark macht." So ist es auch in dieser Spielzeit. Obwohl sich in den ersten sieben Spielen kein Erfolg einstellte, wurde Coach Joe Enochs nie müde, die Stärken hervorzuheben und gleichzeitig zu betonen, dass es an Kleinigkeiten hakte. Das stärkte das Selbstverständnis und zahlte sich aus. „Wir haben auch zu Saisonbeginn schon gut gespielt, fangen aber endlich an, uns dafür auch zu belohnen", sagte Steffen Nkansah. Nkansah ist ein Sinnbild für die wiedererlangte Stabilität. In den ersten Spielen noch wackelig, hielt der Innenverteidiger über Wochen den Laden dicht. In den ersten sieben Begegnungen lag die Gegentor-Quote bei 1,57. Danach sank sie unter eins. „Mit dieser Intensität muss es weitergehen. Dass die Mannschaft eine sehr gute Mentalität hat, haben wir in den letzten Spielen hinten hinaus immer gezeigt", schaut Nkansah voraus. Nach dem Spiel bei Türkgücü, kommt der 1. FC Saarbrücken nach Zwickau. In der vergangenen Saison konnte der FSV sowohl in Saarbrücken als auch zu Hause gewinnen. In beiden Spielen gab es eine Rote Karte für den FCS.
Die Transfers
Im vergangenen Sommer herrschte eine Menge Unruhe in Zwickau, als zehn Spieler den Verein verlassen haben und zu diesem Zeitpunkt noch kein neuer Spieler verpflichtet wurde. Doch dann kamen doch noch genügend Spieler zum FSV. Zuerst mussten absolute Leistungsträger jedoch abgegeben werden. Denn vom Interesse höherklassiger Clubs an den auffälligsten Akteuren bleibt man auch in Zwickau nicht verschont. Rechtsaußen Morris Schröter, der in den vergangenen Jahren eine fabelhafte Entwicklung nahm und Topscorer war, ging zu Zweitliga-Aufsteiger Dynamo Dresden. Achter Leon Jensen – zwischenzeitlich sogar suspendiert – wechselte zum Karlsruher SC. Dazu endete die Leihe von Innenverteidiger Jozo Stanic. Die Neuzugänge gaben den Fans aber ein wenig Hoffnung: Mit Nils Butzen, Max Reinthaler und Luca Horn stießen gleich drei Akteure von Hansa Rostock nach Westsachsen. Vor allem Reinthaler hat sich dabei zum absoluten Stammspieler des FSV entwickelt. Horn und Butzen pendeln immer mal wieder zwischen Stammelf und Bank. Adam Susac (32/Osnabrück) und Dominic Baumann (26/Würzburg) kamen von künftigen oder ehemaligen Zweitligisten, auch von Rückkehrer Patrick Göbel wurde einiges erwartet. Getroffen hat der Außenspieler noch nicht, aber schon vier Tore vorbereitet. Spannend auch der sechste Neue: Johan Gomez, 19 Jahre junger Stürmer, kam von der Reserve des FC Porto. Ein wenig fremdelt der Youngster noch mit dem Drittligafußball, dennoch kommt er auf Einsätze – und zwei Tore konnte der US-Amerikaner auch schon erzielen. Zudem wurde Mike Könnecke am 31. August nachverpflichtet – der beste und wichtigste Transfer für Joe Enochs.
Die Mannschaft
Eine Innenverteidigung mit Gardemaß, giftige Außenverteidiger, zwei defensive Sechser, schnelle Außen und vorne Ronny König – so lässt sich der FSV gut beschreiben. Vor allem die letztendlich gefundene Doppelsechs aus Maximilian Jansen und Mike Könnecke ist einer der Bausteine, die für den Aufschwung des FSV hauptverantwortlich sind. Jansen ist seit dem 2:2 gegen Halle im defensiven Mittelfeld gesetzt und Zwickau ist die nächsten Spiele bis zur Corona-Absage nicht mehr als Verlierer vom Feld gegangen. In seinem zweiten Einsatz bei 1860 München bekam Jansen den zum 31. August nachverpflichteten Mittelfeldspieler Könnecke an die Seite gestellt. Seither steht die Doppelsechs – und 15 Punkte aus sieben Spielen zu Buche. „Die Erfahrung der beiden tut uns sehr gut", betont FSV-Coach Joe Enochs. Die beiden bringen aber noch mehr Vorzüge ein. „Max weiß ganz genau, wann er in den Zweikampf gehen muss. Mike geht viele Wege und macht die Räume zu", beschreibt Enochs ihre Stärken.
Die Stärken
Zwickau zeichnet sich seit Jahren durch eine gute Defensive aus. Müssten die Gegner den FSV beschreiben, wäre „unangenehm" wohl das am häufigsten verwendete Adjektiv. Plan A von Joe Enochs: tief stehen, Räume eng machen und dann schnell nach vorne – gerne auch hoch und weit.
Die Schwächen
Diese Art zu spielen macht den FSV jedoch auch berechenbar. Funktionieren die langen Bälle nicht, bleiben am Ende noch Standards übrig. Ist der Gegner ebenfalls hoch aufgeschossen, wirkt das Spiel des FSV manchmal ideenlos. Jedoch beherrscht kaum einer diese Spielweise so gut, wie die Westsachsen.