An dicken Jacken und Mänteln führt in dieser Wintersaison einfach kein Weg vorbei. Dabei macht der Stepp-Trend aktuell auch vor Kleidern, Westen, Hosen, Taschen und Schuhen nicht halt.
Wer derzeit durch die Fußgängerzonen der hiesigen Städte oder Gemeinden schlendert, wird garantiert überall auf einen schier omnipräsenten Gemeinschaftslook stoßen. Nein, die Rede ist nicht von Sneakers oder Jogginghosen, sondern von Jacken oder Mänteln, die ebenso praktisch und bequem zu tragen sind, wie eben das genannte Schuhwerk oder die bequemen Athleisure-Pants. Gefühlt gibt es die Puffer Jackets oder Coats bereits eine Ewigkeit, tatsächlich aber, zumindest in der High Fashion, erst seit gut fünf Jahren – dank des modischen Paukenschlags, für den Demna Gvasalia 2016 mit seiner knallroten Balenciaga-Oversize-Daunenjacke gesorgt hatte. Seitdem ist kein Winter mehr ins Land gegangen, in dem die Zahl der Puffer-Teile auf dem Markt nicht weiter angewachsen wäre. Und mittlerweile gibt es kaum mehr einen Designer, der sich dieses lukrative Geschäft freiwillig entgehen lassen möchte. Von den Fast-Fashion-Ketten ganz zu schweigen.
Synthetische Daunenalternativen
Nahezu jede Boutique präsentiert derzeit draußen vor dem Eingang Puffer-Lockangebote, zumal diese im Vergleich zu Pullovern oder Wollmänteln weitaus wetterfester sind und daher auch schon mal einen kurzen Regenschauer oder einen leichten Schneefall unbeschadet überstehen können. Ähnlich wie Hoodies, Tracksuits oder der allgemein bekannte Friesennerz sind die Puffer-Pieces auch so etwas wie ein modischer Gleichmacher, weil auf den ersten Blick kaum ein Unterschied zwischen hochwertigen Teilen oder Billig-Exemplaren auszumachen ist. Derzeit wird von den Designern größtenteils auf plakatives Branding bei den Klamotten verzichtet, denen allesamt das charakteristische Steppmuster aus aufgebauschten und von Nähten umschlossenen Kammern zu eigen ist. Mehr als kleine Marken-Logo-Sticks an den Ärmeln können heute kaum ausgemacht werden.
Aber auch diese bieten optisch keinerlei Gewähr dafür, dass sich unter der meist gebräuchlichen Polyester-Außenhaut hochwertige und damit den Preis nach oben treibende Daunen verbergen könnten. Denn für die zur Wärmeisolation zuständige Füllung werden längst auch günstigere synthetische Materialien benutzt. Letzteres wird natürlich aus ethisch-moralischen Überlegungen ausdrücklich von Kunden oder Kundinnen begrüßt, die besonders auch das Tierwohl im Blick haben. Inzwischen achten auch viele Hersteller darauf, keine Daunen mehr zu verwenden, die Enten oder Gänsen bei lebendigem Leib herausgerissen wurden (Stichwort: Lebendrupf), sondern nutzen ausschließlich das bei der Lebensmittelproduktion anfallende Gefieder. Dafür gibt es inzwischen auch einige globale Zertifizierungen, am bekanntesten sind der Responsible Down Standard (RDS) und der Traceable Down Standard (TDS). Der Tierschutzorganisation Peta reicht der damit bestätigte Verzicht auf den Lebendrupf nicht aus. Vielmehr fordert sie darüber hinaus auch noch weitere Vorgaben wie artgerechte Tierhaltung, doch das dürfte vorerst kaum zu realisieren sein.
Die Debatte über die Daunennutzung hat ohnehin bislang noch nicht die Dimension der Echtpelz-Verteufelung erreicht. Zumal es ja jedem Käufer freisteht, sich für synthetische Daunenalternativen wie Primaloft, Thermal R oder Thinsulate zu entscheiden. Die sind zwar gut für das Tierwohl und trocknen schneller, können aber in Sachen Wärmeisolation nicht an das Naturprodukt heranreichen. Dafür sind sie pflegeleichter, sprich lassen sich besser waschen, wobei allerdings das Mikroplastikproblem ins Spiel kommen kann. Daunenfedern hingegen können dabei schnell verklumpen. Vielleicht könnten künftig pflanzliche Daunen-Alternativen wie Kapok eine gute Lösung sein, sofern deren Wärmehaltung verbessert werden kann. Auch das Recyceln von natürlichen und künstlichen Daunen wird inzwischen schon praktiziert. Über die Qualität von Naturdaunen in Puffer-Teilen gibt übrigens der sogenannte Cuin-Wert genaue Auskunft, der die Bauschkraft oder Ausdehnungsfähigkeit anzeigt. Werte von 550 gelten schon als gut, 650 als hervorragend, und mit 800 kann man getrost zur Polarexpedition aufbrechen.
Cropped, lang oder asymmetrisch
Da diese Wintersaison so gut wie alle Designer von Chanel über Louis Vuitton, bis Balenciaga oder Tom Ford ihre eigenen Puffer-Versionen lanciert haben, gibt es im Schnitt keinen einheitlichen Trend. Das ist ein Unterschied zu den Vorjahren, als vor allem Oversized angesagt war und gerade in der vergangenen kalten Jahreszeit überraschenderweise die auf Nachhaltigkeit und Langlebigkeit setzende H&M-Tochter Arket die riesige europaweite Nachfrage nach diversen Stepp-Modellen kaum mehr befriedigen konnte. Alles ist möglich. Die Varianten reichen von einem schon in den 80er-Jahren angesagten Volumen-Look (wie aktuell bei Marni), der damals dem berühmten Michelin-Männchen alle Ehre gemacht hat, bis hin zu der von der japanischen Modekette Uniqlo 2009 mit der „Ultra Light Down Jacket" geprägten und kaum mehr aufbauschenden figurbetonten Silhouette. Etwa wie beim Jäckchen von Etro oder den Mänteln von Lemaire oder Bevza. Jacken oder Mäntel können lang oder kurz gestaltet sein, asymmetrisch daherkommen (besonders gelungen bei Ottolinger), normale Saumenden aufweisen oder cropped geschnitten sein (tolle Umsetzung bei Givenchy, Miu Miu oder Isabel Marant). Auch der Verzicht auf wärmende Mantel-Ärmel ist angesagt, bei einer braunen Jacke von Hermès waren hingegen nur die Ärmel gesteppt gehalten. Manche Pieces erinnern an Umhänge (etwa bei Louis Vuitton, vorne nur mit einer Schleife zusammengehalten), an Ponchos/Capes (beispielsweise bei Y/Project) oder an um die Schultern gelegte Bettdecken (wie beim bodenlangen, pastellfarbenen Mantel von Emilio Pucci).
Farblich hat man die Wahl zwischen den klassischen Monochromes wie Schwarz (traditionelle businesstaugliche Jacke von Hermès), Rot (leuchtende Nuance bei kniekehlenlangem Mantel von Khaite), Grün (Mantel von Ottolinger, Jacke von Khaite) und Blau (Mantel von Christian Dior). Hinzu kommen Zweifarben-Kombinationen (wie bei der schwarz-weißen Cropped-Jacke von Louis Vuitton) oder auffällige Kolorierungen wie Gold (bei einem Jäckchen von Louis Vuitton, das zudem mit antikischen Köpfen verziert ist), tiefstes Lila (bei Marni), ein von Rot dominierter Leo-Print (bei Dolce & Gabbana) sowie jede Menge überraschende Schokoladen-, Auberginen- und Senftöne. Wem das alles noch zu langweilig sein sollte, kann sich für Patchwork-Teile (bei Etro oder Chloé), eingeprägten floral Gemustertes (wie bei einem Mantel von Moncler), für Military-Camouflage (wie bei einer Jacke aus der Kooperation von Sacai mit Kaw – ein brandaktueller „Vogue"-Einkaufstipp) oder Kunstsinniges (wie bei der originellen weißen Jacke von Louis Vuitton mit Nieten an den Taschen und geometrischen Mustern rund um die Schultern) entscheiden. Statt aus Polyester kann die Außenhaut auch aus Satin (wie bei einer Jacke von Acne Studios), aus Leder (wie bei Cropped-Jacken von Khaite oder Bottega Veneta), aus Lack, Baumwolle (wie bei einem Mantel von Bottega Veneta) oder sogar aus Samt (wie bei einem hocheleganten schwarzen Kurzmantel von Tom Ford) gearbeitet sein. Der ultimative Puffer-Mantel, der jeder Haute-Couture-Schau die Krone aufsetzen könnte, stammt mit seinem originellen Schnitt und seinen schmückenden Streifen diesen Winter aus dem Hause Loewe. Dagegen wirken elegante Langmantel-Modelle aus den Häusern Chanel oder Longchamp geradezu bieder.
Puffer-Booties lösen Ugg-Boots ab
Dass einige Designer wie Max Mara oder Longchamp diesen Winter auch Puffer-Westen in ihren Kollektionen haben, dürfte kaum überraschen. Schon eher das Puffer-Kostüm in leuchtendem Orange von Eckhaus Latta und noch mehr sicherlich die cremeweiße Latzhose mit Steppmuster von Chanel, wobei hier mal ausnahmsweise das gesamte Kleidungsstück mit Marken-Branding überzogen ist. Damit nicht genug hat Thom Browne eine Robe im viktorianischen Stil in ein Puffer-Kleid verwandelt. Das kann eigentlich nur noch von Marc Jacobs an Skurrilität getoppt werden. Denn der Designer hatte in New York eine Kollektion vorgestellt, bei der ein schwarz-weiß gestreiftes, mehr als bodenlanges Puffer-Kleid mit schleppenähnlichen Säumen das Ultimum an Untragbarkeit darstellte. Zudem mussten die Models fast schon an aufgeblasene Schlauchboote erinnernde Riesenschals über die Bühne tragen. Selbst die Puffer-Jacken waren so gewaltig aufgesteppt und so voluminös geschnitten, dass problemlos zwei Models darin Platz gefunden hätten.
Wie ein Puffer-Kleid idealerweise auf elegante Art geschneidert sein kann, hatte dagegen Tod’s mit einem figurbetonten grauen Dress samt passendem Stepp-Hut nachdrücklich bewiesen. Gepufferte Handtaschen sind ja lange schon ein Evergreen, auch dank der legendären „2.55" von Coco Chanel. Auch die „Pouch"-Clutch von Bottega Veneta ist mit dem nötigen Kleingeld noch immer heiß begehrt.
Diesen Winter gibt es von Hereu die „Cala" als Mini-Nylon-Tote-Bag, von Givenchy die „4G" als Puffer-Schultertasche, von Saint Laurent die „Loulou" als kleine Stepp-Shoulder Bag, von Valentino Garavani die „Roman Stud" als kleine Henkeltasche, von Khaite die „Florence" als Wildleder-Tote Bag oder von Stand Studio die „Wanda" als Faux-Fur-Schultertasche. Und statt den häufig zu den Puffer-Pieces getragenen Ugg-Boots kann man sich diese Saison alternativ für Pradas dank Instagram schon zu Kultobjekten und Après-Ski-Must-haves aufgestiegenen Puffer-Booties oder für ähnliche Shoewear-Modelle von Isabel Marant oder Louis Vuitton entscheiden. Birkenstock (in Kooperation mit Toogood) und Balenciaga haben sogar Puffer-Sandalen/Badelatschen in ihrem aktuellen Sortiment.
Knallfarben wie Neongrün oder Orange
Wer diesen Winter modisch aus der Reihe tanzen möchte, sollte statt eines Puffer-Coats besser andere Mantel-Varianten auswählen. Coats mit Leo-Print beispielsweise bleiben angesagt und sind in den Kollektionen von Etro, Dior, R13, No. 21 oder Michael Kors repräsentativ vertreten. Auch Mäntel mit Military-Anleihen wie Schulterriegel und natürlich meist in der Farbe Khaki braucht man nicht lange zu suchen (einfach bei Balmain, Max Mara, Loewe oder Simone Rocha nachschauen). Und natürlich gibt es auch noch den Trench, der Saison für Saison immer wieder innovativ abgewandelt wird, wobei die gelungensten Umsetzungen aktuell aus den Häusern Chloé, Chanel, Ports 1961, Gabriela Hearst oder Balenciaga stammen. Wer sich traut, sollte beim Kauf eines neuen Wintermantels ruhig mal auf Knallfarben setzen. Prada hat es mit einem leuchtend-gelben Baumwollmantel (mit zehnprozentigem Polyester-Anteil) vorgemacht, der zusätzlich dank diagonal verlaufender Strukturstreifen ein veritabler Eyecatcher ist. Auch Neongrün oder Orange sind als Coat-Colors derzeit en vogue.