Mit einem Überschuss von 1,6 Millionen Euro im Geschäftsjahr 2020 befindet sich der finanziell gebeutelte Landessportverband LSVS auf einem guten Weg. Einige Fachverbände wollen daher schnellstmöglich ein Stück vom Kuchen abhaben.
Mit Spannung erwarteten neutrale Beobachter Ende November die ordentliche Mitgliederversammlung des Landessportverbandes für das Saarland (LSVS). Auf der mit 19 Punkten prall gefüllten Tagesordnung fanden sich Themen wie die Feststellung des Jahresabschlusses für das Geschäftsjahr 2020, die Entlastung des früheren Präsidiums und des Aufsichtsrates für dieses Geschäftsjahr sowie die Verabschiedung des Wirtschafts- und Investitions- und Finanzplanes.
Besonders wichtig war es dem LSVS-Präsidenten und Aufsichtsrats-Vorsitzenden Heinz König, in seinem Jahresbericht zu betonen, dass „wir seit langer Zeit wieder selbstständig über Ausrichtung, Art und Zielverfolgung unseres Verbandes entscheiden können." Neben der Einstellung der Vorstände Johannes Kopkow (Sport und Vermarktung) und Joachim Tesche (Finanzen) sei dies durch das „Abschütteln" der Sanierungsaufsicht und das Herstellen von Transparenz in den eigenen Finanzangelegenheiten gelungen. Deshalb müsse laut König in absehbarer Zeit „Schluss sein damit, dass die Fachverbände nur verzichten. Es müssen neben Ideen auch wieder Geldmittel in den Sportbereich fließen." Den Sportverantwortlichen gehe es dabei „nicht abstrakt um Vorstände, Vereine oder Verbände – wir handeln für Menschen", betonte König in der Multifunktionshalle der Landessportschule und stellte klar: „Aus der Mitte der saarländischen Gesellschaft sind 355.000 Menschen bei uns versammelt, aktiv und im Ehrenamt. Diese Menschen sind unsere Orientierung und unsere Aufgabe."
König fordert ein Ende des Verzichts
Insbesondere den Ehrenamtlichen, die während der andauernden Corona-Pandemie „selbstlos und solidarisch anderen Menschen Hilfe geleistet haben", dankte König. Aber auch bei den Verantwortlichen im Sportministerium für die Geldzuweisungen an die Mitgliedsvereine während der Pandemie sowie beim Landtag des Saarlandes, der die moderne Neuaufstellung des Verbandes ermöglicht hatte. An den Vorstand richtete der LSVS-Präsident klare Aufgabenstellungen: die Beseitigung der Überschuldung und die Sicherung der Existenz der Mitgliedsverbände. „Das heißt: Der Finanzvorstand sorgt für eine Verbesserung der Ertragslage und Beherrschung der Kosten, der Vorstand Sport und Vermarktung stimmt eine Sportplanung der Zukunft mit den Fachverbänden ab und sorgt für zusätzliche Mittelzuflüsse", erläuterte König und appellierte an die Fachverbände, die Vorstände dabei zu unterstützen.
Sollten sich dabei Barüberschüsse ergeben, so König, „gehen wir davon aus, dass wir diese im Rahmen einer neuen Mitgliederversammlung per Nachtragshaushalt beschließen und zur Verteilung bringen." Diese Absichtserklärung reichte jedoch einigen Fachverbänden nicht aus. Raphael Schäfer, stellvertretender Präsident des Saarländischen Leichtathletik Bundes (SLB), stellte deshalb im Namen seines Verbandes im Rahmen der Beratung des Wirtschaftsplans für das Jahr 2022 einen Dringlichkeitsantrag, wonach die künftige Finanzspritze für die Verbände festgeschrieben werden sollte. Der Antrag wurde vom Turnerbund, Bergsteiger- und Skiläuferbund, Kanu-Bund, Karateverband, Tennisbund und Volleyballverband unterstützt. „Gerade in der Corona-Zeit könnten die Zielrichtungen der Sportfachverbände und des Vorstands und des Aufsichtsrates ein Stück weit auseinanderfallen. Unsere Auffassung ist, dass die Gelder des Überschusses, 2020 immerhin 1,6 Mio. Euro, an die Fachverbände fließen müssen", sagte Schäfer und argumentierte: „Wir alle haben in der Pandemie gelitten und könnten das Geld wirklich gut gebrauchen, um Schwerpunkte im Trainer- und Betreuungsbereich zu setzen. Selbst wenn es nur ein deklaratorischer Beschluss ist – für uns ist er wichtig und wir wollen, dass künftig wieder mehr Gelder an die Fachverbände fließen."
Die Versammlung genehmigte den Antrag und beschloss letztlich mit großer Mehrheit, dass Jahresüberschüsse, die sich aus dem Vollzug des Wirtschaftsplanes 2022 ergeben, den Mitgliederverbänden anhand des gültigen Verteilschlüssels zukommen werden. Mit der Prüfung des Jahresabschlusses 2020 des LSVS, der mit rund 1,6 Mio. Euro ein dickes Plus ausweist, war die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Dornbach GmbH beauftragt. Die Wirtschaftsprüfer Dr. jur. Jochen Hell und Dr. Christian Metz erteilten dem LSVS ein uneingeschränktes Testat und bestätigten damit, dass der Abschluss den gesetzlichen Vorgaben und den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung entspricht. Auch die Geschäftsführung verlief ordnungsgemäß und ohne Beanstandung. Zwar sei der Verband nach wie vor bilanziell überschuldet, aber Maßnahmen, die Verschuldung abzubauen, seien bekanntermaßen bereits eingeleitet worden. Das überaus positive Jahresergebnis sei auf Einmal-Effekte zurückzuführen – allen voran die Mehreinnahmen durch das sogenannte Sportachtel von Saartoto. Der Jahresabschluss wurde einstimmig verabschiedet und dem früheren Präsidium, das zum Großteil anwesend war, sowie dem aktuellen Vorstand mit großer Mehrheit Entlastung erteilt.
Verband nach wie vor überschuldet
Im Anschluss beschäftigte sich die Mitgliederversammlung mit einem Aufnahmeantrag des Landesverbandes des Deutschen Alpenvereins (DAV). In einem über zehnminütigen Vortrag warb Peter Lambert, erster Vorsitzender des rund 6.000 Mitglieder starken Verbandes, um Aufnahme in den LSVS. Weil der DAV die Sportarten Klettern, Wandern, Bergsteigen und Skibergsteigen beheimatet, steht er in direkter Konkurrenz zum Saarländischen Bergsteiger- und Skiläuferbund (SBSB), der bereits LSVS-Mitglied ist. SBSB-Vizepräsident Sportentwicklung Jochen Augustin sprach sich demnach vehement gegen eine Aufnahme des DAV-Landesverbandes aus. Auch der Aufsichtsrat positionierte sich in dieser Frage klar. Heinz König erklärte, das Gremium habe sich in seiner jüngsten Sitzung mit dem Thema befasst, weil es sich um eine „Abspaltung eines bestehenden, historisch gewachsenen Mitgliedsverbandes" handele.
Sportpolitisch könne der Aufsichtsrat solche Abspaltungen nicht gutheißen. „Wir sind im Gegenteil der Auffassung, dass neu entstehende Sportarten – worum es sich hier ausdrücklich nicht handelt, in den bestehenden Strukturen des LSVS eine Heimat suchen", stellte König klar. Dieser Auffassung folgte die Mitgliederversammlung, in dem sie den Aufnahmeantrag des DAV-Landesverbandes auf eine ordentliche oder konkurrierende Mitgliedschaft im LSVS ablehnte. Daran änderte auch die Beteuerung des Hauptgeschäftsführers des DAV-Bundesverbandes, Olaf Tabor, wonach es sich nicht um eine Abspaltung, sondern lediglich um eine neue Zuordnung von Sportarten handele, nichts.