Wer sich endlich mal wieder weiße Weihnachten wünscht, kann ein bisschen Hoffnung haben. Aber nicht zu viel. Frostig soll es jedenfalls werden zum „Fest der Liebe". Wobei das mit Liebe so eine Sache ist, wenn es in der Gesellschaft frostig wird und viel von Spaltung die Rede ist. Nicht zwischen arm und reich, sondern zwischen ungeimpft und geimpft. Da wird gestritten, ob beim Zahlenverhältnis zwischen beiden Gruppen von einer Spaltung überhaupt die Rede sein könne. Was allenfalls Beleg für eine Zahlengläubigkeit ist, nicht aber für ernsthafte Beschäftigung mit einer ernsthaften Herausforderung.
Der neue Kanzler erklärt, ihm gefallegar nicht, dass solche Diskussionen stattfinden. Fast Zustimmung, Euer Ehren. Mir wäre auch lieber, wir müssten die Diskussion nicht führen. Müssen wir aber.
Alleine schon, weil uns ein Fackelzug, gewalttätige „Spaziergänge" und Versuche Rechtsextremer, die Proteste zu instrumentalisieren, herausfordern. Gleichzeitig laufen aber andernorts überraschend viele angemeldet und laut Polizei unter Einhaltung der Auflagen durch die Straßen.
Das Dilemma ist klar. Es gibt die radikalen Anschlussversuche und gezielten Eskalationen. Es gibt aber auch die, die Kritik und Sorgen völlig im Rahmen der Demonstrationsfreiheit Ausdruck verleihen. Die größere Aufmerksamkeit haben die Krawallmacher. Wenn wundert es, dass die anderen sich wenig bis gar nicht beachtet fühlen. Und wenn, dann mit der Sorge, ob nicht beim nächsten Mal auch die Grenzen überschritten würden. Vielleicht sollten wir erst mal mit denen reden. Das passiert – leider – viel zu selten. Aber wenn, dann ist oft zu erfahren, dass es sich um alles andere als verstockte Verschwörungstheoretiker handelt, auch wenn manche Sätze so klingen, als würde manche Schubladen weit offenstehen. Es geht meist gar nicht um Aufklärung mit Fakten, sondern schlicht um das so oft beschworenen offene Ohr. Ja, wir müssen über die Eskalationen und Provokationen reden und klare Kante zeigen. Aber wir dürfen darüber nicht bergessen, den anderen zeigen, dass wir sie genau so ernst nehmen. Mindestens. Wenn wir nicht wollen, dass sie sich von ganz anderen ernst genommen fühlen.
Keiner sagt, dass das leicht ist. Aber es ist notwendig. Nicht nur, weil Weihnachten ein „Fest der Liebe" sein soll.