29.06.2021
Höhenflug folgt jäher Absturz
Noch im Frühjahr sah es so aus, als könnte Annalena Baerbock tatsächlich im Herbst ins Kanzleramt einziehen. Die Grünen befanden sich auf einem wahren Höhenflug. Doch im folgenden Wahlkampf gab es einige Pannen, die die Umfragewerte jäh abstürzen ließen. So brachten Ungereimtheiten in Baerbocks Lebenslauf die Parteiführung zunächst ins Schleudern.
Ende Juni warf ihr dann der österreichische Medienwissenschaftler Stefan Weber vor, in ihrem Buch „Jetzt. Wie wir unser Land erneuern", das sie Mitte Juni stolz präsentiert hatte, abgeschrieben zu haben – was die Grünen zunächst entschieden zurückwiesen. In einem Blogbeitrag legte Weber Baerbock zur Last, einige Formulierungen aus dem Buch stammten nicht von ihr. „Und wenn man es genau nimmt, handelt es sich auch um mehrere Urheberrechtsverletzungen." Baerbock breitet in dem 240 Seiten umfassenden Buch grüne politische Konzepte aus und verbindet das mit persönlichen Erlebnissen. Fußnoten, mit denen sie auf Quellen verweisen könnte, nutzt sie nicht. Baerbocks Medienanwalt Christian Scherz entgegnete den Vorwürfen: „Ich kann nicht im Ansatz eine Urheberrechtsverletzung erkennen, da es sich bei den wenigen in Bezug genommenen Passagen um nichts anderes handelt, als um die Wiedergabe allgemein bekannter Fakten sowie politischer Ansichten."
Mitte Juli musste die Spitzenkandidatin der Grünen dann auch noch drei ehrenamtliche Tätigkeiten auf ihrer Bundestagsseite hinzufügen, die sie zu spät nachgemeldet hatte. Zwar habe Baerbock für keine der Tätigkeiten eine Aufwandsentschädigung erhalten, hieß es, dennoch schadete auch das ihrem angekratzten Image. Am Ende blieb ihr bei der Bundestagswahl nur abgeschlagen Rang drei. Mitte November kündigte Baerbock zudem an, ihr wegen Plagiatsvorwürfen in die Kritik geratenes Buch werde künftig nicht mehr gedruckt. Das habe Baerbock selbst entschieden, teilte der Ullstein-Verlag in Berlin mit. Eigentlich hatte Baerbock angekündigt, ihr Buch zu überarbeiten.
06.06.2021
Globale Steuerreform
Große Digitalkonzerne wie Apple oder Google sollen nach dem Willen der führenden Industrienationen künftig weltweit mindestens 15 Prozent Steuern zahlen.
Nach jahrelangen Verhandlungen einigten sich die Finanzminister der G7-Staaten Anfang Juni in London auf eine globale Steuerreform. Neben der Mindeststeuer von 15 Prozent soll auch dafür gesorgt werden, dass Großkonzerne künftig dort Steuern zahlen, wo sie ihre Umsätze machen, wie aus einer gemeinsamen Erklärung der G7 hervorgeht. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sprach von einer „Steuerrevolution".
Ziel ist es, die multinationalen Konzerne stärker zur Kasse zu bitten. Bisher werden Unternehmenssteuern nur am Firmensitz fällig, aber nicht in den Ländern, wo die Konzerne aktiv sind, was bei den Digitalunternehmen oft in fast der ganzen Welt der Fall ist. Das führte dazu, dass viele Unternehmen ihren Firmensitz in Länder mit niedrigeren Unternehmenssteuern verlagerten.
Ende Oktober sprachen sich dann auch die Staats- und Regierungschefs der 20 führenden Wirtschaftsmächte bei einem Gipfeltreffen für die globale Reform der Unternehmenssteuer aus. Im Rahmen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hatten der geplanten Reform bereits 136 Staaten auf Ministerebene zugestimmt. Die Länder machen zusammen gut 90 Prozent der Weltwirtschaftsleistung aus. Mit dabei sind auch bekannte Steueroasen wie die Cayman-Inseln und Länder wie Irland, die sich angesichts ihrer niedrigen Steuersätze bis zuletzt sträubten. •
30.06.2021
Extreme Hitze in Kanada
Die anhaltende Hitzewelle im Westen Kanadas sorgte Ende Juni und auch im Juli für neue Höchsttemperaturen und zahlreiche Brände. Außerdem trug sie zu mehreren Todesfällen bei. 49,6 Grad Celsius zeigte das Thermometer am
30. Juni in Lytton in der Provinz British Columbia an, wie die örtliche Wetterbehörde auf Twitter mitteilte. Das sei ein „Allzeit-Temperaturrekord". Zunächst hatte die Wetterbehörde von 49,5 Grad als vorläufigem Wert gesprochen und diesen später auf 49,55 Grad (aufgerundet 49,6) aktualisiert.
Die Hitze habe bereits zu Dutzenden Todesfällen beigetragen, berichten kanadische Medien. Binnen weniger Tage seien alleine in der Provinz British Columbia mehr als 100 plötzliche Todesfälle bei der Polizei gemeldet worden, berichtete der TV-Sender CBC. Extreme Hitze wurde in der Mehrzahl der Fälle als Mitursache angesehen. Allein in der Stadt Burnaby östlich von Vancouver seien in einem Zeitraum von 24 Stunden mehr als 25 Menschen plötzlich gestorben, teilte die Royal Canadian Mounted Police mit. Unter den Toten seien viele ältere Menschen gewesen.
Die Polizei rief die Bevölkerung auf, besonders auf Risikogruppen zu achten. In der Westküstenmetropole Vancouver wurden mehrere klimatisierte Zentren eingerichtet, wo Menschen Zuflucht vor der Hitze finden können.
17.06.2021
Chinas Stützpunkt im All
Drei Astronauten haben Mitte Juni erfolgreich Chinas im Bau befindliche Raumstation erreicht. Das Raumschiff „Shenzhou 12" (Magisches Schiff) mit den Raumfahrern Nie Haisheng, Liu Boming und Tang Hongbo an Bord hob vom Raumfahrtbahnhof Jiuquan in der Wüste Gobi ab. Die Reise war die erste bemannte chinesische Raumfahrtmission seit fünf Jahren. Das chinesische Staatsfernsehen zeigte Livebilder vom Start und vom Raumschiff, als es etwa 15 Minuten später in der Erdumlaufbahn seine Sonnenflügel ausklappte. Die Astronauten öffneten ihre Helmvisiere und winkten in die Kamera. Etwa sechs Stunden später dockten sie in einem automatischen Verfahren erfolgreich an das Kernmodul „Tianhe" an. Es ist das bisher einzige von drei geplanten Modulen, das sich bereits im All befindet. Die Station ist in einer Höhe von etwa 370 Kilometern unterwegs.
Das erste Modul der „Tiangong", die bis Ende 2022 fertig sein soll, war Anfang Mai ins All geschickt worden. Ende Mai folgte ein weiterer Frachtflug mit Material und Treibstoff. Um die Raumstation fertigzubauen, werden noch zwei jeweils gut 20 Tonnen schwere Labormodule ins All gebracht. Im nächsten Jahr sind zwei weitere Frachtflüge sowie zwei bemannte Missionen geplant. Wenn die internationale Raumstation ISS in den nächsten Jahren wie geplant außer Betrieb geht, wäre China das einzige Land, das noch einen ständigen Außenposten im All betreibt. Chinesische Astronauten durften auf Drängen der USA nicht an Missionen auf der ISS teilnehmen.
Zwei Wochen später stiegen die chinesischen Astronauten zu einem Außeneinsatz aus der Raumstation aus. Während ihres mehrstündigen Einsatzes führten sie Arbeiten an der Außenseite der Station durch und machten einige Tests, wie chinesische Staatsmedien berichteten. Später kehrten beide wohlbehalten in den Innenraum der Station zurück. Für China war es erst der zweite Weltraumspaziergang überhaupt, nachdem erstmals im September 2008 ein chinesischer Astronaut aus dem Raumschiff „Shenzhou 7" ausgestiegen war. Für den Außeneinsatz an der Raumstation hatten chinesische Ingenieure einen neuen rund 100 Kilogramm schweren Raumanzug entwickelt, der angenehmer zu tragen sein soll und längere Einsatzzeiten im All ermögliche. Ein an die Station angebrachter 15 Meter langer Roboterarm sollte die Astronauten bei ihren Arbeiten unterstützen.
25.06.2021
Messerattacke auf Passanten
Offensichtlich ohne jede Vorwarnung greift ein 24 Jahre alter Mann am 25. Juni gegen 17 Uhr in einem Kaufhaus in Würzburg Menschen mit einem langen Messer an. Auch in einer gegenüberliegenden Bank und auf der Straße attackiert er der Polizei zufolge Passanten, die er gar nicht kennt. Drei Frauen im Alter von 24, 49 und 82 Jahren sterben durch die Stiche. Zudem verletzt der Angreifer drei weitere Frauen im Alter von 39, 52 und 73 Jahren, ein Mädchen (11) und einen Jugendlichen (16) lebensgefährlich sowie drei Männer (38, 52 und 57 Jahre) sowie eine weitere Frau (26) leicht. Die Elfjährige ist die Tochter der getöteten 49-Jährigen. Nach Angaben des bayerischen Innenministers Joachim Herrmann (CSU) habe der Täter gezielt auf Kopf und Hals der Betroffenen eingestochen. Der Angreifer ist den Ermittlern zufolge 24 Jahre alt und hat die somalische Staatsbürgerschaft. Er ist seit etwas mehr als sechs Jahren in Deutschland. Zuletzt lebte er in einer Obdachlosenunterkunft in Würzburg. Er befindet sich legal auf der Grundlage eines Asylverfahrens in Deutschland, sagen die Behörden. Der Polizei war der Mann bereits vor der Attacke bekannt. Nach psychischer Auffälligkeit musste er kurz vor der Tat in psychiatrische Behandlung – zwangsweise, wie Herrmann sagte.
24.06.2021
Ungarn auf Konfrontation
Das ungarische Gesetz zur Einschränkung von Informationen über Homo- und Transsexualität entzweit die Europäische Union. Beim EU-Gipfel am 24. Juni gab es eine hitzige Debatte mit scharfer Kritik an Ungarn. Einzelne Staats- und Regierungschefs stellten demnach sogar infrage, ob Ungarn bei der Fortsetzung der aktuellen Politik noch einen Platz in der EU haben kann oder brachten die Kürzung von EU-Geldern über den neuen Rechtsstaatsmechanismus ins Spiel. Klare Unterstützung für Ministerpräsident Viktor Orbán hätten lediglich Polen und Slowenien signalisiert, hieß es.
Das ungarische Gesetz zur Einschränkung von Informationen über Homo- und Transsexualität war in der Nacht zum 24. Juni in Kraft getreten. Es verbietet Publikationen, die Kindern zugänglich sind und nicht-heterosexuelle Beziehungen darstellen. Auch wird Werbung verboten, in der Homosexuelle oder Transsexuelle als Teil einer Normalität erscheinen.
In der Folge kommt es europaweit zu Protesten gegen die ungarische Regierung – auch medienwirksam bei der Fußball-Europameisterschaft, bei der demonstrativ überall die Regenbogenfarben gezeigt werden. Auch abseits der EM solidarisieren sich ganze Städte und illuminieren ihre Stadien als Protest in den Regenbogenfarben.