Unmittelbar vor den Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg sorgt die Maskenaffäre der Union für Schlagzeilen. Zwei Parlamentarier müssen ihren Hut nehmen.
Zur Unzeit wird die Union von einer Affäre um Maskengeschäfte ins Mark getroffen: Ausgerechnet im Superwahljahr 2021, noch dazu kurz vor den Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg, treten die Bundestagsabgeordneten Georg Nüßlein (CSU) und Nikolas Löbel (CDU) aus ihren Parteien aus. CDU-Chef Armin Laschet, CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak und Unions-Fraktionsvorsitzender Ralph Brinkhaus hatten zuvor die beiden Abgeordneten nachdrücklich zum sofortigen Ausscheiden aus dem Parlament aufgefordert.
Was war geschehen? Der frühere Fraktionsvize der Union, Georg Nüßlein, ist ins Visier der Münchener Generalstaatanwaltschaft geraten – unter anderem wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit und der Bestechung von Mandatsträgern. Dem 52-jährigen Diplom-Kaufmann wird der Ankauf von Corona-Schutzmasken zur Last gelegt. Nüßlein soll Provisionen in sechsstelliger Höhe (660.000 Euro) für die Vermittlung von Maskengeschäften erhalten haben. Gegen ihn und weitere Beschuldigte, darunter Bayerns ehemaliger Justizminister Alfred Sauter (CSU), ermittelt die Generalstaatsanwaltschaft unter anderem wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern. Nüßlein weist die Vorwürfe – ebenso wie Sauter – zurück. Der Krumbacher Abgeordnete soll einen Auftrag für die Maskenbeschaffung für die Bundes- und die bayerische Staatsregierung in die Wege geleitet und sich so persönlich bereichert haben.
Vorwurf der Bereicherung
Über seinen Anwalt ließ der CSU-Politiker aus dem Wahlkreis Neu-Ulm eine Stellungnahme verlauten. Für Nüßlein habe die „öffentliche Vorverurteilung meiner Person“ ein derartiges Maß erreicht, das für ihn selbst, aber vor allem auch für seine Partei unerträglich sei. Um Nachteile von der CSU abzuwenden, sei er mit sofortiger Wirkung aus der Fraktion ausgetreten, sein Mandat wolle er aber bis zum Ende der Legislaturperiode behalten.
In der Folge hat der Bundestag Mitte April erneut die Immunität Nüßleins aufgehoben. Das Parlament machte damit den Weg für weitere Maßnahmen gegen den ehemaligen CSU-Parlamentarier frei. Wie der Leitende Oberstaatsanwalt Klaus Ruhland erläuterte, gebe es keine neuen Vorwürfe gegen den 52 Jahre alten Politiker. Es gehe um die Sicherstellung von Vermögenswerten wie Kontenguthaben oder Immobilien. Hintergrund ist, dass in einem Prozess das Gericht dann die Einziehung von Geld anordnen kann, wenn dieses durch eine Straftat kassiert worden ist. Mitte Juli haben die Verteidiger Nüßleins Beschwerden eingelegt, verbunden mit scharfer Kritik am Vorgehen der Ermittler. „Vergütete Unterstützungsleistungen von Herrn Dr. Nüßlein im Rahmen der Beauftragung von Maskenlieferungen im März 2020 stellen keine strafbare Handlung dar“, erklärte dazu sein Anwalt Himmelsbach. Der Verteidiger argumentiert, dass die Maskengeschäfte nichts mit Nüßleins Abgeordnetentätigkeit zu tun gehabt hätten. „Es bestand dabei kein Bezug zur Mandatswahrnehmung durch Herrn Dr. Nüßlein als Abgeordneter im Deutschen Bundestag.“
Bundestag und -rat verschärfen Transparenzregeln
Nach Nüßleins Rückzug folgte dann auch der des CDU-Bundestagsabgeordneten Löbel, der öffentlich zugegeben hatte, an Geschäften mit Corona-Masken beteiligt gewesen zu sein. Löbels Firma erhielt seiner eigenen Darstellung nach Provisionen in Höhe von 250.000 Euro für die Vermittlung von Kaufverträgen über Masken zwischen einem baden-württembergischen Lieferanten und zwei Privatunternehmen mit Sitz in Mannheim und Heidelberg. Zunächst zog sich der 35-jährige CDU-Politiker aus dem Auswärtigen Ausschuss des Bundestages zurück. Anders als sein Kollege von der Schwesterpartei CSU ging Löbel aber weiter: Nicht nur beendete er seine Mitgliedschaft in der CDU/CSU-Fraktion, auch legte er sein Bundestagsmandat nieder und kündigte an, dass er nicht mehr für den Bundestag kandidieren werde. Zuletzt trat Löbel sogar aus der CDU aus, offenbar, weil der parteiinterne Druck zu groß geworden war.
Als Reaktion auf die Privatgeschäfte von Unionspolitikern mit Schutzmasken forderte Transparency International Deutschland, bestimmte Formen von Lobbyismus zukünftig zu sanktionieren. Der Deutschlandchef von Transparency International, Hartmut Bäumer, sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, die Fraktionen im Bundestag sollten ähnliche interne Regelungen aufstellen „mit einem abgestuften Sanktionsmechanismus von der Abmahnung bis zum Fraktionsausschluss“.
Die Politik reagierte und zog die Konsequenzen aus der Maskenaffäre. Bereits im Juni beschloss der Bundestag einen gemeinsamen Gesetzentwurf von CDU/CSU, SPD, Grünen und Linken, der höhere Strafen bei Bestechung vorsieht, die Annahme von Geldern verbietet und die Pflichten zur Offenlegung von Nebeneinkünften ausweitet. Der Bundesrat hat den verschärften Transparenzregeln für Bundestagsabgeordnete Mitte September ebenfalls zugestimmt.