Fahrzeug-Konzerne setzen auf immer größere Elektroautos, weil sich damit mehr verdienen lässt. Der Umwelt tut man damit keinen Gefallen – und dem Geldbeutel auch nicht. Zum Glück gibt es Alternativen.
Ein bisschen wackelig ist er schon. Wenn der Seitenwind über die Landstraße fegt, fühlt es sich an, als kippe der Fiat 500 gleich in den Graben. Was natürlich nicht passiert, schließlich ist auch die elektrische Variante des italienischen Kleinwagens mit allerlei Sicherheitstechnik ausgestattet. Zwischen PS-strotzenden SUVs und drängelnden Schwertransportern huscht er aber dann doch ziemlich verlassen über den Asphalt.
Hinter der Ausfahrt wird es besser. Ruhiger Stadtverkehr, enge Parklücken, Ladestationen, die notfalls auch von hinten angefahren werden können: In diesem Habitat spielt der Fiat seine Stärken voll aus. Noch dazu wirkt er innen recht stylisch: das Display hochauflösend, das Armaturenbrett lackiert. Im Innenraum ist die Skyline von Turin nachgebildet – alles Spielereien, aber eben auch Liebe zum Detail.
Kleine Flitzer wie den Fiat 500 sieht man in der Werbung der Autokonzerne nur selten. Diese stellen lieber ihre PS-starken SUVs und Limousinen nach vorne, weil sich damit deutlich mehr Geld verdienen lässt. Ob Audi e-tron, BMW ix oder Mercedes EQS: Die schweren Gefährten schaffen mittlerweile mehr als 500 Kilometer ohne Ladestopp, kratzen je nach Ausstattungsvariante aber auch an der 100.000-Euro-Marke oder gehen sogar darüber hinaus. Von Umweltschutz kann bei solchen Dimensionen keine Rede mehr sein; Rohstoff- und Energieverbrauch sind enorm.
Angegebene Reichweite trifft auf Alltagsrealität
Wer genau hinschaut, findet im Elektro-Sektor aber durchaus Modelle, die klein und wendig sind – und manchmal auch den Geldbeutel schonen. Beim besagten Fiat 500 ist Letzteres leider nicht der Fall. Der stylische Italiener ist im Premiumsektor angesiedelt und kostet 29.560 Euro. Nach Abzug der Förderung muss man also immer noch mehr als 20.000 Euro auf den Tisch legen – eine stattliche Summe für ein Fahrzeug, das zwar schick ist, aber per Definition weder Beinfreiheit noch Stauraum bietet.
Mit einer Akku-Ladung kommt er auf dem Papier 323 Kilometer weit; bei unserer Testfahrt unter Realbedingungen (Stadt und Autobahn gemischt) waren es allerdings nur rund 200 Kilometer. Immerhin: An Schnellladestationen kann man den Flitzer innerhalb von 20 bis 30 Minuten wieder aufladen. Diesen Luxus bieten längst nicht alle Kleinwagen an. Er macht sie langstreckentauglich, schlägt sich aber auch im Preis nieder.
Ähnlich sieht es beim Honda e aus. Auch dieser Kleinwagen setzt auf Design und technische Spielereien. Das gesamte Armaturenbrett besteht aus Displays; statt Außenspiegeln kommen Kameras zum Einsatz. Im Innenraum ist sogar Holz verarbeitet. Und auch hier gibt es eine Schnelllade-Funktion. Mit Preisen ab 33.850 Euro ist der Honda e allerdings nochmals teurer als der Fiat – trotz geringerer Reichweite (222 Kilometer).
Damit die Preise purzeln, muss man Abstriche in Kauf nehmen. So kostet der Smart EQ fortwo in seiner günstigsten Variante um die 22.000 Euro, kommt aber nur 135 Kilometer weit und bietet keine Schnelllade-Funktion. Der elektrische Renault Twingo ist ab 23.790 Euro zu haben. Er kommt auf dem Papier 190 Kilometer weit, weist aber eine Besonderheit auf: Er hat keinen Schnelllade-Anschluss, kann aber mit bis zu 22 Kilowatt an „normalen" Ladestationen Strom ziehen. Selbst teurere und größere Elektroautos können im langsamen AC-Standard meist nur mit 11 Kilowatt laden.
Der mit Abstand günstigste Elektro-Kleinwagen ist zurzeit der Dacia Spring. Er kostet 20.499 Euro; ist nach Abzug der Förderung also für knapp 11.000 Euro zu haben. Das Argument, dass sich nur Wohlhabende ein E-Auto leisten können, scheint an dieser Stelle widerlegt. Was die Ausstattung angeht, muss man bei dem Billig-Stromer erwartungsgemäß Einbußen in Kauf nehmen: Im Innenraum regiert Plastik, das Display ist klein, die Bremse wird von Hand angezogen. Gestartet wird der Spring nicht per Knopf, sondern klassisch per Zündschluss. Die Reichweite beträgt 230 Kilometer; bei einem Tempo von 125 km/h ist Schluss.
Aber es gibt auch viele positive Überraschungen. So ist der Dacia Spring geräumiger als die zuvor genannten Kleinwagen. Hinten finden zwei Personen halbwegs passabel Platz – zumindest, wenn es sich nicht um Riesen handelt. Der Kofferraum fasst 270 Liter und damit mehr als bei Fiat, Smart und Co. Und sogar eine – nicht wirklich schnelle – Schnell-Ladefunktion mit bis zu 30 Kilowatt lässt sich dazu bestellen.
Dacia Spring miserabel beim EuroNCAP-Crashtest
Größtes Manko: die Sicherheit. Beim EuroNCAP-Crashtest erhielt der Dacia Spring nur einen von fünf Sternen. Zwar blieb die Fahrgastzelle beim Aufprall intakt, das Verletzungsrisiko des Fahrers, vor allem im Brustbereich, ist jedoch hoch. Auch beim Seitencrash und beim Pfahl-Anprall schnitt der Dacia schlecht ab – ein gewichtiges Argument, das gegen den günstigen Kleinwagen spricht. Mit einer spartanischen Ausstattung kann man im Zweifel leben, mit mangelnder Sicherheit nicht.
Der Vollständigkeit halber seien noch zwei Auto erwähnt, die größer sind als Fiat, Smart und Honda. Damit erfüllen sie streng genommen nicht mehr den Anspruch, in jede Parklücke zu passen. Aber sie bieten mehr Ausstattung und kosten teilweise sogar weniger als die oben genannten Premium-Kleinwagen. Gemeint ist zum einen der Renault Zoe. Er ist ab 29.990 Euro zu haben, hat eine Normreichweite von 316 Kilometern und lädt – genau wie der Twingo – dreiphasig mit 22 Kilowatt. Ein Schnelllader ist aufpreispflichtig. Der Opel Corsa-e hat ebenfalls einen Einstiegspreis von 29.900 Euro. Er bietet 337 Kilometer Normreichweite und ist serienmäßig mit Regensensor, diversen Assistenzsystemen und einem 100 Kilowatt-Schnelllader ausgestattet. Das ermöglicht ein Aufladen auf 80 Prozent in einer halben Stunde. Dadurch steht einem langen Ausflug oder einer Urlaubsfahrt nichts im Weg.
Trotzdem zu teuer? Dann bleibt immer noch der Klassiker unter den Kleinwagen, der VW e-up. Doch VW hat die Produktion unlängst eingestellt. Erst 2025 will der Wolfsburger Autobauer wieder einen neuen Kleinwagen herstellen. Bis dahin bleibt nur der Blick ins Internet: Auf Gebrauchtwagen-Börsen sind die Flitzer bereits für unter 10.000 Euro gelistet. Das kann selbst der Preiskönig Dacia Spring nicht toppen.
So günstig gebrauchte Elektroautos auf den ersten Blick auch erscheinen mögen, so viele Jahre haben ihre Batterien schon auf dem Buckel. Bei einem gebrauchten VW e-up sollte man daher keine Reichweiten von mehr als 100 Kilometer erwarten.