Alpaka-Exkursionen, Schneeschuhwandern, Rodeln, Kutschfahrten und Skikurse für Youngster: In der Region Saalfelden Leogang in Österreich lernen schon die Kleinsten mit viel Spaß, wie schön und abwechslungsreich der Winter in den Alpen sein kann.
Enzo hat keine Lust. Warum mit irgendwelchen Touris durch die Gegend trotten, wo doch die ganze Horde im Gehege ist? Inklusive Milo, seinem besten Freund. Erst als der angeschirrt wird, ändert der kohlrabenschwarze Enzo schlagartig seine Meinung. Warum eigentlich eingepfercht sein, wo doch unter dem jungen Schnee saftiges Gras wartet?
Für den dreijährigen Großstadtcowboy Marc Robin könnte die Aufregung kaum größer sein. Schließlich kann man ja nicht alle Tage Mini-Kamele aus den Anden durch die österreichischen Alpen führen. Mutig greift er sich Enzos Leine. Ein bisschen Ehrfurcht zeigt er dann schon. Aber irgendwie spürt der Junge, dass die Zotteltiere sehr sanfte Wesen sind. Das versichert auch Guide Gerhard Wimmer. Seit 2013 züchtet er die Kameliden im Salzburger Land und ist sich ihrer harmonisierenden Wirkung auf den Menschen sicher. „Wann immer ich Spannungen zwischen meinen Gästen spüre, nach ein paar Hundert Metern mit den Alpakas sind sie verflogen." Es seien gutmütige und intelligente Tiere. „Davon abgesehen verlieren sie auch im Sommer ihr Winterfell nicht", ergänzt Wimmer. Der Umstand mache die Wolle besonders fein und warm, früher sei sie sogar nur dem Hochadel vorbehalten gewesen. Kein Wunder also, dass die edle Naturfaser bis heute „Vlies der Götter" genannt wird.
Göttliche Wolle hin oder her, dass Enzo und Milo laufend stur wie Esel stehen bleiben, um das unwiderstehliche Gras unterm Schnee zu verputzen, nervt den dreijährigen Marc Robin dann doch irgendwann ein bisschen. Aber erst kommt bekanntlich das Fressen, dann kommt die Moral.
Spaß auf vier Rodelbahnen
Alpaka-Spaziergänge sind nur eine der vielen Aktivitäten, die die Region Saalfelden Leogang am Steinernen Meer und im Pinzgau zu bieten hat. Sie gilt als die kontrastreichste Urlaubsdestination von ganz Österreich. Ein großer Pluspunkt, grade in diesen herausfordernden Zeiten. Auf satten 150 Kilometern können beispielsweise Langläufer fernab von jeglichem Halligalli, ja fast meditativ, über die weißen Loipen gleiten. Wer es noch urwüchsiger mag, stapft querfeldein auf geführten Schneeschuhtouren durch jungfräulichen Tiefschnee.
Generationsübergreifenden Spaß versprechen hingegen die vier Rodelbahnen. Auf der Naturpiste am Biberg geht die Schussfahrt unendlich lange 6.000 Meter ins Tal. Eine Riesengaudi für Kids und Junggebliebene, die sich spätestens jetzt an glückliche Kindheitstage erinnern. Wer sich lieber ganz gemütlich auf zwei Kufen durch die winterliche Bilderbuchlandschaft kutschieren lassen möchte, darf eine Pferdeschlittenfahrt mit Georg Mitterlechner auf keinen Fall verpassen. Mit den zwei PS seiner beiden Pinzgauer Gegirgskaltblüter geht es gemächlich durch das vielleicht schönste, wohl aber romantischste Tal des gesamten Salzburger Landes: durch das Schwarzleotal. Links und rechts des Weges steil aufragende, dicht bewaldete Hänge, aus denen einst Kupfer, Silber, Nickel, Quecksilber und Kobalt gebrochen wurde. Und am Fuße der fast im Schnee versunkene Schwarzleobach, der Tag für Tag und Nacht für Nacht gegen das Zufrieren ankämpft. Außer dem Schnaufen der kräftigen Rösser und dem sanften Knirschen des Schnees unter den Kufen nur der Klang der Stille.
Aber am Ende locken eben doch die Abfahrten auf den glitzernden Pisten hoch über dem Tal. Bevor es jedoch da hinaufgeht, heißt es erst einmal in die Schule gehen. Und zwar in die Skischule. „Ja, es gibt sie, die Naturtalente. Die erlernen das autodidaktisch", erklärt Gerhard Altenberger, Chef der Skiszene Altenberger aus jahrzehntelanger Erfahrung. „Das sind aber die wenigsten. Haben sich erst einmal Fehler eingeschliffen, sind sie später nur schwer auszubügeln." Altenberger weiß, wovon er spricht. Sein Vater Sepp hat die Skischule vor nunmehr fast 70 Jahren gegründet. Die erste in Leogang. 2011 und 2013 wurde sie gar zur besten des Landes erklärt. „Alles begann und beginnt mit der richtigen Ausrüstung. Da hat sich unglaublich viel getan in Sachen Sicherheit seit der Gründung anno 1952."
Auch oder gerade beim Equipment für die Youngster. Beim dritten Skischuh gibt Marc Robin sein Okay. Der sitzt wie angegossen. Dann noch der Helm und schließlich die Skier selbst. Schon geht es auf den flachen Übungshang für die Kleinsten. Wie steht es sich eigentlich auf solch komischen Brettern? Und wie lässt man sich von so einem merkwürdigen Förderband nach oben bugsieren? Katerina Jirova zeigt es den Debütanten. Die Tschechin hat sich auf die Kleinsten spezialisiert und weiß, dass die ersten Erlebnisse prägend sind. „Die müssen richtig Spaß machen. Am besten, die Eltern gehen und genießen ihre freie Zeit. Nach fünf Minuten auf Skiern haben die Kiddies sie eh vergessen."
Skikurs für die Kleinen
Dann ist es auch schon so weit, die erste Abfahrt droht. Was für eine aufregende Melange aus Neugier und Bewegungsdrang mit einem ordentlichen Schuss Respekt und Adrenalin. Dabei ist die Piste keine zehn Meter lang und das Gefälle mehr als moderat. Und los geht es auf den Brettern, die jetzt die kindliche Welt bedeuten. Ein paar Sekunden später fängt Katerina die neu gebackenen Skifahrer auf und lobt jeden einzelnen, auch wenn es bei dem einen oder anderen noch etwas wacklig aussah. Die Neulinge haben jedenfalls riesig Spaß. Also alles gleich noch mal. „Ginge es nach den Kindern, könnte es bis spät in die Nacht so weitergehen", lacht Katerina. „Sie vergessen sogar ihren Hunger." Dann würden sie aber ihr leckeres Kindermenü in der „Kraller Alm" verpassen. So ein Mittagessen in einem zünftigen Lokal mit den anderen Kids und den tiefenentspannten Skilehrern ist doch tausendmal schöner als immer mit den Eltern essen zu müssen.
Die „Kraller Alm" gehört zum nahegelegenen „Krallerhof", einem Vier-Sterne-Superior-Hotel, das in vierter Generation von der Familie Altenberger betrieben wird und als Institution im Salzburger Land gilt. Zu Recht. Hier trifft Top-Hotellerie auf Gastlichkeit, die von Herzen kommt. Raffinierte Haute Cuisine konkurriert mit bester regionaler Küche um die Gunst des Gaumens.
Letzteres hat allerdings einen gewaltigen Haken: Es fällt unheimlich schwer aufzuhören, selbst wenn man längst satt ist. Kleiner Trost: Am nächsten Morgen warten schon Schneeschuhe, Skier oder die Alpakas im Schnee.