Auf vietnamesischem Grund, aber mit japanischen und thailändischen Anklängen, bewegt sich das „Dong A" im „KPM Hotel" in Tiergarten. Geschäftsführer Quang Dat Ngo und sein Team bieten zu jeder Tageszeit Vielversprechendes aus Küche und Bar.
Auf den Abend im „Dong A" hatte ich mich schon lange gefreut. Panasiatische Küche im klar strukturierten dunkelgrauen Ambiente des „KPM Hotel" mit modern gezackten Porzellan-Kaffeefiltern und Tellern in klassischen Designs an den Wänden – das versprach einen für Auge und Gaumen reizvollen Abend. Und der wurde es. Wir aßen uns durch einige Vorspeisen, Klassiker aus der Hauptgerichte-Abteilung und – sorry, mehr ging nicht! – ein Dessert von der Abendkarte hindurch.
An einem winterlichen Pandemie-Freitagabend hatten wir in dem von Familien, Paaren und einer Geburtstagsgesellschaft gut besuchten Restaurant einen sehr wohlfühligen Abend. Er überzeugte durch die eher leichtfüßigen als wuchtigen Gerichte mit vietnamesischer Grundierung und mit erkennbaren Abzweigen nach Japan und Thailand. „Das ist ein Familienrestaurant", merkte die kulinarische Freundin Nummer eins an. „Jeder findet, was er mag."
Stimmt. Die Familie rechts nebenan beglückte ihren Jüngsten mit einem „Dong A-Burger". Der wartet mit einem Rindfleischpatty plus charakteristischen Asia-Elementen von Koriander, Mango-Streifen und Kimchi auf. Für 11,90 Euro ein vollkommen korrektes Angebot auf der Karte. Süßkartoffelstäbchen können für fünf Euro hinzugeordert werden. „Da wirst du nicht arm, wenn du mit mehreren essen gehst", sagt die Freundin, die selbst häufig zu viert unterwegs ist.
Wir drei warfen wiederum einen genauen Blick auf die Allergen-Liste. Freundin Nummer zwei verträgt kein Gluten. Im asiatischen Segment ist das bei Grundprodukten wie Gemüse, Reis oder Fleisch kein Problem. Doch der Teufel kann in Soja- oder Teriyaki-Saucen stecken. Deren Bestandteile sind nicht immer glutenfrei.
Bei den „Spicy Beef Rolls", einem Gästeliebling bei den Starters, wird der Pfannkuchenteig der Hülle aus Weizenmehl zubereitet. So bekommt die Freundin ein Special in Reispapier-Hülle. Jede von uns dreien beißt in das für sie passende Röllchen, das mit mariniertem Beef-Hack, Gurke und Avocado gefüllt ist. Von der Joghurt-Honig-Sauce nehmen wir alle, ebenso von den ausgebackenen Zwiebelringen.
Vor allem die Roastbeef-Platte kommt bestens an
„Wir setzen auf Qualität und machen alles selbst", sagt „Dong A"-Geschäftsführer Quang Dat Ngo. „Deshalb sind wir gut auf solche Besonderheiten eingestellt." Standard-Tiefkühl-Frühlingsrollen gibt es nicht: Wer die hausgemachte Rollen-Version „mit" wählt, bekommt Hühnerbrust, Garnelen, Lachs und Morcheln in knusprig ausgebackenem Teig zur Chili-Limetten-Sauce. Oder wird mit Bio-Tofu, Taro-Wurzel, Bohnen, Morcheln, Shiitake zu Soja-Schalotten-Dip „de luxe vegetarisch" kulinarisch eingewickelt.
Einen kleinen „Feuerlachs" probieren die glutenfreie Freundin und ich à deux. Nummer eins mag keinen Fisch. Die kurz angeflämmten Wildlachsstreifen mit einem Strich Avocadomus, Seetangsalat und Ingwerröllchen sind genau unser Ding. „Der Lachs hat eine schöne Konsistenz. Du berührst ihn mit dem Messer, und er fällt auseinander", sagt die Freundin. Sie tunkt ihre Happen in einen glutenfreien Wasabi-Limetten-Dip, ich meine in eine Teriyaki-Sauce. Die süße Note der japanischen Soja-Reiswein-Sauce gefällt mir besser zum pur gehaltenen Fisch. Wasabi-Limette schlägt pikant und säuerlich eine grundsätzlich andere Richtung ein, die aber ebenfalls okay ist.
Bei geschmorten Kalbsrippchen mit Sternanis, Pak Choi und hausgemachtem Kimchi treffen wir uns alle drei wieder. „Das sind die schönen Seiten des Winters", seufzt Freundin Nummer eins das glasierte Fleisch an. „Mit Sternanis und Sesam gewürzt und butterweich." Der Kimchi dazu meint es ernst: Seine Schärfe ist nicht nur für den deutschen Gaumen gedacht und kontrastiert das vollmundig-sanfte Fleisch sehr gut.
Mit einer „Ente to heaven" entschweben wir bei den Hauptgerichten in höhere Sphären. Oder mag dieser Eindruck ganz irdisch durch den Spirit der Mekong-Whiskey-Sauce entstehen, die das gegrillte Entenbrustfilet auf dem Gemüsebett begleitet? In jedem Fall ist die Kombi mit Rettichfäden und Sesam on top sehr schmackhaft. Zu Recht erfreut sich außerdem die Roastbeef-Platte großer Beliebtheit: In Streifen geschnittenes Rinderhüftsteak unter einer Rispe grünem Pfeffer macht sich auf gegrilltem Grünspargel, Pak Choi und Olivensauce lang. Jede pflückt sich die ihr genehme Anzahl Beeren vom Strang. „Das ist ein wirklich wärmendes Essen, ohne dass du Schweinshaxengefühle hast", meint die erste Freundin.
Für die innere Hitze sorgt ebenfalls ein „Hotategai Golden"-Hot-Pot: Gegrillte Jakobsmuscheln baden gemeinsam mit Lauch, Schalotten, frischer Ananas und Süßkartoffeln in gelber Kokos-Curry-Sauce. „Curry, Pfeffer, Sojasauce. Das sind richtige Wohlfühlessen mit dem ganzen Umami."
Weil wir so wohlig unterwegs sind, gönnen wir uns ein cremiges Matcha-Eis mit Melonen-Schiffchen und Sahnegebirge zum Abschluss. „Das ist mein Lieblingseis", verrät Isabel Engel vom Service. „Das esse ich immer, wenn ich die Abrechnung mache."
Inhaber benannte Restaurant nach erstem Lehrer
Unsere Wahl hätte gänzlich anders ausfallen können: auf gebratene Udon-Nudeln mit Gemüse, Teriyaki plus Meeresfrüchte oder Fleisch. Oder auf eine Pho Ha Noi, Papaya-Salat oder eine Garnelenplatte. „Im Sommer hätten wir mit Salaten und Suppen einen ganz anderen Abend gehabt und uns ebenso wohl gefühlt", sagt die Freundin. Abwechslungsreichtum und Möglichkeiten machen Lust aufs Wiederkommen, zumal die Hauptgerichte mit Preisen ab 13,90 Euro nicht nur für besondere Anlässe geeignet sind. Ein jüngeres Paar am anderen Nebentisch wählte die kleine Version der Garnelenplatte mit 500 Gramm scharf angebratenen Black Tiger Prawns. Sie werden mit Süßkartoffel-Pommes, Wok-Gemüse und gebratenem Reis serviert. Aioli, Wasabi-Limetten-Dip und Chili-Aioli stehen zum Stippen bereit. Ein ideales Gericht für einen zweisamen Abend mit langen Gesprächen: „Ein tolles Essen und für 45 Euro zu einem sehr fairen Preis", sagt der Mann. Hört sich so an, als ob die beiden nicht das erste Mal im „Dong A" gewesen wären.
Während wir abends länglich unsere Teller erkunden, geht es zu anderen Zeiten flotter zu. Mittags stehen 15 Gerichte für 4,90 bis 10 Euro zur Wahl. Zwei bis drei wechseln jede Woche. „Man wartet nie länger als fünf Minuten auf sein Essen", sagt Quang Dat Ngo. Das Restaurant mit seinen bis zu 100 Plätzen im Innen- und vier Terrassen im Außenbereich ist auf unterschiedliche Bedürfnisse eingestellt. Das Frühstück für Hotelgäste bietet immer auch ein, zwei, drei Schlenker ins Asiatische. Abends ist die Bar, die Hotel-Rezeption, Lobby und Restaurant verbindet, ein weiterer Anziehungspunkt.
Wir wählen einen leichten Blaubeer-Hugo und einen Gurken-Mojito als Aperitif. Hätten wir einen Sommerabend vor uns, täten wir es vielleicht den Hotelgästen gleich, die sich nach der Bestellung mit ihrem Drink und Nüsschen gern auf die Dachterrasse verziehen, um den Ausblick auf den Tiergarten und City West zu genießen.
Und wer oder was ist „Dong A"? „Es ist der Name meines ersten Lehrers in Vietnam", verrät Quang Dat Ngo. „Ich habe ihn gefragt, ob ich das Restaurant nach ihm benennen darf."
Das „Dong A" ist eine versteckte Schönheit, die womöglich noch nicht so eigenständig wahrgenommen wird, wie es ihr gebühren würde. Die Pandemie ist mal wieder schuld: Im November 2019 war das Soft Opening von Hotel und Restaurant. Die für März 2020 geplante glanzvolle offizielle Eröffnung fiel dem Lockdown zum Opfer. An uns soll es jedenfalls nicht scheitern: Wir wissen schon, was für ein geschmackvolles panasiatisches Kleinod im Neubauviertel zwischen Salzufer und Spreekurve und in fußläufiger Nähe zum S-Bahnhof Tiergarten nur darauf wartet, von noch mehr Menschen entdeckt zu werden.