Katharina Hobgarski ist derzeit die beste Tennisspielerin des Saarlandes. Die 24-Jährige aus Freisen-Haupersweiler möchte nach einer verletzungsbedingten, zweijährigen Leidenszeit endlich wieder durchstarten.
Tennis ist ein Rückschlagspiel. Sportlich betrachtet gehören Rückschläge (englisch: Returns) also dazu. Vor allem jene, die auf dem Platz und mit Schläger und Ball gespielt werden. Katharina Hobgarski musste in den vergangenen Jahren auch neben dem Spielfeld einige Rückschläge hinnehmen. Nach zwei Operationen und einer Covid-19-Erkrankung zeigt die Formkurve des Tennis-Profis aus Freisen-Haupersweiler wieder nach oben. Aber: „Mein Körper ist am Limit", gesteht die 24-Jährige nach vier Turnieren in den ersten Wochen und Monaten des Jahres 2022.
Im Januar scheiterte Hobgarski, derzeit auf Weltranglistenplatz 304 geführt, in der Qualifikationsrunde der Australian Open an der Österreicherin Julia Grabher (Platz 149). Die Qualifikation für das Hauptfeld eines Grand Slams wäre auch eine Sensation gewesen. Erst beim ITF W25-Turnier Mitte Februar im türkischen Antalya war die Saarländerin erstmals seit über zweieinhalb Jahren wieder schmerzfrei. Auf Anhieb erreichte sie im Einzel das Endspiel, wo sie der Chinesin Yafan Wang mit 5:7 und 3:6 unterlag. Es wäre ihr elfter ITF-Turniersieg im Einzel gewesen, im Doppel hat sie schon elf ITF-Titel gesammelt. Aber allein die Tatsache, dass sie überhaupt wieder schmerzfrei auf hohem Niveau mithalten kann, macht die Saarländerin schon glücklich. Nach einer Regenerationspause in der Heimat bereitet sie sich an der Hermann-Neuberger-Sportschule auf die nächste Turnier-Reise vor. Aufgrund des russischen Einmarschs in die Ukraine und damit einhergehender Turnierabsagen ist allerdings unsicher, welche Tour-Termine Bestand haben werden.
Große Probleme auch im Alltag
Vor über zwei Jahren und gerade auf dem bisherigen Höhepunkt ihrer Leistungsfähigkeit wurde Hobgarski von einer Verletzung jäh ausgebremst. Die damals 22-Jährige wurde auf Platz 193 der WTA-Weltrangliste geführt, als ihr immer wieder Schmerzen in der rechten Schulter zu schaffen machten. Ausgerechnet auch bei ihrer ersten Teilnahme an einem Grand Slam, den US Open im August 2019. Hobgarski schied in der zweiten Runde der Qualifikation aus und legte eine Regenerationspause ein. Doch die reichte nicht aus. „Ich habe danach noch an einem Turnier in Italien teilgenommen, aber das hat meiner Schulter den Rest gegeben. Da wusste ich, dass es so nicht weitergeht", erinnert sich die Rechtshänderin. Die Diagnose: Chronische Bizepssehnen-Entzündung mit ausgelöstem Fadenanker. „Ich hatte schon große Probleme im Alltag und konnte mich zum Beispiel nicht mehr alleine anziehen", sagt sie. Nachdem sie erfolglos unterschiedliche Therapien von Eigenblut-Behandlung bis Kortison-Spritzen und Reha-Training ausprobiert hatte, entschied sie sich für eine Operation. „Tennis hin oder her, ich möchte nicht mit 22 alltagsunfähig sein, weil ich meinen Arm nicht mehr bewegen kann", stellt sie klar.
Kaum waren die Entscheidung gefallen und ein OP-Termin in Planung, folgte plötzlich der nächste Schock: Aufgrund eines vermeintlichen Asthma-Anfalls kam Hobgarski im Frühjahr 2020 ins Krankenhaus. Im Rahmen der Untersuchungen wurde dann eine Infektion mit dem Coronavirus festgestellt. Als mit allergischem Asthma Vorerkrankte gehört die junge Frau zur Gruppe der Risikopatienten und wurde in der Folge von Fachärzten engmaschig untersucht. „So leicht wie eine Grippe, wie manche sagen, war es bei mir nicht. Ich hatte extreme Probleme mit der Luft, war sehr schnell sehr müde und schlaff – ohne etwas Anstrengendes getan zu haben", berichtet sie. Bis Mitte des Jahres 2020 wurde sie deshalb regelmäßig in der Uniklinik in Homburg untersucht. Langzeitfolgen durch die gefürchtete Krankheit Long Covid scheinen sich bei ihr allerdings nicht einzustellen. „Ich fühle mich körperlich wieder richtig gut", gibt sie Entwarnung.
Zurück zur noch lädierten Schulter: Die hatte sich nach der Operation im September 2020 zu einer sogenannten „frozen shoulder" entwickelt, war also versteift. Mitte Januar 2021 kam Hobgarski also erneut unters Messer. Mit Erfolg. Schon im März hatte sie erstmals wieder einen Tennisschläger in der Hand. Mit speziellen Übungen und moderaten Anpassungen ihrer Technik bei Vorhand und Aufschlag arbeitete sie sich zurück auf die Tennisplätze der Welt. „Die Mobilität ist natürlich nicht mehr wie früher. Es fehlt halt ein Stück der Bizepssehne. Aber wir arbeiten daran, dass ich mit den verbliebenen Prozent das Maximale herausholen kann", sagt sie und nennt die zwei Dinge, die ihr noch fehlen, um dies erreichen zu können: „Spielpraxis und endlich mal wieder ein richtiger Trainingsaufbau." Mit einem Lächeln ergänzt sie: „Und zwar ohne Unterbrechungen durch Verletzungen, Krankheiten oder Sportpausen nach Impfungen."
Sie will es ohne Stress angehen
Dass Katharina Hobgarski trotz zahlreicher nichtsportlicher Rückschläge in den vergangenen Jahren ihre Lust am Tennisspielen nicht verloren hat, liegt an einer so simplen wie wesentlichen Erkenntnis: „Ich kann es ja nicht ändern. Ich kann zwar rumheulen, weil mir etwas wehtut, aber im Endeffekt bringt mir das nichts", sagt sie und stellt fest: „Ich habe zwei Möglichkeiten: Entweder ich versinke im Selbstmitleid oder ich komme damit klar und spiele einfach." Sie hat sich für Letzteres entschieden. Und zwar mit einer angepassten Erwartungshaltung: „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es, wenn ich ohne Stress in die Matches gehe, einfach besser läuft. Ich habe viele Matches verloren, weil ich mich zu sehr unter Druck gesetzt habe", reflektiert die 24-Jährige und erklärt: „Wenn man nur daran denkt, um wie viel Ranglistenpunkte, Platzierungen oder Preisgeld es geht, ist man mental nicht zu 100 Prozent im Match."
Die frühere Maßgabe, möglichst viele Spiele zu absolvieren, dabei möglichst viele Punkte zu sammeln, um im Ranking möglichst hoch aufzusteigen, ist passé: „Jeder erwartet das, aber im Endeffekt ist das egal. Ich spiele nur für mich selbst. Das hätte ich rückblickend auch schon früher so sehen können", findet Hobgarski und ergänzt: „Ich gehe raus und versuche, das Beste zu geben. Wenn ich gewinne, ist das gut und wenn nicht – dann sollte es halt nicht sein." Was nicht heißt, dass ihr Ehrgeiz darunter leide: „Naja, ich bin erst 24. Wenn man sich die Leute, die ganz weit vorne in der Rangliste stehen, mal anschaut: Die sind alle um die 30. Von daher bin ich relativ entspannt", sagt sie und lacht. Mit dieser Einstellung wird sie noch so manchen Rückschlag parieren –
auf und neben dem Tennisplatz.