Schon viermal wurde Penélope Cruz für einen Oscar nominiert. Als beste Nebendarstellerin hat sie ihn bekommen. Mit ihrer Rolle in Pedro Almodóvars Meisterwerk „Parallele Mütter" hat sie beste Chancen, ihre Karriere als beste Hauptdarstellerin zu krönen.
Der 8. Februar 2022 war ein ganz besonderer Tag für Spaniens berühmtesten Filmstar Penélope Cruz. Zusammen mit ihrem Ehemann Javier Bardem schaute sie sich die Oscarnominierungen an. „Als Javier für seine Rolle in ‚Being the Ricardos‘ als bester Hauptdarsteller nominiert wurde, war ich vor Freude ganz aus dem Häuschen und habe lautstark gejubelt. Und als auch ich die Nominierung für eine Hauptrolle bekam, gab es kein Halten mehr! Da gab es Kuchen für alle", erzählt Penélope Cruz mit einem strahlenden Lächeln. „Wie wunderbar: eine Nominierung für einen spanischsprachigen Film von meinem Lieblingsregisseur und Freund Pedro Almodóvar! Immerhin ist er ja der Grund, warum ich Schauspielerin werden wollte."
So ist es nicht überraschend, dass ihr Film „Parallele Mütter" (derzeit im Kino) die siebte Zusammenarbeit mit dem inzwischen milde gewordenen Enfant terrible aus Spanien ist.
„Bin an meine Grenzen gegangen"
In „Parallele Mütter" ist Cruz die Agenturfotografin Janis, eine Mutter, die ein quälendes Geheimnis mit sich herumträgt. Während sie versucht, damit zurechtzukommen, spürt sie dem Tod ihres geliebten Großvaters nach, der irgendwo in einem Massengrab verscharrt liegt. Die grausamen Untaten des Franco-Regimes sind in ihrem Bewusstsein plötzlich wieder sehr präsent. Cruz erinnert sich: „Die Arbeit mit Pedro war diesmal besonders intensiv und hat mich emotional total ausgelaugt. Oft haben sich die Tränen von Janis mit meinen eigenen Tränen gemischt, wir mussten die Dreharbeiten sogar mehrmals unterbrechen. Aber Pedro ist ein sehr einfühlsamer Regisseur und hat mir immer die nötige Zeit gegeben, mich wieder zu fassen. Da bin ich schon an meine Grenzen gegangen. Aber genau solche Herausforderungen liebe ich."
Als junge Schauspielerin war Cruz auf Pedro Almodóvar regelrecht fixiert. Vor allem seine Filme „Matador", „Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs" und „Fessle mich!" hatten es ihr angetan. Sie wollte unbedingt auch einmal bei einem seiner Filme mit dabei sein. Ihre Begeisterung für diesen innovativen Filmemacher war so stark, dass sich ihre Familie und Freunde über sie lustig machten. Als Almodóvar sie dann tatsächlich anrief und zum Vorsprechen einlud, dachte sie zunächst, ein Freund hätte sie auf den Arm genommen. 1997 war es wirklich so weit: Sie drehte „Live Flesh – Mit Haut und Haar", ihren ersten Almodóvar-Film. „Einer der Gründe, warum ich so gern mit Pedro arbeite, ist, dass ich dabei viel über das Filmemachen lerne: über das Drehbuchschreiben, darüber, wie man Figuren entwickelt, wie man einen Film schneidet, einfach alles. Und ich lerne auch viel über das Leben. Denn Pedro sieht das Leben auf eine ganz bestimmte Weise, die ich sehr inspirierend finde." Die achte Zusammenarbeit mit ihrem Mentor ist übrigens schon in Arbeit. Wie es aussieht, wird sie bald in Almodóvars „Carmen"-Adaption die Titelrolle spielen. „Wenn das klappt, geht ein Herzenswunsch in Erfüllung. Ich wollte Carmen schon spielen seit ich vier Jahre alt war. Damals lernte ich am Nationalkonservatorium klassisches Ballett, und Carmen ist ja eine der faszinierendsten Rollen für eine Ballett-Tänzerin."
„Dafür wäre ich mir zu schade gewesen"
Die Karriere von Penélope Cruz nahm freilich schon lange vor Almodóvar ihren Anfang. Mit 15 Jahren gewann sie einen Talentwettbewerb, der ihr kleinere Rollen im spanischen Fernsehen und in diversen Musikvideos bescherte. Mit 18 hatte sie dann mit dem Film „Belle Epoque" (1992) ihr Kinofilm-Debüt. Noch im selben Jahr stand sie in dem Erotik-Thriller „Lust auf Fleisch" zum ersten Mal mit ihren späteren Ehemann Javier Bardem gemeinsam vor der Kamera. Damals gingen sie als gute Freunde auseinander. So richtig gefunkt hat es zwischen den beiden erst viele Jahre später, nämlich während der Dreharbeiten zum Woody-Allen-Film „Vicky Cristina Barcelona" (2008). Zwei Jahre später gaben sich Penélope und Javier auf der Bahamas-Privatinsel von Johnny Depp schließlich das Ja-Wort. „Javier kommt meinem Bild von einem Traummann schon ziemlich nahe", meint sie augenzwinkernd. „Er hat ein großes Herz, ist ehrlich, treu und für jeden Spaß zu haben." Ehrlichkeit und Geradlinigkeit sind auch in Penélopes Charakter fest verwurzelt. „Meine Mutter nennt mich zwar oft dickköpfig, doch ich würde das eher ausdauernd nennen. Und das trifft im Privaten wie im Beruflichen zu. Wenn ich etwas wirklich will, dann setze ich alles daran, es auch zu bekommen. Dazu gehört natürlich ein gesundes Selbstbewusstsein."
Das Wissen um den eigenen Wert hat sie sicher auch davor bewahrt, unter die Showbiz-Räder zu kommen, als sie Ende der 90er-Jahre den Sprung nach Hollywood wagte. „Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie schwer es für mich war in Hollywood Fuß zu fassen. Obwohl ich in Spanien doch schon eine gewisse Berühmtheit erlangt hatte und auch einige Leute in Hollywood kannte, die mir anfangs ein paar Türen geöffnet haben. Um in Amerika die wirklich guten Rollen zu kriegen, musste ich aber immer sehr hart kämpfen. Das Wichtigste für mich war, dass man mich in Hollywood als Schauspielerin ernst nimmt – und nicht etwa bloß als Latina-Girl verheizt. Denn dafür wäre ich mir viel zu schade gewesen."
In Amerikas Traumfabrik hat seit Sophia Loren wahrscheinlich keine Schauspielerin aus Europa so viel Aufsehen erregt wie Señora Cruz mit ihrer Honighaut, ihrer glänzenden dunkelbraunen Haarmähne und ihrer wunderbar erotischen Ausstrahlung. Produzenten, Regisseure, Schauspielkollegen, alle waren von ihrer Natürlichkeit und Schönheit hingerissen. Und schön ist sie, daran besteht kein Zweifel. Wer einmal im Interview in ihre Augen eingetaucht ist, sich an ihrem herzhaften Lachen und ihrem so charmanten Englisch mit spanischen Akzent berauscht hat, dem hat sie den Kopf für immer verdreht. Erst recht, wenn sie dabei eingekuschelt auf dem Sofa aussieht, als könnte sie kein Wässerchen trüben.
Zu ihren besten Filmen aus ihrer Hollywood-Periode zählen „All die schönen Pferde" (2000) an der Seite von Matt Damon, „Blow" (2001) mit Johnny Depp, „Vanilla Sky" (2001) mit Tom Cruise, „Bandidas" (2006) mit Salma Hayek, „Elegy oder die Kunst zu lieben" mit Ben Kingsley und „The Counselor" (2013), bei dem sie wieder gemeinsam mit ihrem Mann Javier Bardem vor der Kamera stand. Und natürlich drehte sie auch immer wieder mit Pedro Almodóvar, der sie mittlerweile „meine Muse" nennt. Zu diesen Highlights zählen noch „Volver – Zurückkehren" (2006), der ihr eine Oscarnominierung als beste Hauptdarstellerin einbrachte, „Zerrissene Umarmungen" (2009) sowie „Leid und Herrlichkeit" (2019) mit Antonio Banderas.
Gilt als Pedro Almodóvars Muse
Seit ein paar Jahren lebt Penélope Cruz, 48, mit ihrer Familie wieder in Madrid, vor allem auch der Kinder Leonardo, 11, und Luna, 8, wegen, wie sie betont: „Meine Familie kommt bei mir ganz klar an allererster Stelle. Hier in Madrid wohnen auch meine Eltern, meine Schwester, mein Bruder und viele weitere Verwandte, der ganze Cruz-Clan eben. Und mein Herz schlägt nun mal spanisch. Spanien war immer meine emotionale Heimat. Hollywood hat diesbezüglich wirklich kein bisschen auf mich abgefärbt."
Längst Geschichte sind auch diverse Lover wie Matt Damon, Nicolas Cage, Tom Cruise oder Matthew McConaughey. Einem anderen Goldjungen mit Namen Oscar hält Penélope Cruz aber nach wie vor die Treue, seit sie ihn 2009 als erste spanische Schauspielerin überhaupt verliehen bekam: als beste Nebendarstellerin in Woody Allens Film „Vicky Cristina Barcelona". „Im Jahr zuvor hatte Javier ja auch schon einen bekommen (als bester Nebendarsteller in „No Country for Old Men" von den Coen-Brüdern, Anm. d. Red.). Diese Auszeichnungen stehen bei uns mal im Wohnzimmer, mal im Flur, manchmal nebeneinander, manchmal getrennt … Und manchmal kriegen sie sogar eine Auszeit auf dem Klo", scherzt Cruz.
Diesen erfrischenden Humor und die Fähigkeit zur augenzwinkernden Selbstironie hat sich Pe, wie ihre Freunde sie nennen dürfen, bis heute bewahrt. Von ihrem südländischen Temperament und Sex-Appeal ganz zu schweigen. Penélope Cruz weiß, dass sie in ihrem Leben viel Glück gehabt hat. „Deshalb bin ich auch sehr bodenständig geblieben. Das habe ich natürlich auch meiner Erziehung zu verdanken. Meine Eltern haben uns Kinder immer zur Dankbarkeit und Bescheidenheit erzogen. Wir waren glücklich, immer ein Dach über dem Kopf zu haben, Essen auf dem Tisch und Menschen, von denen wir uns geliebt und verstanden fühlten. Das ist eine sehr gute Basis für ein gutes Leben. Und genau das will ich nun auch an meine eigenen Kinder weitergeben." Und zuversichtlich fügt sie hinzu: „Ich war noch nie so voller Lebenslust und Tatendrang!" Freunde und Kollegen wie Salma Hayek und Gwyneth Paltrow nennen Penélope Cruz nicht umsonst „eine Naturgewalt" oder einen „Wirbelwind". Das allerschönste Kompliment kommt jedoch von Ehemann Javier Bardem: „Ich kenne Pe nun schon sehr lange, aber sie ist immer noch ein Rätsel für mich." Nicht die schlechteste Voraussetzung für eine lange, glückliche Ehe.