Vor den Silverbacks muss man den Hut ziehen! Das Quintett aus Dublin schüttelt auf dem vermeintlich ach so schwierigen zweiten Album zwölf Songs zwischen Artrock und Postpunk aus dem Ärmel. Trotzdem ist die Band um das Gründungsduo Daniel und Kilian O’Kelly zumindest an dieser Hürde nicht gescheitert. Auch, dass sie nun das zweite Werk unter Pandemiebedingungen eingespielt haben, scheint der Qualität nicht geschadet zu haben. Der Albumtitel „Archive Material" unterstreicht, dass die fünf Musiker durchaus Sinn für Humor haben. Natürlich finden sich auf dem neuesten Opus weder B-Seiten noch Raritäten.
Der gleichnamige Opener ruckelt zwar zu Beginn unerhört, doch entfaltet er eine hypnotische Sogwirkung, der man sich nur schwer zu entziehen mag. Da stört auch nicht der lakonische Sprechgesang von Leadsänger Daniel O‘Kelly, der an den verstorbenen Sänger Mark E. Smith von The Fall erinnert. Und obwohl der zweieinhalb Minuten kurze Eröffnungssong vertrackt daherkommt, klingt er dennoch geschmeidig. Nicht zuletzt dank der Gesangparts von Bassistin Emma Hanlon, die zwischendrin eine Zeile Französisch („Ils s‘entendent pas") singt.
In „Wear My Medals", einer Uptempo-Nummer mit verzerrten Gitarren, singt die Bassistin der Silverbacks erstmals komplett alleine – und das kann sich allemal hören lassen. Etwa ab der Hälfte nimmt der Song eine unvorhergesehene Wendung: Die Drums übernehmen die Führung mit einem angejazzten Beat und Hanlon haucht „And I’m your hero?". Dass die Silverbacks auch straightere Rocksongs schreiben können, untermauern sie mit „A Job Worth Something". Frontmann Daniel O’Kelly reflektiert darin seine Berufserfahrungen als Versicherungsangestellter. Die melodischen Gitarrenlinien sprühen geradezu vor Spielfreude. Fast meint man da, die britischen Indierocker Franz Ferdinand herauszuhören. Die fünf Bandmitglieder wissen auch mit einer tanzbaren Indie-Disco-Hymne zu überraschen. „Different Kind of Holiday" und viele andere Titel machen Lust, das Quintett einmal live in einem vollen Club zu sehen. Gelegenheit dazu gibt es jedenfalls einige auf ihrer Europa-Tour.