Wintersportfans können sich vor Ende der Saison noch mal in den Schnee stürzen, etwa in Wagrain im Salzburger Land. Urlauber sollten aber auch mal eine Ski-Pause einlegen – für eine rasante Rodelpartie oder eine meditative Alpakawanderung über dem Tal.
Eine sieben Kilometer lange Naturrodelbahn, eine Bilderbuchhütte abseits des Pistentrubels, ein „Rodel-Taxi" als Aufstiegshilfe. Das klang gut. Nicht so gut: die fragwürdige Bereifung des Mietwagens in Kombination mit einer vereisten Bergstraße. Die Folge: Das für 12 Uhr ausgemachte Treffen am oberhalb von Kleinarl gelegenen Parkplatz Hirschleiten müssen wir platzen lassen, das Auto im Tal parken und dann zu Fuß die halbe Stunde hinaufpilgern. Hm, andere Pkw haben die kurvige Auffahrt offenbar geschafft. Das sehen wir an rund drei Dutzend abgestellten Wagen. Was wir nicht sehen: das Rodel-Taxi. Sind ja auch viel zu spät und an einem Wintersamstag wie diesem fragen, na klar, auch andere an. Beim erneuten Anruf heißt es dennoch aufmunternd: „Geht’s ihm entgegen, vielleicht nimmt er euch bei seinen Pendelfahrten ja spontan mit."
Ein vager Hoffnungsschimmer. Das Worst-Case-Szenario sieht zweieinhalb Stunden Wanderung vor und das bei einsetzendem Schneefall. Seufz. Doch gerade als wir auf der schneebedeckten Privatstraße lostraben – wir rechnen schließlich mit einem Allradbus oder Ähnlichem – nähert sich ein Motorgeräusch. Das kommt jedoch nicht etwa von der Straße, sondern bewegt sich rasch über den verschneiten Hang bergab. Ein Ski-doo-Schneemobil? Na klar, das ist das Rodel-Taxi! Der Fahrer hält neben uns und fragt grinsend: „Familie Haas? Hat’s doch noch geklappt?"
Himmel schickt den Engel mit dem Motor
Offenbar schickt der Himmel diesen motorisierten Engel! Und der setzt die beiden Töchter vorne ins „Körbchen" und die Eltern auf den Sitz hinter sich. Im Anhänger wird eine weitere Familie verstaut, dann gibt der junge Mann maximal beladen maximal Gas und brettert über weiße Waldwege und weiße Hänge bergauf. Es folgen 15 aufregende Minuten, die den Passagieren ein Lachen ins Gesicht zaubern – und viel Schnee, der sich dank Fahrtwind wie Nadelstiche anfühlt. Auf den rund 700 Höhenmetern begegnen wir immer wieder Skitourengehern, Wanderern und entgegenkommenden Rodlern. Dann erreichen wir die auf 1.754 Metern Höhe gelegene „Kleinarler Hütte". Mit der Toplage zwischen Penkkopf und Gründegg, dem vielen Holz an der Hüttn und den rot-weißen Fensterläden erfüllt es jedes Klischee einer zünftigen Berghütte.
Als Motor und Motorschlitten abgestellt sind, entdecken wir zwei Dutzend Holzschlitten sowie einige knallrote Plastikrodler. Da will man am liebsten gleich los. Aber halt, erst einkehren. Wobei die Hütte nicht nur voll urig ist, sondern auch voll. Mittendrin: Hüttenwirt Alois Langegger, den man in der preisgekrönten Youtube-Serie namens „#urlaubsgefühl" bereits vorab kennenlernen konnte. Diesmal hat der vollbärtige Sonnyboy mehr zu tun als im Video, als er coronabedingt keine Gäste empfangen konnte. „Nach vielen Lockdowns, zuletzt im Dezember, ist endlich wieder was los", freut er sich. Die meisten sind Skitourengeher, einige auch Schneeschuhwanderer, andere Übernachtungsgäste. Alois bietet 49 Betten an. Und eben die Schlitten. Seine Empfehlung? „Die Plastikrodeln sind natürlich nicht so schön wie die hölzernen, aber ich mag sie lieber, weil man mit ihnen eine bessere Kurvenlage hat."
Das will überprüft werden. Frisch gestärkt mit regionalem Rehgulasch geht es rauf auf die Flitzer, rein in die Kurven, rum ums Eck. Schnell wird klar: Auf längeren Strecken macht Team Holz mehr Speed, gerät aber in engen Kurven rasch ins Wanken. Die Plastikflitzer hingegen sliden vom Feinsten. So oder so: Es macht Riesenspaß, auch weil der Schnee hart, aber nicht eisig ist. Das Beste kommt zum Schluss: Mit Highspeed rauschen wir den Finalhang hinab und kommen gerade so vor dem Hirschleiten-Parkplatz zum Stehen. Leuchtende Augen, Juchzer. „Wow, waren wir schnell! Ich kann mich nicht erinnern, je eine lässigere Bahn gefahren zu sein", urteilt die rodelerfahrene Tochter. Auch lässig: Den Schlitten stellen wir am Fangzaun ab, Alois’ Kumpel sammelt den bei seiner Feierabend-Ski-doo-Auffahrt wieder ein.
Nach den Lockdowns endlich was los
Rodeln, wahlweise auch ein Langlauftrip oder ein Besuch in der Wasserwelt Wagrain, stellt die ideale Alternative zum Alpinskifahren dar. Dass das immer noch die Nummer eins im 3.000 Einwohner zählenden Wagrain ist, zeigt nicht nur das Gewusel rund um die Parkplätze, Bushaltestellen und Restaurants (Stimmungsgarantie im gehobenen „Prechtlgut"!) der Talstationen, sondern auch ein Blick auf vergangene, aktuelle und geplante Investitionen. Am Ortsrand schwebt seit einigen Jahren in luftiger Höhe die spektakuläre „G Link"-Pendelbahn über das Tal und verbindet das Pistenareal Richtung St. Johann im Pongau mit dem Richtung Flachau. In der vergangenen Saison kam der nächste Knaller: Da wurde mit der Panorama-Link-Gondel der Lückenschluss Richtung Kleinarl und Flachauwinkl vollzogen. Für 2022/23 ist der noch geschmeidigere Anschluss nach Zauchensee anvisiert. Alles zusammen ergibt das ein fünf Täler umfassendes, 210 Kilometer großes Pistenparadies, das sich neu unter dem Namen „Snow Space Salzburg" vermarktet. Ebenfalls seit diesem Winter neu ist der Hochgeschwindigkeitseinstieg aus Wagrain hoch zum Grießenkareck. Die Zehnerkabinenbahn „Flying Mozart" erhielt eine unterirdische Mittelstation mit Umsteigemöglichkeit zum „G Link". So gelangen Wintersportler noch schneller und komfortabler zu den sonnenverwöhnten Familienabfahrten, zwei herausfordernden Weltcup-Pisten, angesagten Freestyle- und Freeride-Spots und abwechslungsreichen Skitouren-Routen wie die „12 Peaks Trophy".
Soviel Attraktivität zieht auch sehr viele Leute an. Zum Glück verteilen sich die Brettljünger bestens im Skigebiet und zum Glück ist das Skibussystem gut ausgebaut. Das spart eine nervige Parkplatzsuche – und bringt einen mitunter direkt vor die Hoteltür. Zumindest wenn man im etwas außerhalb gelegenen „Hofgut Apartment & Lifestyle Resort" logiert. Für die im Dezember 2021 eröffnete Unterkunft spricht viel. Schließlich sind Konzept und Entstehung einmalig. Zwei Nachbarsfamilien, die bis Corona getrennte Jugendhäuser betrieben haben, legten Häuser, Grund, Arbeitskräfte und Ideenreichtum kurzerhand zusammen. Sie renovierten, bauten an und um, strichen neu und stellten alles auf den Kopf. Herauskam ein Mix aus 40 Apartments, die von der Budget-Wohnung bis zum luxuriösen Penthouse für bis zu zehn Personen reichen. Das Motto: viel Holz, viel Komfort und viel Freiheit, Stichwort Skishop im Hotel, Adults-only-Spa und individuelle Kochmöglichkeiten. Wer nicht kochen will, holt sich Pizza im Haus oder speist im hochkreativen Fine-Dining-Restaurant „vaMoos". Unsere Prognose: Bald werden sich angesehene Gastrokritiker wohlwollend zu Wort melden. Junge Hotelgäste tun das schon längst. Für Kinder und Jugendliche ist die 1.300 Quadratmeter große Games-Area doch schlicht ein Paradies. Dort warten XXL-Trampoline, Kegelbahn, Karaoke-Station, Fußball-Billard, ein Kicker, den man auch zu acht spielen kann, und vieles mehr. In einem Trakt wartet ein Hallenbad mit Rutschen, am anderen Ende gar eine Turnhalle nebst Werk-, Medien- und Meditationsraum. Die Sorge, dass sich Kinder ob der verwinkelten Gänge und vielen Treppen, die sich auch mal mit einer Rutsche abkürzen lassen, verirren könnten, zerstreut Co-Chefin Theresia Aicher sofort: „Kinder und Jugendliche haben das viel besser und schneller raus als die Erwachsenen." Und die junge Generation ist – ob mit elterlicher Begleitung oder ohne – ohnehin Hauptzielgruppe: „Auch wenn im Januar wieder einige Buchungen von Schulklassen zurückgezogen wurden", sagt Aicher, „sind wir optimistisch, dass da bald wieder was geht. Die Nachfrage jedenfalls ist da." Frühling und Sommer haben indes den Vorteil, dass dann im großen Außenbereich noch ein Fußballplatz, Slackline-Parcours und ein Streichelzoo mit Meerschweinchen und Schwarznasenschafen locken.
Slackline-Parcours und Streichelzoo
Alpakas gibt es (bislang) nicht, wohl aber bei Bernhard Maurer, noch so ein Protagonist der „#urlaubsgefühl"-Videoreihe. Ein Besuch bei seinen 25 Zottelfreunden steht am Ende des Wagrainaufenthalts auf dem Programm. Dank stabilerem Fahrzeug sind diesmal die Serpentinen hinauf zu seiner „Alpaka-Alm Kitzsteingut" zu meistern. Der Weg lohnt sich allein aufgrund des Traumblicks hinüber ins Skigebiet und den Alpenhauptkamm. Und natürlich wegen der neugierigen Alpakas, die mit ihren lustigen Frisuren und ihrem freundlichen Wesen („Nein, Menschen werden normalerweise nicht angespuckt") sehr angenehme Wanderpartner darstellen. Sie bringen auch sonst eher laufmüde Sprösslinge auf Trab. Jammern? Fehlanzeige. Stattdessen tierische Unterhaltungen und zaghaftes Annähern. Schnellkuscheln ist nämlich nicht angesagt, „Berührungen am Kopf", weiß Maurer, „mögen Alpakas ohnehin gar nicht, eher am Hals." Was sie auch mögen: Futter, das wir ihnen nach einer Stunde durch den verschneiten und einsamen Wald an einer Futterkrippe geben. Kein Wunder, so eine Tour durch den Schnee macht hungrig. Finden wir Menschen auch.