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WAS MACHT EIGENTLICH...

Eckart Witzigmann 1994 in der Küche des Restaurants „Aubergine“
Foto: picture-alliance / dpa | Istvan Bajzat

… Eckart Witzigmann?

Er bekam 1979 als erster Koch im deutschsprachigen Raum drei Michelin-Sterne, darf sich seit 1994 neben drei anderen Küchenchefs weltweit „Koch des Jahrhunderts" nennen und hat bereits über 40 Kochbücher verfasst. Heute berät der 80-Jährige seine Nachfolger im einzigartigen Salzburger Flughafen-Gourmettempel „Ikarus im Hangar-7" und kocht nur noch privat.

An Lobeshymnen und Auszeichnungen mangelt es dem Österreicher Eckart Witzigmann nicht: Der „Koch des Jahrhunderts" wurde von der „New York Times" sogar als „Koch der Könige und Götter" geehrt, weil er für viele gekrönte Häupter, hochkarätige Staatschefs oder Weltstars gearbeitet hat. Trotzdem, so der Spitzenkoch im Vorjahr in „Gourmet Welten", habe er sich immer bemüht, im Restaurant alle gleich zu behandeln: „Mir ist jeder gleich wichtig, ob mit Rolex oder Swatch". In dem von ihm 2002 entwickelten Show-Tournee-Konzept „Palazzo" kochte er mehrere Jahre lang für jährlich rund 150.000 Gäste in seinem nostalgischen Zeltpalast. In jeder Stadt, in der er gastierte, fühlten sich die Besucher gleich wohl und ließen sich gern kulinarisch verwöhnen. Sozusagen als Kontrastprogramm unterstützt Witzigmann schon seit über 15 Jahren den Münchner Verein „Lichtblick Seniorenhilfe", der sich um mittellose Rentner und Rentnerinnen kümmert: „Es liegt an uns, Verantwortung zu übernehmen", betont der Starkoch und bezeichnete es als „Armutszeugnis, dass Menschen, die unser Land aufgebaut haben, heute in Altersarmut leben!". Auch dank Witzigmanns Hilfe kann der Verein Einkaufsgutscheine an Bedürftige ausgeben, die sich davon Lebensmittel ihrer Wahl kaufen können. Für diese Klientel hat er mit Freunden sogar ein Kochbuch mit Rezepten für den „schmalen Geldbeutel" verfasst und bekam für sein soziales Engagement 2018 den „Finest Mercy Generation Award".

Unterstützt Seniorenhilfe

Der 80-Jährige berät heute seine Nachfolger im Salzburger Flughafen-Gourmettempel „Ikarus im Hangar-7“
Der 80-Jährige berät heute seine Nachfolger im Salzburger Flughafen-Gourmettempel „Ikarus im Hangar-7“ - Foto: picture alliance / dpa / dpa-Zentralbild | Gerald Matzka

Witzigmann, der von der schwedischen Universität Örebrö 2007 zum Professor und Ehrendoktor ernannt wurde, freut sich darüber, dass die Corona-Beschränkungen auch in der Gastronomie inzwischen weitgehend gelockert wurden: „Wir haben doch alle den Wunsch, wieder in ein Restaurant zu gehen, an einem wunderbar gedeckten Tisch zu sitzen und neugierig auf das Ausgesuchte zu warten", sagte Witzigmann 2021 in „Gourmet Welten". Es freue ihn, dass die Leute während der Pandemie wieder mehr selbst gekocht hätten: „Für mich ist das auch der Beweis, dass die Leute abseits von Fertiggerichten und Tiefkühlkost anständig essen wollen." Dass durch Kochsendungen, in denen sich Witzigmann bewusst rarmacht, die Menschen zu besseren Köchen werden, bezweifelt er. Man hole sich dort zwar gern die guten Ratschläge und Anregungen, greife danach aber doch oft wieder zur Pizza aus der Tiefkühltruhe.

Bei einem Besuch im Sterne-Restaurant darf man laut Witzigmann ruhig mal vom Gericht seines Begleiters probieren: „Restaurants sind doch keine Kathedralen, die den Genuss verbieten. Es ist heute auch gang und gäbe, einen zusätzlichen Probierteller zu bringen oder die Gerichte zu teilen und für zwei zu servieren. Obwohl mancher es vielleicht nicht mit einem Sternekoch in Verbindung bringt, beschäftigt sich Witzigmam schon seit längerem mit dem weltweiten Ernährungsproblem, „denn es ist das mit Abstand wichtigste der Zukunft". Er hält eine Umstellung der Ernährungsgewohnheiten und eine Begrenzung der Lebensmittelverschwendung für unverzichtbar. „Der Klimawandel und die Ressourcen werden hier sehr bald die Grenzen aufzeigen." Fleisch ohne Tiere, molekulare Nahrungsmittelerzeugung, synthetische Proteine, Nahrung aus dem Labor: So etwas komme schneller als uns lieb sei, sagt er.

Geht jeden Tag zum Markt

Trotz seines Ruhms und der guten Auslastung seiner Restaurants blieb dem Küchenchef Witzigmann der große wirtschaftliche Erfolg versagt. „Eine wirtschaftlich erfolgreiche Spitzenküche ist die Quadratur des Kreises", verriet er 2018. In der Küche seines Vorzeigeunternehmens „Aubergine", das als erstes deutsches Lokal drei Sterne erhielt und diese dann über 15 Jahre lang behalten konnte, hätten zeitweise 18 Köche für maximal 45 Gäste gearbeitet. 1995 gab er das renommierte Haus auf und war seitdem als Unternehmensberater in der Gastronomie, Kochbuchautor und Leiter von Kochkursen tätig. Bis heute ist er für das Restaurant „Ikarus im Hangar-7" des Salzburger Flughafens tätig. Für dieses Witzigmann-Projekt, das als eines der innovativsten Restaurantkonzepte der Welt gilt, werden ausländische Spitzenköche in ihrer Heimat besucht und getestet. Dann werden sie nach Salzburg zum Kochen im „Ikarus" eingeladen und kochen im monatlichen Wechsel die kreativsten und besten kulinarischen Spezialitäten. „Durch das Ikarus lerne ich beharrlich dazu. und obendrein bin ich noch verdammt neugierig", verrät Witzigmann, der auch sein ehemaliges Münchner Lokal „Tantris" heute immer noch besucht, wenn er in der Nähe ist. Öffentlich greift er aber nicht mehr zum Kochlöffel. „Das Feuer ist nicht mehr da. Und in meinem Alter verliert man dazu noch die Fingerfertigkeit", gibt er 2021 in „World of Food" zu. Dafür kocht er zu Hause jeden Tag für sich und seine Lebensgefährtin Niki, die Tochter von Ex-Eislaufstar Manfred Schnelldorfer. Der Gemüseliebhaber geht jeden Tag auf den Viktualienmarkt und sucht die Produkte frisch aus. Fleisch müsse er nicht jeden Tag haben: „Und man kann schon noch essen, was ich koche."

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