Der vor zehn Jahren verstorbene Kurt Felix galt als größter TV-Entertainer der Schweiz und hat auch in Deutschland Fernsehgeschichte geschrieben. Bis zu 23 Millionen Zuschauer verfolgten in Hochzeiten seine Sendung „Verstehen Sie Spaß?".
Kaum jemand dürfte es seinerzeit für möglich gehalten haben, dass sich der erfolgreiche Schweizer TV-Entertainer und geniale Entwickler diverser Fernseh-Unterhaltungs-Formate ganz strikt an sein vorgegebenes Lebensmotto halten würde. Quasi auf dem Höhepunkt seiner Karriere trat Kurt Felix ab: „25 Jahre lernen, 25 Jahre arbeiten, 25 Jahre genießen." Exakt zu seinem 50. Geburtstag zog er 1991 einen Schlussstrich unter seine Arbeit vor der Kamera, ohne sich jedoch gänzlich von dem von ihm schon von Jugend an so heiß geliebten Medium Fernsehen zurückziehen zu können. Er blieb weiter als Berater für Sender in Deutschland und der Schweiz tätig und ließ sich in der Alpenrepublik als TV-Kolumnist für diverse Blätter einspannen. „Fernsehen ist mein Leben" gab er noch 2011 in einem seiner letzten Interviews bekannt. Ein Jahr später, am 16. Mai 2012, starb er in St. Gallen im Beisein seiner Ehefrau und langjährigen Moderatoren-Kollegin Paola an einer hartnäckigen Krebserkrankung der Thymusdrüse im Alter von 71 Jahren.
Der am 27. März 1941 in Wil im Kanton St. Gallen geborene und nach der Scheidung seiner Eltern in ärmlichen Verhältnissen bei einer Pflegefamilie aufgewachsene Kurt Paul Felix gilt bis heute unbestritten als größter TV-Entertainer der Schweiz. Er hatte sich im eidgenössischen Fernsehen, das 1953 den Probebetrieb aufgenommen hatte, schon längst den Ruf eines Superstars erworben, bevor es ihn 1980 jenseits der heimischen Grenze nach Deutschland gezogen hatte. Dort schrieb er mit der von ihm entwickelten und wenig später als große Samstagabendshow etablierten Unterhaltungssendung „Verstehen Sie Spaß?" Fernsehgeschichte. Das ARD-Erfolgsformat, das erstmals am 31. Januar 1980 in einer noch kurzen, 30-minütigen Sendung ausgestrahlt wurde, wurde wenig später abendfüllend auf 180 bis 195 Minuten erweitert und zunächst nur von Kurt Felix moderiert. Ab 1983 moderierte er gemeinsam mit seiner Ehefrau Paola. Sie lockten zehn Jahre lang regelmäßig bis zu 23 Millionen Zuschauer vor die heimische Glotze, europaweit waren es sogar bis zu 30 Millionen. Im Dezember 1990, nach 53 Folgen, war dann Schluss für Kurt Felix.
Die Streiche mit der versteckten Kamera waren zu seinem Markenzeichen geworden, der Schweizer stieg damit zum beliebtesten Showmaster des deutschen Fernsehens auf. Sein Format, mit dem er eine ganze Fernsehgeneration geprägt hatte, wurde 1990 mit dem Bambi für die erfolgreichste Fernsehunterhaltung in der Bundesrepublik der 1980er-Jahre ausgezeichnet. Zeitweise wurde sie von der Hälfte aller deutschen TV-Zuschauer verfolgt.
Streich-Opfer nie lächerlich machen
Kurt Felix wollte klassische Familienunterhaltung liefern, ähnlich wie das ZDF mit dem kurze Zeit später gestarteten Format „Wetten, dass..?". „Ich wollte Fernsehen für alle machen", sagte Kurt Felix über seinen Quotenhit, bei dem er nie die Grenzen des guten Geschmacks überschreiten wollte. „Unser Erfolg war und ist bis heute, dass wir keine Gürtellinie und auch keine Schmerzgrenze unterschreiten. Das Opfer muss am Ende mitlachen können." Am Anfang hatten die produzierenden ARD-Anstalten allerdings noch ziemlich Bammel vor juristischen Auseinandersetzungen mit prominenten Gefoppten. Deshalb wurde zur Umgehung eines möglichen Sendeverbotes zunächst nur im Ausland gearbeitet. „Nach ein paar Sendungen, die die Quoten-Hitliste anführten", sagte Felix, „trauten wir uns, auch in Deutschland zu drehen."
Der direkte Vorgänger von „Verstehen Sie Spaß?" war die vom Schweizer Fernsehen zwischen 1974 und 1981 ausgestrahlte, von Felix nach einem Testlauf mit der Sendung „Grüezi mitenand" moderierte Samstagabend-Unterhaltungsshow „Teleboy", in der die versteckte Kamera als festes Element mit eingestreut gewesen war. Kurt Felix wollte sich als Formate-Erfinder niemals mit fremden Federn schmücken. Deshalb hatte er immer wieder darauf hingewiesen, dass sein Kollege Chris Howland die auf einer US-Produktion von Allen Funt mit dem Titel „Candid Camera" basierende Idee schon 1961 in der WDR-Sendung „Vorsicht Kamera" umgesetzt hatte. Sein Verdienst sei es gewesen, das Konzept durch Hinzunahme von aufs Glatteis geführten Promis so weiterzuentwickeln, dass damit letztlich ein ganzes Samstagabend-Programm gefüllt werden konnte.
„Teleboy" wurde in der Schweiz ein absoluter Straßenfeger mit Einschaltquoten von sagenhaften und bis heute unübertroffenen 70 Prozent. Bis zu zwei Millionen Schweizer verfolgten die insgesamt 36 „Teleboy"-Folgen vor dem Bildschirm. „Das gesellschaftliche Leben in den Städten und Dörfern kommt fast zum Erliegen", wie es das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) mal trefflich kommentiert hatte. „Niemand hat die Fernsehunterhaltung der Schweiz nachhaltiger geprägt als Kurt Felix", so das SRF in Würdigung des TV-Entertainers. Der hatte zudem schon 1968 die sich um den Schweizer Karten-Spielklassiker „Jass" drehende und traditionell aus einer Beiz ausgestrahlte Sendung „Stöck-Wys-Stich" kreiert, die noch heute unter dem Namen „Samschtig-Jass" ausgestrahlt wird und als die langlebigste sowie älteste TV-Unterhaltungssendung nicht nur in der Schweiz, sondern im gesamten deutschsprachigen Raum gilt.
Schon während seiner Schulzeit schrieb Felix Hörspiele, von denen einige auch im Schweizer Radio gesendet wurden. Doch noch mehr begeisterte ihn das junge Medium Fernsehen. „Ich stand jeden Abend vor dem Schaufenster des Radiogeschäfts und schaute fasziniert auf den kleinen Bildschirm", erzählte Felix. „Ich wusste sehr bald: In diesen Kasten möchte ich auch mal rein." Doch zunächst musste er zum Militär und schaffte es an der Schweizer Rekrutenschule bis zum Unteroffizier. Anschließend studierte er am Lehrerseminar Kreuzlingen und arbeitete von 1960 bis 1965 an der Primar- und Gewerbeschule in Kreuzlingen als Pädagoge. Nebenberuflich arbeitete er in dieser Zeit als Radio- und Fernsehreporter und schrieb Theaterstücke und Kindermusicals, von denen eines von der BBC 1965 mit dem Goldenen Mikrofon ausgezeichnet wurde.
Mit „Teleboy" gelang ihm der Durchbruch
Im gleichen Jahr gab er den Lehrerberuf auf und wechselte zum Schweizer Fernsehen, wo er zunächst als Programmgestalter in der Abteilung „Kultur und Wissenschaft" tätig und vor allem an Dokumentarfilmen, volkstümlichen Musiksendungen oder Quiz-Shows beteiligt war. „Das große Bücherquiz" war seine erste eigene Sendung. Es folgten unter anderem „Stöck-Wys-Stich" (1968 – 1970) und „Grüezi mitenand" (1971 – 1972). Wissen und Bildung waren damals die Programm-Schwerpunkte beim Schweizer Fernsehen. Felix, der 1966 seine erste Ehe mit Sonja Köstli einging und bald Vater seines Sohnes Daniel wurde, wollte lieber gute Unterhaltung machen. Deshalb nahm er 1973 einen Ressortwechsel vor, trat als Programmredakteur der Abteilung „Unterhaltung" bei und wurde 1978 mit der Leitung der Sektion „Quiz und Spiele" betraut.
Dort gelang ihm mit seinem „Teleboy" (1974 – 1981) der Durchbruch. Auch während seiner Tätigkeit in Deutschland setzte er seine Karriere beim Schweizer Fernsehen als Moderator und Macher einer großen Samstagabend-Lotterie-Show „Supertreffer" (1987 – 1991) fort, die die drittgrößte Einschaltquote der eidgenössischen TV-Geschichte erzielte und bei der erstmals im deutschen Sprachraum Millionengewinne dank einer Kooperation mit der Schweizer Landes-Lotterie ausgeschüttet wurden.
Seine zweite Ehefrau Paola Del Medico hatte er 1967 als Juror eines Sänger-Talentwettbewerbs kennengelernt, später durch Auftritte in seinen Shows wie „Teleboy" gefördert und schließlich nach ihrem größten Hit „Blue Bayou" 1980 geheiratet. Das Paar, das 1982 erstmals gemeinsam im deutschen Fernsehen in Vertretung des unpässlichen Harald Juhnke bei der Musikshow „Lieder gehen um die Welt" als Moderatoren aufgetreten war, führte 31 Jahre lang eine glückliche Vorzeigeehe und wurde in einer vom Meinungsforschungsinstitut Emnid durchgeführten Umfrage 1988 zum beliebtesten Moderatoren-Duo des deutschen Fernsehens gekürt. Kurt und Paola Felix lebten abwechselnd in St. Gallen und in ihrem Ferienhaus in der Lombardei, seit 1994 besaß Kurt Felix auch die italienische Staatsbürgerschaft.
Ziemlich spät wurde der gesundheitlich schon schwer angeschlagene TV-Star 2011 in seiner Heimat mit dem Schweizer Fernsehpreis für sein Lebenswerk geehrt – seine 2003 eingeleitete Krebsbehandlung war zunächst erfolgreich verlaufen, bevor sich 2010 die Krankheit zurückgemeldet hatte – was er verschmitzt mit „Lieber spät als nie" kommentiert hatte. Der Bambi für sein Lebenswerk war ihm hingegen schon 2003 verliehen worden.