Hertha BSC verpasst auch am 34. Spieltag die Rettung in letzter Minute – und muss den Klassenerhalt nun in der Relegation gegen den Hamburger SV bewältigen.
Knapper geht’s nicht mehr: Nach Ablauf der letzten (regulären) Minute des letzten Spieltags hatte Hertha BSC den direkten Klassenerhalt in der Bundesliga noch geschafft. Allerdings lagen die Berliner zu diesem Zeitpunkt mittlerweile in Dortmund zurück und dem VfB Stuttgart fehlte im Fernduell nur noch ein Treffer gegen den 1. FC Köln für die kaum noch möglich gehaltene Wende im Abstiegskampf. Und als Endo dann in der zweiten Minute der Nachspielzeit eben jenes Siegtor für die Schwaben gelang, da blieb Hertha BSC nur mehr der Platz in der Relegation gegen den Tabellendritten der Zweiten Liga – der sich tags darauf als der Hamburger SV entpuppen sollte. Die erste Partie fand bereits gestern in Berlin statt (bei Redaktionsschluss noch nicht beendet), am Montag fällt die endgültige Entscheidung dann im Rückspiel (20.30 Uhr) in der Hansestadt. Nach dem Spiel in Dortmund hatte Felix Magath dabei den Blick bereits schnell nach vorne gerichtet und angesichts der bevorstehenden Aufgabe das Positive herauszustreichen versucht: der Worst Case, so korrigierte Herthas Trainer die Fragestellung eines Journalisten, sei nicht eingetreten – denn: Vom vorletzten Platz zu Beginn seiner Tätigkeit aus gesehen, „haben wir den direkten Abstieg vermeiden können und das Minimalziel erreicht." Dazu zeigte sich der 68-Jährige hinsichtlich der Relegationsspiele betont zuversichtlich, gerade aufgrund des Auftritts seines Teams in Dortmund: „Ich denke, wir haben hier bewiesen, dass wir ein Erstligist sind – und wenn wir diese Leistung wiederholen, haben wir gute Aussichten, die Relegation zu überstehen und in der Bundesliga zu bleiben."
Minimalziel erreicht: Kein direkter Abstieg
Dabei bewies Magath mit seinen Aussagen die Qualität, in der angespannten Situation Selbstvertrauen auszustrahlen – auch, wenn der Weg in die Entscheidungsspiele zur nächsten Saison im Oberhaus ebenso dazu taugt, Zweifel über das erfolgreiche Bestehen aufkommen zu lassen. Sicher ist eine knappe Niederlage in Dortmund immer möglich, auch wenn ein einziger Punkt den Berlinern hier zum Happy End gereicht hätte. Doch verpasst wurde der direkte Klassenerhalt schon in den beiden Spielen zuvor – und das auf fahrlässige Weise. Zur Erinnerung: Am 32. Spieltag ließ Hertha BSC kurz vor Schluss die Riesenchance zum 2:0 bei Arminia Bielefeld aus und musste dann noch den Ausgleich hinnehmen – statt sechs Punkten Vorsprung auf die Stuttgarter waren es so nur noch vier. In der vorletzten Runde dann leistete man sich eine schwache Vorstellung im Heimspiel gegen Mainz 05 (1:2), in dem man für den erlösenden Sieg eigentlich alles in die Waagschale hätte werfen sollen. Dass der dadurch zuletzt noch erforderliche Punktgewinn bei Vizemeister Borussia Dortmund zur Sicherung der Klasse der ungleich schwerere „Matchball" werden würde, war da im Grunde wenig überraschend.
Dabei hatten die Hauptstädter die schwere Aufgabe beim BVB zunächst gut und erfolgreich angegangen: In der eigenen Hälfte stellten sie den Schwarz-Gelben erst einmal kompromisslos die Räume zum Kombinieren zu und suchten ihrerseits das Heil im Umschaltspiel. Gleich der zweite solche Moment sollte dann von Erfolg gekrönt sein: Ishak Belfodil verwickelte Zagadou im Dortmunder Strafraum in einen Zweikampf, den Schiedsrichter Stieler mit einem Elfmeterpfiff ahnden sollte. Der Algerier behielt bei der Ausführung die Nerven und bezwang Borussia-Torwart Bürki zum 0:1. Fortan war diese knappe Führung der Faustpfand der Blau-Weißen inklusive der Gewissheit, dass im Fall eines wegen des Dortmunder Offensivpotenzials immer möglichen Gegentreffers trotzdem noch auf der sicheren Seite zu sein. So machte Hertha BSC es den Hausherren derart schwer, dass sie nur zweimal vor der Pause nennenswert vor das Tor der Berliner kamen: Einmal fehlte es Brandt an der nötigen Präzision, dann rutschte Zagadou eine Flanke ab und zwang Marcel Lotka zu einer Glanztat, bei der der Hertha-Keeper noch unliebsame Bekanntschaft mit dem Torpfosten machen musste. Die Pausenführung war also nicht unverdient und ein erster Schritt Richtung Klassenerhalt – dass die Dortmunder nach Wiederanpfiff stärker drängen würden, aber auch zu erwarten. Dennoch gelang ihnen aus dem Spiel heraus weiter wenig – erst ein Freistoß Mitte des zweiten Durchgangs sollte dann den Wendepunkt bringen. Hertha war hier gleich mehrfach im Pech, denn den Standard lenkte Santiago Ascacíbar mit seinem Oberarm an die Hand von Mitspieler Marvin Plattenhardt. Der daraus resultierende Elfmeter war ebenso hart wie nach der Regel unumgänglich –
Haaland, der den Ball wuchtig in die Mitte schoss, hatte dabei Glück, denn Lotka war noch mit dem Fuß am Ball und hätte diesen fast noch entscheidend abgelenkt. Verloren war so buchstäblich aber immer noch nichts, doch der Knoten im Dortmunder Spiel löste sich zunehmend, während Hertha kaum noch für Entlastung sorgen konnte. Als der eingewechselte Moukoko dann in der 84. Minute aus schwieriger Position ebenso perfekt wie mit der nötigen Fortune traf, waren die Berliner schon zu müde, um die Hausherren noch ernsthaft zu gefährden. Einzig ein Schuss von Stevan Jovetić ans Außennetz sorgte noch mal für Aufregung – da aber führten die Stuttgarter parallel schon gegen Köln. Am Ende sollte es also nicht sein und Hertha BSC muss nun in die „Extrarunde" gegen den Hamburger SV – in der für die beiden Traditionsvereine sehr viel auf dem Spiel steht.
Hertha gleich mehrfach im Pech
Hertha-Trainer Felix Magath bezog vor dem Duell gegen den Verein, bei dem er seine größten Erfolge als Spieler feierte, mit seinen Schützlingen eigens ein Kurztrainingslager in Kienbaum vor den Toren der Hauptstadt. „Wir müssen jetzt auf die Regeneration achten – auch, dass die Spieler die Köpfe freibekommen", erklärte der Hertha-Coach seinen Denkansatz, „das olympische Trainingszentrum bietet dafür genau die passenden Möglichkeiten." Die bislang einzige Relegation, die Hertha BSC vor zehn Jahren absolvieren musste, war dabei sicher kein Thema – damals mussten sich die Berliner ebenfalls als Bundesligist gegen die Fortuna aus Düsseldorf in zwei denkwürdigen Partien letztlich geschlagen geben.