Der 1. FC Kaiserslautern und die SG Dynamo Dresden spielen in der Relegation um ein schönes Ende eines aufreibenden Jahres. Der neue Trainer, Dirk Schuster, ist positiv gestimmt.
Viel mehr Tradition kann ein Fußballspiel kaum zu bieten haben: der FCK gegen die SGD. Das sind auch vier Meisterschaften und zwei Pokalsiege in der BRD gegen acht Meistertitel und sieben Pokale in der damaligen DDR. Legendäre Spieler im Club- und Nationaltrikot, unvergessene Schlachten im Europacup, zwei als Hexenkessel bekannte Stadien. Und jetzt spielen die beiden deutsch-deutschen Traditionsvereine in der Relegation um den letzten freien Platz in der 2. Bundesliga. Mehr als 75.000 Zuschauer werden bei den beiden Partien am 20. und 24. Mai dabei sein, sowohl das Fritz-Walter-Stadion als auch das Rudolf-Harbig-Stadion sind ausverkauft.
Beide Vereine kommen mit ganz unterschiedlichen sportlichen Geschichten in diese Relegation. Der Drittliga-Dritte aus Kaiserslautern hatte sieben phänomenale Monate hinter sich, ehe zuletzt drei Niederlagen den Direktaufstieg verhagelten und Trainer Marco Antwerpen den Job kosteten. „Wir können in zwei Spielen Großes erreichen, das muss allen bewusst sein. Hier geht’s wirklich um die Zukunft des Vereins", sagte Thomas Hengen, der alleinige Geschäftsführer, bei der Pressekonferenz am Mittwochabend zu dem Trainertausch. „Das ist eine verdammt unpopuläre Entscheidung, ich habe mir das auch nicht leicht gemacht."
Beim Zweitliga-16. aus Dresden währt die Negativserie noch länger. Nach der Hinrunde betrug der Vorsprung auf den Relegationsplatz noch komfortable acht Punkte, aber seitdem gelang kein einziger Sieg mehr, auch nicht unter dem seit März agierenden neuen Trainer Guerino Capretti. Allerdings gingen in der Rückrunde auch „nur" sieben Partien verloren, satte zehn endeten unentschieden.
Um die letzten Details zu sammeln, war Dirk Schuster beim letzten Spiel der regulären Saison in Dresden vor Ort. Die Dresdner verloren die Generalprobe gegen Aue mit 0:1. Vor allem seine eigene Mannschaft lässt den neuen Trainer Dirk Schuster nur so vor Optimismus strotzen. „In den zwei Spielen kann der Verein nur gewinnen. Wir sind der Underdog, kommen aus der 3. Liga und die letzten drei Spiele liefen nicht ganz so positiv. Aber man hat eine hervorragende Runde gespielt. Das hat man gemeinsam hingekriegt, dass 17 andere Mannschaften gern mit dem FCK tauschen würden", sagte Schuster im Interview von SWR Sport zur bisherigen Saison der Roten Teufel.
Vor allem im Heimspiel am heutigen Freitag setzt Schuster dabei auf die Unterstützung von den Rängen, nachdem die Fans des FCK schon seit Wochen für eine begeisternde Kulisse sorgen – sowohl am Betzenberg als auch auswärts. „Ich bin der Überzeugung, wenn wir alle gemeinsam ziehen, die Gemeinschaft im Vordergrund steht und der 12. Mann auch seinen Teil dazu beiträgt – und das sind am Freitag nun mal 50.000 Leute – dann können wir hier eine gute Ausgangsposition schaffen", sagte Schuster, der die Reise dann jedoch noch nicht beendet sieht. „Und dann fahren wir nach Dresden und gucken mal, wie wir Dynamo noch mal wehtun können." Vor einer negativen Stimmung am Betzenberg hat Schuster nach der Entlassung des bei den Fans beliebten Antwerpen nichts mitbekommen. „Ich habe nicht registriert, dass hier eine miese Stimmung herrschen soll. Im Gegenteil: Ich habe viele aufmunternde Nachrichten und Gratulationen bekommen. Ich hatte überhaupt keine negativen Kontakte in dieser Richtung, sondern jeder wünscht Glück. Jeder ist davon überzeugt, dass wir es schaffen", so Schuster.
Ex-Boss Merk spricht von „sehr mutiger Entscheidung"
Die Stimmung deckt sich mit der Auffassung, wie Schuster die letzten beiden Saisonspiele angeht. Es dürfe keine Enttäuschung sein, die Relegation zu spielen, sondern ein Highlight. „Diese zwei Spiele vor ausverkauftem Haus, das sind Erlebnisse, auf die man sich freuen kann. Dafür ist man Fußballer geworden." Der neue Trainer der Roten Teufel weiß, wovon er spricht.
Mit dem SV Darmstadt 98 sicherte sich Schuster 2014 nach zwei packenden Spielen gegen Arminia Bielefeld schon einmal den Aufstieg in die Zweite Liga. Schusters Eindruck von der Mannschaft ist nach den ersten Eindrücken aus dem Training „äußerst positiv". Er bescheinigt seinem neuen Team, mit „Feuereifer" bei der Sache zu sein und die neuen Inhalte schnell umzusetzen.
Genau darin besteht auch die Schwere der Aufgabe für ihn und sein Trainerteam: Es bleibt nur wenig Zeit. „Es sind zwei Endspiele und eine große Herausforderung, die Mannschaft in der Kürze der Zeit so gut kennenzulernen und sich gegenseitig zu vertrauen, um das Bestmögliche zu erreichen. Und das wird am Ende hoffentlich der Aufstieg in die Zweite Liga sein", sagte Schuster.
Die Art und Weise wie der Trainerwechsel vonstattengeht, schlug hohe Wellen. Schusters vier Jahre jüngerer Vorgänger Antwerpen beklagte sich nach seinem überraschenden Ende bitterlich über seinen bisherigen Arbeitgeber. „Ich bin geschockt und traurig über diese Entscheidung. Ich wollte mit diesem Club aufsteigen, habe alles dafür gegeben und nun diese wahnsinnige Entscheidung", sagte Antwerpen bei Sport1. Er griff auch Hengen an: „Warum diese Person das macht, weiß ich nicht." Zuletzt gab es sogar Berichte, wonach Hengens Kumpel Miroslav Klose einsteigen könnte. Der Weltmeister von 2014 gilt ebenso als FCK-Legende der Nach-54er-Zeit wie Andreas Brehme und Hans-Peter Briegel. Der frühere Lauterer Weltklasse-Schiedsrichter und Clubfunktionär Markus Merk bezeichnete den Wechsel von Antwerpen zu Schuster als eine „sehr mutige Entscheidung, die hopp oder top bedeutet". Und es geht um viel für den FCK: Trotz des im Dezember 2020 abgeschlossenen Insolvenzverfahrens und der damit einhergegangenen Schuldenfreiheit der Kapitalgesellschaft ist jedes weitere Jahr in der 3. Liga ein Verlustgeschäft. Ein Aufstieg und die damit verbundenen wesentlich höheren Fernsehgelder würden die immer noch nicht vollständige finanzielle Gesundung des Clubs deutlich beschleunigen. Für das Sportliche ist Dirk Schuster nun verantwortlich.