Der FC Liverpool mit Trainer Jürgen Klopp und Real Madrid um den deutschen Weltmeister Toni Kroos bestreiten am 28. Mai in Paris das Finale der Champions League.
Gerade in Deutschland hatte man das Gefühl, dass viele auf ein Finale zwischen dem FC Liverpool und Manchester City hinfiebern. „Klopp gegen Pep", dieses Duell elektrisiert in Deutschland viele, seit sich Jürgen Klopp und Pep Guardiola als Trainer von Borussia Dortmund und dem FC Bayern heiße Duelle geliefert haben.
Wieder kein Titel für ManCity
In England haben sie sicher einerseits auf ein rein englisches Finale gehofft. Wie im Vorjahr, als der FC Chelsea mit Trainer Thomas Tuchel gegen Guardiola und Manchester gewann. 1:0 durch ein Tor des deutschen Nationalspielers Kai Havertz. Doch auf der anderen Seite sehen sie dieses Duell eigentlich auch viel zu oft. 16-mal gab es das schon, seit Klopp nun Liverpool und Guardiola ManCity trainiert. Und das sind nur die direkten Vergleiche. Solche wie in dieser Saison in der Liga, in der sich die beiden Clubs durch die ganze Spielzeit über ein Fernduell lieferten, sind noch gar nicht berücksichtigt. Klopp gegen Pep gibt es in England das ganze Jahr über. Nahezu jedes Jahr. Und deshalb wird es einige Fans auf der Insel geben, die sich nun freuen, dass das Finale ein anderes ist.
Der FC Liverpool und Jürgen Klopp haben es zwar geschafft. Sie setzten sich gegen Bayern-Schreck FC Villarreal durch, nach einem 2:0 im Hinspiel lagen sie in Spanien schon mit 0:2 zurück und gewannen 3:2. Dramatisch waren gleich beide Spiele zwischen Manchester und Real Madrid. Das furiose Hinspiel gewannen die Engländer 4:3. In Spanien führten sie bis in die 90. Minute mit 1:0, mussten durch zwei Treffer in der Nachspielzeit in die Verlängerung und verloren dort mit 1:3. Liverpool gegen Real Madrid heißt also das Endspiel, das ursprünglich mal in St. Petersburg stattfinden sollte, wegen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine aber schon vor einiger Zeit nach Paris verlegt wurde. Wir schauen uns an, was besonders reizvoll ist an diesem Endspiel. Und was den Ausschlag geben könnte.
Bekannt aus der Bundesliga: Außer Klopp gibt es auf beiden Seiten noch den ein oder anderen, den man in Deutschland auch dann kennt, wenn man nicht die Königsklasse oder die beiden Ligen verfolgt. Allen voran natürlich Toni Kroos im zentralen Mittelfeld von Real. Doch bei den Königlichen spielt auch der Österreicher David Alaba in der Abwehr, der beim FC Bayern ausgebildet wurde und erst im vergangenen Sommer ablösefrei nach Spanien ging. Dazu kommt als rechter Außenverteidiger Dani Carvajal, den Real 2012/13 für eine Ausbildungssaison zu Bayer Leverkusen schickte. Stürmer Luka Jovic kam 2019 aus Frankfurt und war in der Rückrunde der Vorsaison auch wieder dahin ausgeliehen. Er wurde in dieser Champions-League-Spielzeit aber nur zweimal eingewechselt und einmal in die Startelf beordert, als es im Gruppenfinale um nichts mehr ging. Bei Liverpool ist der frühere Mainzer und Unioner Loris Karius dritter Torhüter. Abwehrspieler Joel Matip spielt zwar für Kamerun, wurde aber in Bochum geboren und auf Schalke ausgebildet. Abwehrspieler Ibrahima Konaté kam im Vorjahr wie Naby Keita drei Jahre zuvor von RB Leipzig nach Liverpool. Mittelfeldspieler Thiago spielte von 2013 bis 2020 für den FC Bayern. Stürmer Roberto Firmino kam 2015 aus Hoffenheim, der meist als Joker eingesetzte Divock Origi war 2017/18 an den VfL Wolfsburg ausgeliehen. Torhüter Alisson Becker hat saarländische Wurzeln, sein letzter deutscher Vorfahr wanderte allerdings schon 1797 aus Mettnich – heute Primstal – nach Rio de Janeiro aus.
Torhüter mit Saar-Wurzeln
Marktwert: Laut transfermarkt.de ist der Kader des FC Liverpool etwas wertvoller. Er kommt auf 900,50 Millionen, der von Real auf 756,50 Millionen. Der FC Bayern wird übrigens mit 804,50 Millionen dotiert.
Die Schlüsselspieler: Acht Spieler im Kader von Real sind mindestens 50 Millionen wert. Aber den wertvollsten von allen kennen noch längst nicht alle Fußball-Fans. Der Brasilianer Vinicius Junior soll 100 Millionen Euro wert sein, immerhin 45 haben die Spanier schon vor vier Jahren an Flamengo Rio de Janeiro bezahlt. In der Champions League schoss der erst 21 Jahre alte Linksaußen drei Treffer, bereitete aber schon sieben vor. Mehr hat kein anderer. Nutznießer war sehr oft Karim Benzema. Dem schon 34 Jahre alten Franzosen, der nur wegen seines Alters auf lediglich 25 Millionen taxiert wird, ist der Titel des Torschützenkönigs nicht mehr zu nehmen. Er traf bei elf Einsätzen 15-mal. Von den 14 Treffern, die Real in den letzten fünf Spielen erzielte, steuerte er alleine zehn bei. Dazu kommt das seit Jahren eingespielte Dreieck im Mittelfeld, bestehend aus Kroos, Casemiro und Luka Modric, das bei Real alle Fäden in der Hand hält. Modric spielt seit 2012 für die Königlichen, Casemiro seit 2013, Kroos kam nach dem WM-Finale 2014 vom FC Bayern. Bei den Reds ist Virgil van Dijk Kopf und Herz der Mannschaft. Der niederländische Abwehrrecke ist mit 84 Millionen Ablöse der bis heute teuerste Defensivspieler und wurde 2019 Europas Fußballer des Jahres. Rechtsverteidiger Trent Alexander-Arnold, erst 23 und schon absolute Weltklasse, und der Brasilianer Fabinho im defensiven Mittelfeld sind die oft unbesungenen Helden. Im Sturm kommen zu den seit 2017 zusammen zaubernden Mo Salah und Sadio Mané mit dem Portugiesen Diogo Jota sowie dem im Winter verpflichteten Kolumbianer Luis Diaz glänzende Ergänzungen.
Van Dijk ist der Kopf von Liverpool
Die Vorgeschichte: Beide haben im Wettbewerb eine erfolgreiche Historie. Real ist mit 13 Titeln in der Champions League und deren Vorgänger-Wettbewerb Rekordsieger. Liverpool folgt mit sechs Erfolgen hinter dem AC Mailand (7) und gleichauf mit dem FC Bayern auf Rang drei. Doch vor allem auch in den vergangenen Jahren waren beide Vereine prägend in der Königsklasse. Liverpool steht alleine mit Klopp zum dritten Mal im Endspiel, Madrid gewann den Wettbewerb zwischen 2016 und 2018 dreimal in Serie. Zweimal trafen Liverpool und Real schon im Finale aufeinander. 1981 gewann – kurioserweise auch in Paris, aber damals noch im Prinzenpark und nicht im Stade de France – Liverpool mit 1:0 gegen die von Ulli Stielike trainierten Madrilenen. Und dann kam eben das Duell von 2018, das noch nachwirkt, weil es kurios war und viele von damals noch dabei sind. Im Olympiastadion von Kiew gewann Real mit 3:1, Liverpool-Torhüter Karius patzte zweimal entscheidend. Kurz vor dem ersten Aussetzer hatte er einen Schlag von Reals Sergio Ramos abbekommen und verwies später darauf, er habe eine Gehirnerschütterung gehabt.
Klopp sieht Real als Favorit
Was sagen die Protagonisten? Klopp macht auf Understatement. So extrem, dass es wohl Taktik ist. „Real ist der haushohe Favorit", sagte er, begründete das aber auch: „Was Real veranstaltet hat, ist außergewöhnlich. Sie haben Paris Saint-Germain, Chelsea und Manchester City ausgeschaltet." Real-Coach Carlo Ancelotti, von Juli 2016 bis September 2017 auch Trainer des FC Bayern, ist gleich aus mehreren Gründen hochmotiviert. „Ich freue mich sehr, wieder in einem großen Finale auf Liverpool zu treffen", sagte er. Das passiert in der Champions League beziehungsweise im Europacup der Landesmeister nämlich schon zum vierten Mal. 1984 verlor er als Spieler mit AS Rom im eigenen Stadion das Endspiel im Elfmeterschießen. 2005 führte er mit dem AC Mailand in einem legendären Endspiel in Istanbul zur Pause mit 3:0, nach 90 Minuten stand es 3:3 und wieder gewann Liverpool im Elfmeterschießen. Zwei Jahre später holte Ancelotti dann mit Milan durch ein 2:1 gegen Liverpool den Pott. Außerdem trainierte er in den vergangenen beiden Jahren Liverpools Stadtrivalen FC Everton. „Ich habe zwei Jahre in Liverpool gewohnt", sagte Ancelotti: „Und ich bin immer noch ein Evertonian." Der Italiener steht als erster Trainer zum fünften Mal im Endspiel. Klopp nach einem Finale mit Dortmund (1:2 gegen den FC Bayern 2013) und nun drei mit Liverpool auch schon zum vierten Mal. Und was sagt Toni Kroos? Er ist gelassen. „Wir kennen die Situation, im Finale zu stehen. Wir haben das schon ein paarmal gehabt", sagte er und schwärmte von der Moral des Teams in der K.-o.-Phase: „Wir waren schon 26-mal raus und haben uns 26-mal zurückgekämpft."