Die Leber ist ein überaus komplexes Organ. Alles, was wir essen und trinken, wird in ihr gefiltert. Sie ist für die Entgiftung verantwortlich, ohne sie kann
ein Mensch nicht überleben. Zu den häufigsten Krankheiten gehört die Fettleber.
Kneipensprüche wie „Zwischen Leber und Milz passt noch immer ein Pils" oder „Saufen bis die Leber schreit", die sich über die Auswirkungen von Bier, Wein und Schnaps auf die Leber lustig machen, gibt es genug. Man sollte meinen, dass nach vielen Jahren medizinischer und medialer Aufklärung die negativen Auswirkungen von übermäßigem Alkoholkonsum auf unsere Leber bekannt sind. Trotzdem ist die durch Alkoholmissbrauch entstandene Fettleber nach wie vor sehr häufig. Geradezu alarmierend ist, dass immer mehr Menschen an einer Fettleber leiden, die nicht den Alkohol als Hauptverursacher hat.
Zum Jahresanfang meldet die Deutsche Leberstiftung auf ihrer Webseite, dass die nicht-alkoholische Fettleber (NAFL) weltweit einen unrühmlichen Platz eins bei den Fettleber-Diagnosen erreicht hat. Das heißt, dass auch Menschen, die nie oder selten Alkohol trinken, immer häufiger einen Fettleber-Befund bekommen können. Bei der Fettleber wird zwischen der nicht-alkoholischen Fettleber (NAFL) und der alkoholischen Fettleber (AFL) unterschieden.
Dass die FL-Diagnosen rapide ansteigen, hängt vorwiegend mit unserem Lebensstil zusammen: Essen ist dauernd und in großer Vielfalt vorhanden. Das führt dazu, dass wir zu oft zu viel essen. Viel essen macht träge, und wir bewegen uns zu wenig. Beide Faktoren beschleunigen das Metabolische Syndrom. Von diesem spricht man, wenn bestimmte Erkrankungen respektive Symptome gemeinsam auftreten. Dazu zählen vornehmlich Übergewicht, Bluthochdruck sowie Zucker- und Fettstoffwechselstörungen. Manchmal wird das Syndrom auch als Wohlstandssyndrom bezeichnet. Faktoren wie körperliche Inaktivität, Stress, Rauchen und Alkohol spielen bei der Entstehung mit. Das Wohlstandssyndrom erhöht deutlich das Risiko, Diabetes Typ 2 oder eine Fettleber zu entwickeln. Mehr und mehr sind davon auch junge Menschen und Kinder betroffen. Die Leberstiftung berichtet, „manche Experten schätzen, dass in Deutschland über 30 Prozent an einem Metabolischen Syndrom leiden, das häufig zur Einlagerung von Fett in der Leber führt."
Diese Einlagerung ist keineswegs harmlos. Der bekannteste Auslöser einer Verfettung der Leberzellen ist zwar vermehrter Alkoholkonsum. Statistisch signifikantere Auslöser sind Diabetes und erhöhte Blutfettwerte. „In Deutschland ist jeder vierte Bundesbürger über 40 bereits betroffen und bereits jedes dritte übergewichtige Kind leidet an dieser Krankheit – Tendenz steigend: Schätzungen gehen davon aus, dass im Jahr 2025 etwa 55 Millionen US-Amerikaner und Europäer an einer nicht-alkoholischen Leberentzündung leiden. Neben fettreicher Nahrung begünstigen sowohl zuckerreiche Lebensmittel als auch zuckerreiche Getränke, die Entstehung einer nicht-alkoholischen Fettleber (NAFL). Die negativen Auswirkungen betreffen neben der Leber den gesamten Körper, weil Fetteinlagerungen in der Leber unter anderem zu den Hauptursachen für Diabetes mellitus Typ 2 zählen", informiert die Leberstiftung. Diabetes kann somit Auslöser und Folge einer nicht-alkoholischen Fettleber sein. Fettlebererkrankungen werden von Experten wie Dr. Benjamin Maasoumy, Oberarzt an der Medizinischen Hochschule Hannover und ausgewiesener Experte beim Thema Lebererkrankungen, als Zivilisationskrankheit eingestuft. Die Krankheit gilt als eine Herausforderung für das Gesundheitswesen in Deutschland und anderen europäischen Ländern. „Es gibt Erhebungen in Großbritannien, die zeigen, dass schon jeder Dritte betroffen ist. Die Fettleber ist eine klassische Volkskrankheit geworden und aus meiner Sicht macht es deshalb Sinn, dass jemand, der Diabetes hat, sich screenen lässt, ob nicht schon eine Fettleber vorliegt."
Die Fettleber ist nur eine Krankheit, die zu einer schweren Lebererkrankung, nämlich der Leberzirrhose führen kann. Andere Krankheiten, die das Zirrhose-Risiko erhöhen, sind: eine chronische Hepatitiserkrankung, Stoffwechselerkrankungen, Autoimmune Lebererkrankungen, Nebenwirkungen von Medikamenten oder Herzprobleme.
Bei der Leberzirrhose geht funktionsfähiges Lebergewebe zugrunde und wird durch Bindegewebe ersetzt. Die Leber vernarbt und schrumpft, kann ihre Aufgabe nicht mehr richtig erfüllen. Das hat zahlreiche Folgen, etwa Störungen im Stoffwechsel, im Hormonhaushalt oder der Blutgerinnung. Giftstoffe werden nicht mehr ausreichend abgebaut.
„Fettleber ist eine klassische Volkskrankheit geworden"
Damit für Patienten mit einer Fettleber solche schwerwiegenden Folgen ausbleiben, ist es wichtig zu handeln, insbesondere wenn bereits eine Leberfibrose festgestellt wird: Zuerst sollte eine Gewichtsreduzierung angestrebt werden, in dem man vorwiegend den Anteil einfacher Kohlehydrate, das sind hauptsächlich Weißmehlprodukte und Industriezucker, in der Ernährung verringert. Und auch das Testen auf oder eine Impfung gegen die Viruserkrankungen Hepatitis A und Hepatitis B sind gute Vorsichtsmaßnahmen.
„Tückisch bei Leberzirrhose ist, dass der Patient vollkommen beschwerdefrei sein kann. Im Verlauf kommt es zu einem Untergang von Lebergewebe und einem sogenannten Bluthochdruck vor der Leber. Die Leberleistung nimmt ab. Das ist dann das Stadium, bei dem es zu klinischen Komplikationen kommt und die Patienten es dann auch spüren", erklärt Dr. Maasoumy.
Die Leber ist ein sehr komplexes Organ. Ein Umstand, der auch die Behandlung schwierig macht. Dr. Maasoumy erklärt, was dabei zuerst passieren muss: „Das Wichtigste bei der Behandlung der Leberzirrhose ist es, den auslösenden Faktor zu eliminieren. Sie müssen die zugrunde liegende Erkrankung behandeln. Gelingt das weitgehend, dann kann es auch zur Regeneration kommen."
Weitere Umstände, die die Chance auf einen erfolgreichen Heilungsprozess erhöhen: geringes Alter, keine genetische Vorbelastung und dass die Krankheit noch im Frühstadium entdeckt wird.
Die Leber hat eine hohe Regenerationsfähigkeit und kann sich, so Dr. Maasoumy, „bewundernswert stark erholen", wenn es gelingt das Gift, dass der Leber schadet, ausschalten zu können, „ist es nicht selten möglich, dass die Leber wieder ein Stadium erreicht, in dem sie funktionstüchtig ist."
Man muss hier anmerken, dass die behandelnden Ärzte nicht in jedem Fall genau wissen, was die eigentliche Lebererkrankung ausgelöst hat. Abgrenzen muss man auch Gallenwegserkrankungen, die zu Leberzirrhose führen können. Hier ist die Regeneration deutlich schwieriger. In schweren Fällen, wenn die Leber des Patienten schon Dekompositionsanzeichen hat und Komplikation wie Bauchwasser vorliegen oder die Leberfunktion wesentlich eingeschränkt ist, bleibt oft nur eine Lebertransplantation. Transplantationsorgane sind selten.
Gesunde Ernährung und Sport fördern die Gesundheit der Leber
Anders etwa als bei der Niere, deren Funktion auch langfristig ein Dialyse-Gerät übernehmen kann, ist es nicht möglich, die Leberfunktion dauerhaft durch eine Maschine zu ersetzen. Dr. Maasoumy erläutert, warum das so ist: „Das liegt eben auch daran, dass die Leber eine komplizierte Architektur hat und vielfältige Aufgaben in unserem Körper übernimmt: Sie ist Teil des Immunsystems, und sie ist das zentrale Stoffwechselorgan. Das gesamte Blut des Magen-Darm-Trakts fließt durch die Leber. Wir haben es bei der Leber mit einer Art Bio-Reaktor zu tun."
Es gab in der Vergangenheit und gibt immer wieder klinische Studien, die sich damit beschäftigen eine Art Leber-Dialyse zu entwickeln. „Da werden zum Beispiel Kartuschen mit Leberzellen eingesetzt, an denen Blut vorbeiläuft. Diese Ideen sind noch im Forschungsstadium und waren bisher nicht erfolgreich", erklärt Dr. Maasoumy.
In Bezug auf die nicht-alkoholische-Fettlebererkrankung (NAFL) hat ein US-Forschungsteam der Rutgers Universität im US-Bundestaat New Jersey jüngst Schlagzeilen gemacht. Laut der amerikanischen Wissenschaftler könnte ein Hormon namens Kisspeptin, das natürlich im menschlichen Körper vorkommt, bei der Behandlung von NAFL eingesetzt werden. Allerdings konnte die Wirkung dieses Hormons bisher nur bei Mäusen nachgewiesen werden. Um die Effektivität von Kisspeptin beim Menschen zu belegen, sind weitere Studien nötig.
Keine andere chronische Krankheit, die zu Einweisungen in Kliniken führt, hat in Deutschland eine so hohe Sterberate wie Leberzirrhose. Das geht aus einer neuen Studie der Frankfurter Universitätsmedizin hervor. Die Mortalitätsrate liegt über jener von Herzinsuffizienz, Nierenversagen und chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung.
Was können wir tun, um unsere Leber zu schützen?
• Achten Sie auf ihren Alkoholkonsum. Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen empfiehlt, an mindestens zwei Tagen pro Woche keinen Alkohol zu trinken. Frauen sollten nicht mehr als zwölf Gramm Alkohol pro Tag trinken, also nicht mehr als ein kleines Glas Wein (0,125 Liter). Männer sollten nicht mehr als 24 Gramm Alkohol pro Tag trinken, also zwei kleine Gläser Bier (0,6 Liter).
• Eine gesunde Ernährung ist ebenfalls wichtig: weniger Fett und eine gute Mischung aus Proteinen, Ballaststoffen und komplexen Kohlehydraten wie Getreide, Vollkornprodukte und Hülsenfrüchten.
• Bewegung tut der Leber gut – empfohlen sind zwei bis drei Stunden pro Woche. Behalten sie ihr Gewicht im Auge: „Übergewicht und Adipositas begünstigen die Entstehung einer nicht-alkoholischen Fettleber, die das Risiko für weitere schwere Lebererkrankungen und Leberzellkrebs erhöhen kann", informiert die Deutsche Leberstiftung auf ihrer Webseite.
• Wenn Sie es nicht schon getan haben – hören sie mit dem Rauchen auf: Studien haben gezeigt, dass das Rauchen zu Entzündungen und Vernarbungen der Leber beitragen kann.
Dr. Maasoumy hat noch einen Tipp, den zu beherzigen den allermeisten von uns leicht fallen wird: Kaffee trinken. Denn Kaffee ist gut für die Leber und das bestätigt auch die Leberstiftung: „Es konnte in vielen Studien nachgewiesen werden, dass der Genuss von drei und mehr Tassen Kaffee am Tag das Risiko für die Entwicklung einer Leberzirrhose oder eines Leberkrebses bei Patienten mit chronischen Lebererkrankungen verringert." Na dann, hoch die Kaffeetassen.
Weitere Infos:
www.deutsche-leberstiftung.de
Das „Leber-Buch" der Deutschen Leberstiftung: www.deutsche-leberstiftung.de/service/das-leber-buch