Messenger wie Whatsapp sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Alle kennen sie, alle benutzen sie. Dennoch sollte man aufpassen, welchen Messenger man verwendet, denn die Programme gehen sehr unterschiedlich mit den persönlichen Daten der Nutzer um.
Für meine Beurteilung der vorgestellten Messenger betrachte ich folgende Kriterien: Zum einen ist mir wichtig, ob ein Messenger anonym nutzbar ist. Das bedeutet, dass ich wissen möchte, ob ich den Messenger nutzen kann, ohne meine eigene Telefonnummer preiszugeben und womöglich auch noch mein gesamtes Telefonbuch veröffentlichen muss.
Wichtig ist mir ebenso, ob ein Messenger eine sogenannte Ende-zu-Ende Verschlüsselung (E2EE – End-to-End-Encryption) anbietet. Eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung sorgt dafür, dass Messenger die Daten, die ich versenden möchte, auf meinem Ausgangsgerät verschlüsselt und erst auf dem Empfangsgerät wieder entschlüsselt. In Betracht kommen dabei Smartphones, Tablets oder PCs.
Bei jedem Umgang mit den erwähnten Geräten entstehen Metadaten. Das sind Daten die besagen, wann ich womit, mit wem, von wo, wie lange und mit welcher Software wie oft etwas gemacht habe – und viele weitere Informationen. Das mag uninteressant klingen, ist aber wichtig, denn mithilfe dieser Daten sind soziale Beziehungen darstellbar. Warum hat Anton während seiner Arbeitszeit mit Eve so oft Kontakt, obwohl sie beruflich gar nichts miteinander zu tun haben, aber beide mit anderen Partnern liiert sind? Könnten die beiden ein Verhältnis haben? Hat vielleicht einer von beiden oder sogar beide Zugang zu Informationen, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind? Könnte man da nicht mal ganz dezent nachfragen, ob den beiden das Schweigen einer dritten Person nicht die eine oder andere Information wert ist?
An dieser Stelle kommt in der Regel das Argument, dass Anton doch als heißer Heiko und Eve als edle Elle in sozialen Medien unterwegs sind. Das mag sein, aber die beiden verteilen mit jeder Kommunikation so viele Metadaten, dass sie mit einer nahe an 100 Prozent liegenden Wahrscheinlichkeit als natürliche Person identifizierbar sind. Dafür reichen nämlich bereits vier Metadaten, wie wissenschaftliche Untersuchungen gezeigt haben. Bei einer „normalen" Kommunikation entstehen sehr viel mehr als nur vier Metadaten. Also, seien Sie gewiss, dass Ihre vermeintlich anonyme Kommunikation in den meisten Fällen alles andere als anonym ist, wenn Sie nicht die richtigen Messenger verwenden.
Ebenso interessant ist, um was für eine Art von Software es sich bei den genutzten Messengern handelt. Messenger sind Software, also Programme, auch App genannt. Bei Programmen unterscheidet man zwischen Open Source – also einem offenem Programmcode – und Closed Source – also einem Programmcode, den die Entwickler geheim halten. Ist ein Programm Open Source, kann man davon ausgehen, dass weltweit Millionen von Interessierten sich das Programm ansehen und mit großer Wahrscheinlichkeit Fehler finden – und vor allem auf eingebaute Hintertüren stoßen, sofern es sie gibt. Das sind Schnittstellen in Programmen, die es Dritten ermöglichen, auf die Daten zuzugreifen, ohne dass die Nutzer dies merken.
Die meisten Messenger sind kostenlos, so auch drei der vier aus dieser Vorstellung. Allein Threema kostet einmalig 3,99 Euro. Dafür kann man Threema dann lebenslang nutzen.
Lieber Open Source statt Closed Source
Von großer Bedeutung ist der Standort des Anbieters des Messengers, denn es gilt das Datenschutzrecht des Landes in dem der Anbieter seinen Hauptsitz hat. Zwei der vorgestellten Messenger Whatsapp und Signal haben ihren Firmensitz in den USA. Das ist für die Nutzer unschön, denn Ausländer genießen in den USA faktisch keinen Datenschutz. Amerikanische Behörden können jederzeit die Herausgabe von Nutzerdaten verlangen, und die Anbieter dürfen die Nutzer nicht einmal darüber informieren. Um es vorweg zu nehmen: Bei Signal spielt das keine Rolle, denn Signal speichert nur das Datum der ersten Registrierung und das Datum der letzten Nutzung, aber keine Nachrichten.
Der vierte betrachtete Messenger ist Telegram. Bei seiner Einführung als großartige Alternative zu Whatsapp gefeiert, ist er der derzeit wohl gefährlichste Messenger auf dem Markt. Um Telegram sollten Sie einen ganz großen Bogen machen. Dazu später mehr. Welches Datenschutzrecht für Telegram gilt, ist unklar, denn offiziell hat Telegram seinen Sitz in Dubai. Allerdings reagiert der Messengerdienst auf keine Nachrichten, die an seine dortige Postadresse gehen. Als einer der beiden besten Messenger gilt Threema. Threema ist wie gesagt der einzige Messenger, der einmalig Geld kostet – die erwähnten 3,99 Euro. Er ist in der Schweiz zu Hause und bietet den Nutzern damit ein ähnlich hohes Niveau für den Datenschutz wie die deutsche DSGVO (Datenschutz-Grundverordnung). Threema ist auch der einzige Messenger im Feld, der eine anonyme Nutzung möglich macht. Sie können damit andere Nutzer allein mit deren User ID erreichen, ohne deren Telefonnummer zu kennen. Sie müssen weder wie etwa bei Whatsapp Ihre Telefonnummer noch Ihr Telefonbuch bei der Installation preisgeben. Die nutzerseitige Software von Threema ist Open Source, also für alle einsehbar. Threema ist bereits von Sicherheitsfirmen geprüft und für gut befunden worden. Gleiches gilt für Signal. Threema setzt standardmäßig eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung ein. Daher ist Threema eine Empfehlung.
Whatsapp kennen und nutzen die meisten von uns. Leider sammelt es unsere Metadaten und reicht sie weiter, damit andere daraus Profile bilden und unsere Daten verkaufen können. Whatsapp nutzt zwar auch eine Ende-zu-Ende Verschlüsselung, die aber wertlos erscheint, denn sobald ein Nutzer eine Nachricht an Whatsapp als unangemessen meldet, kann Whatsapp auf die letzten vier Nachrichten der Kommunikation zugreifen. Das kann nur funktionieren, wenn es einen Generalschlüssel gibt. Sobald das der Fall ist, liegt allerdings keine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung mehr vor. WhatsApp ist zudem Closed Source, also hält der Facebook-Mutterkonzern Meta seinen Programmcode geheim.
Außerdem hat es seinen Sitz in den USA (siehe oben). Alles zusammen keine guten Voraussetzungen für Privatsphäre und Vertraulichkeit. Daher die Empfehlung: Wer sich Gedanken um seine eigenen Daten macht, sollte Whatsapp so schnell wie möglich verlassen und zu einem der beiden empfohlenen Messenger zu wechseln.
Viele Server stehen in den USA
Kommen wir zu Telegram. Der Messengerdienst gilt spätestens seit Corona als Tummelplatz für Verschwörungstheoretiker und politisch sehr rechts orientierte Menschen. Bei Telegram kann man so ziemlich alles, was illegal ist, bekommen und hat Zugang zu vielen Chatgruppen, die es wohl besser nicht gäbe. Telegram bietet für Gruppen keine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung. Bei Zweiergesprächen können beide Teilnehmer sie aktivieren. Telegram speichert zudem alle Nachrichten auf seinen Servern im Klartext. Vor allem überträgt Telegram sämtliche Eingaben in Echtzeit an die eigenen Server, auch wenn der Nutzer die Eingaben vor dem Abschicken wieder gelöscht hat. Es bietet keinerlei Privatsphäre.
Der letzte im Bunde unseres Tests ist Signal. Signal bietet standardmäßig eine sehr gute Ende-zu-Ende-Verschlüsselung an und ist zudem kostenlos. Es speichert keine Daten der Nutzer und sorgt sogar dafür, dass sehr wenige Metadaten anfallen. Kommen wir zurück zu unserem Eingangsbeispiel: Schickt Anton eine Nachricht an Eve, so verschlüsselt Signal die Nachricht auf Antons Gerät und packt sie in einen Umschlag, bevor Anton die Nachricht abschickt. So weiß Signal nur, dass die Nachricht für Eve gedacht ist, aber nicht, wer Eve da schreibt. Erst Eve kann sehen, dass die Nachricht von Anton stammt und kann seine Nachricht entschlüsseln und lesen. Daher ist Signal neben Threema der zweite Messenger, den ich an dieser Stelle empfehle.
Wer sich nach dem Lesen dieses Textes mit dem Gedanken trägt, etwa Whatsapp hinter sich zu lassen, sollte es einfach mal ausprobieren. Es kostet nichts, und so mancher wird wie der Autor dieser Zeilen vermutlich überrascht sein, wie viele Menschen aus dem eigenen Kontaktverzeichnis Signal auch schon installiert haben. Die Entscheidung, wie jeder Einzelne mit seinen Daten umgehen möchte, hängt immer davon ab, wie wichtig einem die eigene Privatsphäre ist. Denken Sie an unser Beispiel mit Anton und Eve, die häufig Kontakt miteinander hatten. Auch ohne Affäre hat jeder von uns seine Geheimnisse, die er eigentlich gewahrt wissen möchte.