Bei den Olympischen Spielen 2012 in London wurde Freiwasserschwimmer Andreas Waschburger Achter, im gleichen Jahr auch Vize-Europameister über fünf und zehn Kilometer. Zehn Jahre später hat sich der 35-jährige Polizeikommissar aus Saarbrücken erneut für die WM und EM qualifiziert.
Freiwasser-Schwimmer Andreas Waschburger hat sich noch für die Welt- und die Europameisterschaften 2022 qualifiziert. Mit seiner Zeit von 4:49:58,34 Stunden unterbot der 35-Jährige Mitte Mai die vom Deutschen Schwimm-Verband (DSV) geforderte WM-Norm über die 25 Kilometer-Distanz um gut drei Minuten. Sogar 7:32 Minuten blieb er unter der EM-Norm. Obwohl die Meisterschaften natürlich im Freiwasser ausgetragen werden, musste die Norm auf der 50-Meter-Bahn erbracht werden. Waschburger gelang dies in der heimischen Albert-Wagner-Schwimmhalle an der Landessportschule in Saarbrücken.
Die Weltmeisterschaft startet am 30. Juni in Budapest, die Europameisterschaft am 20. August in Rom. Kurz vor dem Redaktionsschluss kam dann die offizielle Nominierung des DSV, aber „das war eine reine Formsache", sagt Waschburger.
„Nach einer schlaflosen Nacht mit drei Stunden Schlaf (nach einer Schlaftablette) bin ich damit mehr als happy. Nun brauch ich erst mal eine Pause", hatte „Waschi" gleich nach seiner Glanzleistung über Social media verkündet und bedankte sich bei Trainer Péter Hős und seinen Unterstützerinnen und Unterstützern – darunter auch „die beste Verpflegerin", seine Freundin Jasmin Alt. Zuvor hatte der Routinier und Olympia-Achte von London 2012 die für ihn reservierte Bahn in der Schwimmhalle mit einem Durchschnitt von 1:09 Minuten pro 100 Meter in Wallung gebracht. Die ersten gut 15 Kilometer war er sogar noch schneller unterwegs (1:07 min/100m) und lag zwischenzeitlich sogar bis zu acht Minuten unter der geforderten WM-Norm. „Ich wusste, dass ich am Ende langsamer werde, von daher wollte ich mir einen kleinen Puffer schaffen. Und das hat ja funktioniert – auch, wenn ich danach schon ziemlich fertig war", gibt der Saarbrücker zu. „Fast fünf Stunden in der Halle zu schwimmen ist schon etwas anderes als im Freiwasser an der frischen Luft. Dann auch noch alleine und nicht im Wettkampf mit anderen, in dem man sich mal ein Stück weit im Sog des Vordermannes mitziehen lassen kann", erklärt er und verrät: „Danach lag ich noch anderthalb Stunden völlig kaputt in der Halle."
„Bis 40 werde ich auf keinen Fall weitermachen"
Die Aussicht auf die bereits geplante Regenerationswoche im Anschluss linderte die Schmerzen ein wenig. Nach der folgenden Belastungswoche mit guten Werten bremste ihn allerdings ein bakterieller Infekt aus. „Gott sei Dank nicht wieder Corona und besser jetzt als direkt vor der WM", sieht es Waschburger positiv. Schließlich hatte er sich bis dahin schon zweimal mit dem aktuell wohl berühmtesten Virus infiziert und musste insgesamt bereits dreimal in Quarantäne ausharren. Im vergangenen Jahr hat ihm ein positiver PCR-Test sogar kurzfristig die EM-Teilnahme verhagelt. „Damals hatte ich fast keine Symptome. Aber dafür hat es mich im Februar 2022 dann richtig erwischt", erinnert er sich: „Da war ich zwei Wochen lang richtig krank, aber es ging ja mit der geschafften Quali letztlich noch gut aus." Ein Wechselbad der Gefühle für den Topschwimmer, der, wie es aussieht, von der insbesondere von Leistungssportlern gefürchteten Folgekrankheit Long Covid verschont geblieben ist.
Somit kann er sich voll auf die anstehenden Wettkämpfe konzentrieren. Mit dem Erreichen der Top Acht bei der WM will er seine Leistungsfähigkeit von 2019 noch einmal bestätigen. Darüber hinaus gibt es noch keine konkreten Pläne oder gar Ziele: „Ich konzentriere mich jetzt auf die beiden Wettkämpfe und entscheide von Jahr zu Jahr, ob ich weitermache. Nach der EM ist auf jeden Fall mal Urlaub eingeplant", versichert Waschburger und schiebt mit einem Augenzwinkern nach: „Die Olympischen Spiele von Paris 2024 spielen für mich jedenfalls definitiv keine Rolle mehr." Mit 35 Jahren gehört Andreas Waschburger zwar nicht mehr zu den Nachwuchshoffnungen, aber im Gegensatz zu anderen Sportarten befindet er sich als Langstreckenschwimmer auch noch nicht zwangsläufig im Rentenalter. „Als Schwimmer hat man ja nicht solche Verletzungen wie beispielsweise Fußballer. Und Angela Maurer wurde bei der Weltmeisterschaft mit 40 Jahren Dritte. Aber bis 40 werde ich auf keinen Fall weitermachen", sagt er und lacht.
So oder so – dem Schwimmsport wird Waschi vorerst verbunden bleiben. Im und neben dem Wasser. Einerseits muss er auch nach seinem Karriereende im Leistungssportbereich noch einige Zeit „abtrainieren". Andererseits ist er seit Februar 2022 als Vizepräsident Leistungssport beim Saarländischen Schwimm-Bund (SSB) in Amt und Würden. „Es wurde jemand gesucht, und ich konnte mir eine solche Aufgabe schon immer mal vorstellen, und deshalb habe ich es gemacht", erklärt Waschburger zur Übernahme des Ehrenamts. Durch den sportlichen Fokus auf die Qualifikation und die anstehenden Wettkämpfe rückte dieses allerdings erst einmal in den Hintergrund. „Dafür hat der Vorstand dankenswerterweise Verständnis", sagt der Sportpolizist. Danach wird er sich gemeinsam mit seinen Mitstreitern um Präsident Maiko Zimmer den Herausforderungen widmen, die dem organisierten Schwimmsport im Saarland insbesondere nach den Einschränkungen in der Corona-Pandemie, aber auch mit Blick auf den Rückgang an Schwimmstätten im Land zu schaffen machen.
Es sei denn, Andreas Waschburger würde es sich nach seinem wohlverdienten Sommerurlaub noch einmal anders überlegen und doch noch einmal alles für eine Olympia-Qualifikation geben. Schließlich finden die nächsten Sommerspiele schon 2024 und in Paris statt –
und damit für den Langstreckler sogar über den Wasserweg in Reichweite. „Dafür ist die deutsche Konkurrenz über die zehn Kilometer mit Florian Wellbrock, Oliver Clement, Niklas Frach und perspektivisch auch Lukas Märtens einfach zu groß. Ich werde ja auch nicht jünger", sagt Waschburger und erklärt: „Außerdem wurden die Qualifikationsbedingungen verschärft, und es dürfen insgesamt nur noch 23 Athleten an den Spielen teilnehmen, davon maximal zwei Deutsche." Anreisen könnte er zu den Spielen in Paris dennoch. Als SSB-Funktionär „oder einfach mal als Zuschauer", ergänzt er und schmunzelt.