Die Bio-Bäuerin und Kräuterkennerin Andrea Rieder aus Hollersbach weiß genau, was sich mit Brennnesseln und Scharfgarbe am besten machen lässt: einfach essen oder trinken! Und das darf in ihrem Kräutergarten ausgiebig probiert werden.
Mit leuchtenden Augen spricht die Bäuerin und Kräuterexpertin Andrea Rieder über ihre große Leidenschaft: die Herstellung und Verarbeitung von Kräutern. „Die Gesundheit ist mir ein wichtiges Anliegen", sagt sie. Denn jedes Kraut hat andere Wirkstoffe. Sie ist hier aufgewachsen, zwischen Berg und Tal, Wald und Wiese. Das hat sie inspiriert, so zu werden, wie sie heute ist. Eine Frau, die ihr Wissen mit anderen teilt. Mitten in Hollersbach gibt es ihren Kräutergarten. Hier wachsen mehr als 500 unterschiedliche Kräuter. Man braucht schon einen geschulten Blick, um inmitten der Blütenwelt die kleineren Wunder wahrzunehmen. Dass jedes einzelne der manchmal recht unscheinbaren Pflänzchen, die hier wachsen, eine besondere Wirkung besitzt, weiß die Kräuterfrau: „Einige sind so selten geworden, dass wir sie gar nicht mehr kennen."
Frischer Schwung vor allem im Frühling
Die Bäuerin schwört auf die gesundheitliche Wirkung von Gänseblümchen. Schon im Februar und März steckt es seine Blüten aus. „Sobald die Sonne scheint. Dann recken sich die weißen Blütenköpfe nach oben und tanken Energie auf. Sie sehen so glücklich aus. Das geben sie an uns weiter. Glücklich zu sein bedeutet nicht nur gut gelaunt und fröhlich durch den Tag zu gehen, sondern es einfach anzunehmen. Mir hilft es oft, um zu überlegen, wofür ich gerade dankbar bin."
Für die Gesundheit sind die Gänseblümchen ebenfalls gut, da sie reich an Mineralstoffen wie Kalium, Kalzium und Magnesium und Spurenelementen wie Eisen sind. Außerdem enthalten sie die Vitamine A, C und E. Sie sind gut für Knochen und Zähne. Doch auch bei Verdauungsbeschwerden helfen die hübschen weißen Blüten. Deshalb ist es ihrer Meinung nach wichtig: „Oft ein Glas Gänseblümchentee trinken." Hierfür verwendet man zwei Teelöffel frische Blüten oder einen Teelöffel getrocknete Blüten auf 250 Milliliter Wasser. Die Altlasten des Winters werden ausgeschwemmt und das Blut wird gereinigt. Vor allem im Frühling, um dem Körper neuen Schwung zu geben. Ein frischer gemischter Salat wirkt optisch ansprechend, wenn er mit Gänseblümchen- Blüten oder Blättern dekoriert wird. Da es eine Einstiegspflanze für Kräuterneulinge ist, gibt Andrea Rieder jedem Gast mit auf den Weg, sich einfach nur mal vor der eigenen Haustür umzuschauen. In Gärten, Wiesen und Parks gebe es oft ein regelrechtes Gänseblümchen-Meer. Und dort könne man sich etwas pflücken. Andrea möchte altes Wissen neu aufleben lassen. Mit Hausmitteln aus dem Kräutergarten. Der Spitzwegerich lindert den Juckreiz bei Insektenstichen. Ringelblumensalbe hilft bei schlecht heilenden Wunden, bei Verbrennungen und Ekzemen.
In den Sommermonaten Juni und Juli wandert Andrea Rieder über Gipfelpfade und Wanderwege im Nationalpark Hohe Tauern und sammelt Kräuter. In der Ferne hört sie die Glocken der Kühe läuten. Immerhin schmecken die meisten der Pflanzen auch den Kühen auf der Sommeralm richtig gut. 1.200 unterschiedliche Arten wachsen dort. Die Kräuterspezialistin kennt sie fast alle. Im September endet der Kräutersommer, die Nächte werden kälter. Dann holt sie die Wurzeln vom Blutwurz und Enzian aus der Erde. In den Wurzeln oder in den Beeren sind Wirkstoffe in konzentrierter Form zu finden. Die Bitterstoffe sind appetitanregend und verdauungsfördernd und werden deshalb bei Magenproblemen und Völlegefühl angewendet. Zum Bauernherbst verkauft sie Nationalparkkräutersalz, gemischt mit Thymian, Schafgarbe, Breitwegerich, Vogelmiere aus dem Kräutergarten und dem Nationalpark. Gemeinsam mit den Kräutern hält das Salz die Pflanzenwirkstoffe fest. „Das riecht ein bisschen erdig", sagt die Kräuterfrau. Aber es sei auch gesund. Kaum jemand wisse noch, dass Schafgarbe entschlackend wirkt, aber auch Erkältungssymptome lindert, dass Bergthymian bei Husten, Lungenentzündung und Magenverstimmung Erleichterung verschafft, Breitwegerich als Tee für die Blutreinigung gut ist.
Umweltbewusstsein in der Region ein Leitmotiv
Nachhaltig wirtschaften und umweltbewusst planen – diese Prinzipien wurden in der gesamten Region im Salzburger Land zum Leitmotiv. Das Auto kann man getrost in Hollersbach stehen lassen. Eine Panoramabahn fährt hinauf in die bergige Region. Betritt man den Bienenlehrpfad auf der Sonnseite von Hollersbach ist es wie ein Blättern in einem Bilderbuch der Natur. Die spannende Welt der kleinen Insekten wird in Schautafeln und interaktiv vorgestellt. Die Natur- und Wanderführer im Salzburger Land kennen sich mit Flora und Fauna bestens aus und haben sich viel Wissen um Kräuter angeeignet. Sind sie mit ihren Gästen auf kurzen oder mittleren Strecken unterwegs, dann zeigen sie auf die oft unbeachteten Schätze am Wegesrand oder auf Bergwiesen. Die Schwarzbeeren und Preiselbeeren sind reif und dienen den Wanderern als fruchtige Wegzehrung. Quellen im Tal sorgen für eine erfrischende Abkühlung. „Ich denke doch, dass uns immer bewusster wird, dass wir auf unsere Natur schauen müssen. Denn die Lebensqualität hier bei uns ist großartig", sagt die Bäuerin.
Das Ernten der Pflanzen in Andrea Rieders Kräutergarten und das Trocknen in ihrer Kräuterstube ist reine Handarbeit. So bleiben die wertvolle Blüten und Blätter, die reich an Aromen und Wirkstoffen sind, als Ganzblattware erhalten. Den Unterschied kann man sehen, riechen – und schmecken.