Vor gut vier Jahren kam Hürdensprinterin Lisa Maihöfer ins Saarland. Beim SV GO! Saar 05 will das Talent die nächsten Schritte seiner Laufbahn machen, um auch auf internationaler Ebene mitzumischen.
Eine neue persönliche Bestzeit über 100 Meter aufstellen und dann endlich wieder einmal das Nationaltrikot tragen – so lauten das kurzfristige und langfristige Ziel von Lisa Maihöfer. Die 23-jährige Hürdensprinterin des SV GO! Saar 05 Saarbrücken startet am 25. und 26. Juni bei den deutschen Leichtathletik-Meisterschaften in Berlin.
Vater Edgar war Zehnkämpfer
Ihr bisher größter Erfolg bei den Erwachsenen ist der Gewinn der Bronzemedaille bei den deutschen Hallenmeisterschaften 2020. Als Jugendliche wurde sie 2018 WM-Vierte im Siebenkampf. Zwar war schon ihr Vater Edgar Maihöfer früher als Zehnkämpfer aktiv, aber: „Ich bin aber nicht durch ihn zur Leichtathletik gekommen – davon war er schon weg", sagt Lisa Maihöfer und grinst. „Meiner Sportlehrerin an der Grundschule fiel auf, dass ich schnell war und weit springen konnte und hat mich zu einem Verein geschickt", ergänzt sie: „Dort hat es mir dann auf Anhieb sehr gut gefallen und ich bin dabeigeblieben." Mehr noch: Mit Ihrer Entscheidung pro Leichtathletik konnte sie sogar ihren Vater Edgar reaktivieren. „Er hat sich sehr darüber gefreut, dass seine Sportart auch meine geworden ist und wurde dann mein Trainer." Angefangen hat alles bei der LG Staufen in Schwäbisch Gmünd und mit dem Siebenkampf. Die „coole" Trainingsgruppe und erste Erfolge haben sie zu immer höheren Zielen motiviert, was wiederum zu mehr Training und letztlich zu mehr Erfolgen führte. „Irgendwann rutscht man dann in dieses Leistungssport-Ding", sagt sie und lacht. Der damit einhergehende Verzicht und der Umstand, in anderen Bereichen zurückstecken zu müssen, haben ihr nichts ausgemacht. Maihöfer hat nach eigenen Angaben „immer alles gut unter einen Hut bekommen."
Nach dem Abitur 2018 wanderte sie wegen der besseren sportlichen Perspektive ins Saarland aus und wechselte zunächst zum LC Rehlingen. Seit 2022 sprintet sie für Saar 05. Ihr früherer Trainer Uli Knapp hatte ihr das kleinste Flächenland der Republik schmackhaft gemacht. „Es war für mich immer klar, dass ich studieren möchte und dann habe ich geschaut, wo Studium und Sport am besten zusammenpasst. In Saarbrücken passt das einfach optimal", stellte sie schnell fest. Auch die Sprachbarriere hatte sie – ganz Hürdenläuferin – schnell überwunden. „Ich komme aus einem Dorf im Schwabenland – also mit Dialekten komme ich klar", stellt sie lachend klar und betont die Offenherzigkeit der Einheimischen: „Ich wurde von allen superherzlich aufgenommen, alle kümmern sich um einen, und alles ist sehr familiär, jeder kennt jeden. Das hat mir von Anfang an sehr gut gefallen." Auch landschaftlich hat sie die neue Heimat überzeugt. „Ich finde es schön, dass hier alles grün ist. Ich bin ja ein Waldkind, also quasi im Wald aufgewachsen und fühle mich hier deshalb sehr wohl."
Beruflich läuft es ähnlich wie auf der Tartanbahn: Ihr Lehramt-Studium der Fächer Mathematik und Sport für Gymnasien steht kurz vor dem Abschluss. Nach der letzten Hürde Referendariat ist der Weg frei, die Berufung zum Beruf zu machen: „Ich habe schon in der Schule gerne Sachen erklärt – vor allem in Mathe und den naturwissenschaftlichen Fächern", sagt die angehende Gymnasiallehrerin und erklärt: „Gerade in Mathe gibt es viele Schülerinnen und Schüler, die so ihre Probleme haben und recht schnell aussteigen. Ich wollte die Herausforderung auf mich nehmen, Kinder für Mathematik zu begeistern." Das gilt natürlich auch für den Sport. Schon als Jugendliche war sie als Jugendtrainerin aktiv und ist gerade dabei, den C-Trainerschein zu machen. Als studentische Hilfskraft unterstützt sie an der Uni Sportstudentinnen und Studenten bei der Vorbereitung auf die Leichtathletik-Prüfung und übt dabei schon mal, vor Gruppen zu sprechen und „sie zu motivieren."
„Ich muss mich in Geduld üben"
Wie sie sich selbst motiviert, weiß sie schon lange. Und auch, wie sie mit Hürden umgeht, die ihr das Leben in den Weg stellt: Sie sprintet drauflos und springt einfach drüber. Das gilt auch für einen entscheidenden Rückschlag im sportlichen Bereich: Nur aufgrund ihrer Verletzungsanfälligkeit wurde aus der leidenschaftlichen Mehrkämpferin und deutschen Meisterin im Weitsprung von 2017 überhaupt eine Hürden-Spezialistin. „Mein Sprungfuß ist kaputt. Weshalb kann ich nicht sagen. Wir waren schon bei vielen Ärzten und Therapeuten, aber wir wissen es einfach nicht", berichtet sie: „Der Fuß lässt jedenfalls keine Sprungdisziplinen mehr zu. Ich wollte aber meinen Sport unbedingt weitermachen. Ohne Schmerzen und ohne mich ständig wieder aus Verletzungspausen zurückkämpfen zu müssen, sondern mit Spaß. Und so kam ich zu den Hürden." Sie biss sich durch und obwohl es nicht ihre Paradedisziplin war, stellten sich gleich Erfolge ein. Vor allem der technische Anspruch und die Tatsache, dass Kleinigkeiten den Ausgang eines Rennens entscheiden können, reizen sie. Auch dem lädierten Fuß gefällt es, er macht jedenfalls keine Probleme mehr. Beste Voraussetzungen also, um die nächsten Entwicklungsschritte als Hürdensprinterin zu machen. Was dafür noch zu tun ist, weiß sie selbst am besten: „Ich muss mich noch ein bisschen in Geduld üben", gibt sie selbstkritisch zu. „Es ist normal, dass es seine Zeit dauert, bis man Trainingsleistungen auch im Wettkampf umsetzen kann. Mir dauert das aber immer zu lange." Daran und an ihrer noch nicht stark ausgeprägten Aggressivität im Rennen will sie intensiv arbeiten. Gut, dass sie grundsätzlich immer Spaß am Training hat und dank ihres guten Körpergefühls die Fähigkeit, das Trainer-Feedback schnell umzusetzen.
Im Fokus ihrer Trainingsarbeit stehen derzeit die deutschen Leichtathletik-Meisterschaften am 25. und 26. Juni im Berliner Olympiastadion. Dort will sie unbedingt ins Finale, also unter die besten Acht. „Das ist mein Mindestziel. Im Finale will ich dann eine neue persönliche Bestzeit aufstellen. Für welche Platzierung die am Ende reicht, werden wir dann ja sehen", sagt sie. Ihre aktuelle persönliche Bestzeit, aufgestellt Anfang Juni 2022 in Regensburg, liegt bei 13,40 Sekunden und ist deutschlandweit aktuell die viertbeste.
Irgendwann möchte sie sich auch einmal für hochrangige internationale Wettkämpfe qualifizieren. Als Jugendliche wurde sie bei der U18-WM in Kolumbien Vierte im Siebenkampf und sagt: „Ich würde gerne auch als Erwachsene das Nationaltrikot tragen." Die Teilnahme an den diesjährigen Europa- und Weltmeisterschaften oder gar an den Olympischen Spielen 2024 in Paris hält Maihöfer selbst aber für „unrealistisch. Ausschließen würde ich nichts, aber im Moment sind die Normen einfach zu hoch angesetzt." Also gibt es auch für sie noch Hürden, die etwas zu hoch sind. Jedenfalls noch.