Wenn von sozialer Gerechtigkeit die Rede ist, dann lautet die Definition meistens „Alle sollten die gleichen Rechte besitzen." Das klingt gut – zumindest in der Theorie. Doch wer Rechte besitzt, muss sich auch um die damit einhergehenden Pflichten kümmern. Denn Privilegien gehen mit Verantwortung einher. Klingt auch gut – zumindest in der Theorie. Was geschieht aber, wenn die Begriffe „Rechte", „Pflichten" und „Verantwortung" eigenwillig interpretiert werden? Und was bedeutet letztendlich „soziale Gerechtigkeit", wenn sie realistisch umgesetzt werden soll?
Mit diesem brisanten Thema beschäftigt sich der Autor Jan-Philipp Sendker in seinem Roman „Die Rebellin und der Dieb": Der 18-jährige Niri und seine Familie haben sich eine bescheidene, aber sichere Existenz aufgebaut. Sie arbeiten als Bedienstete in der Villa einer reichen Familie. Doch dann bricht eine Pandemie aus – Niris ganze Familie wird entlassen und ist plötzlich arm. In seiner Not sieht Niri nur noch einen Ausweg: Der bisher brave Klosterschüler stiehlt in der besagten Villa, was seine Familie zum Überleben braucht. Als er dabei noch ungeahnte Hilfe von Mary, der Tochter des Hauses und Niris Kindheitsfreundin, erhält, artet die Situation jedoch aus. Denn schon bald verlieren Niri und Mary ihren Bezug zur Realität: Warum nicht alles von den Reichen nehmen, was die Hungernden brauchen?
Niri verwandelt sich in eine Art „Robin Hood" und stiehlt mit Marys Hilfe immer wieder Geld aus der Villa, um den verzweifelten Opfern der Pandemie zu helfen.
Doch bald schon melden sich die Medien, um über die vermeintliche Benefiz-Organisation zu berichten, die es in Wahrheit nicht gibt. Niri und Mary werden gefeiert. Das schlechte Gewissen meldet sich plötzlich. Und es stellt sich die Frage: Wie weit darf man gehen, wenn von sozialer Gerechtigkeit die Rede ist? Und was müsste die Politik unternehmen, damit echte soziale Gerechtigkeit hergestellt werden kann? Ein Buch, das nachdenklich stimmt.